Kalter Krieg, Friedensbewegte, INF-Vertrag
Mit der Aussetzung des INF-Vertrages ist eine der großen Abrüstungsinitiativen der achtziger Jahre vorläufig auf Eis gelegt. Sie war ein Verdienst der Diplomatie und der Friedensbewegung. Ein Rückblick.
Beide Seiten rüsten wieder auf - verbal
Zunächst setzten die US-Amerikaner am Freitag den INF-Vertrag für sechs Monate aus, einen Tag später folgten die Russen. Der Schritt beendet vorläufig eine drei Jahrzehnte dauernde Phase der Verständigung und Abrüstung zwischen den Großmächten. Militärs und Politiker hatten daran ebenso Anteil wie die Zivilgesellschaft, die in den achtziger Jahren massiv mobil machte.
Arsenal des Schreckens
Der INF-Vertrag (der Intermediate Range Nuclear Forces, zu deutsch: nukleare Mittelstreckensysteme, bannt) war einer von mehreren Verträgen, die das Arsenal des atomaren Schreckens bändigen sollten, das im Zuge der Aufrüstung des Kalten Kriegs angelegt worden war. Hier eine nuklear-bestückbare US-Pershing-II-Rakete auf dem US-Stützpunkt Mutlangen in Baden-Württemberg.
Toast auf die Verständigung
Den Durchbruch zum INF-Vertrag erzielten der damalige US-Präsident Ronald Reagan (li.) und der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow (re.) im Dezember 1987. Nach der Unterzeichnung in Washington stießen beide Politiker auf einen Neustart der Ost-West-Beziehungen an.
Heißer Draht
Eine der großen Sorgen während des Kalten Krieges: Die beiden Großmächte könnten durch einen schlichten Kommunikationsfehler einander den Krieg erklären. Darum richteten Techniker beider Länder bereits 1963 den sogenannten "heißen Draht" ein: eine direkte Verbindung zwischen Washington und Moskau. Unser Bild zeigt einen Fernschreiber im Pentagon 1963.
Zwischen den Fronten
Während des Kalten Krieges verlief der Eiserne Vorhang mitten durch Deutschland. Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) gehörte zum westlichen, die Deutsche Demokratische Republik (DDR) zum östlichen Einflussbereich. Für den Fall eines Atomkriegs verfügte die Bundesregierung über einen eigenen Atombunker bei Ahrweiler nahe dem damaligen Regierungssitz Bonn.
Untergrund-Regierung
Im Falle eines Atomkriegs sollte die westdeutsche Regierung weiterhin arbeitsfähig bleiben. Der Bunker war darum mit allem Notwendigen ausgerüstet. Tief unter der Erde befand sich auch ein Besprechungsraum - gehalten in warmen Farben, die vermutlich die Gedanken an das Grauen oberhalb des Bunkers abmildern sollten.
Atomkrieg? Nein danke!
Die Angst vor einem möglichen Atomkrieg trieb auch weite Teile der Bevölkerung um. In den späten 1970er Jahren entstand eine Friedensbewegung, die über Jahre für Abrüstung und Verständigung demonstrierte. Hier ein Button für eine der großen Kundgebungen in Bonn im Oktober 1981.
Historische Demo im Hofgarten
Am 10. Oktober 1981 versammelten sich in Bonn, damals Hauptstadt der Bundesrepublik, rund 300.000 Menschen, um gegen die atomare Aufrüstung zu demonstrieren. Die Abschlussversammlung im Bonner Hofgarten wurde zu einer der eindrucksvollsten Kundgebungen in der Geschichte der deutschen Friedensbewegung.
"Zusammenschluss der Mutigen..."
"... nicht der Ängstlichen": So beschrieb der SPD-Politiker Erhard Eppler, einer der zentralen Akteure der Friedensbewegung, die Bonner Kundgebung. Epplers Wort war von feiner Ironie: Gerade dadurch, dass die Menschen ihre Angst bekundeten, seien sie mutig.
Blockade für den Frieden
Im September 1983 blockierten Atomwaffen-Gegner das US-Waffendepot in Mutlangen, unter ihnen auch der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll und seine Frau Annemarie. Böll erklärte, er sei dabei, "weil ich es zu einfach finde, nur vom Schreibtisch aus eine so ernste Sache zu vertreten. Es ist auch der Wunsch, mich mit all diesen Menschen, die so viel opfern, zu solidarisieren."
Kritik aus den Reihen der Bundeswehr
Einer der bekanntesten Aufrüstungsgegner war Generalmajor Gert Bastian. Zusammen mit der Politikerin Petra Kelly protestierte er gegen die Stationierung nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa. Im Jahr 1983 gehörten beide zu den Abgeordneten der erstmals in den Bundestag gewählten Öko- und Friedenspartei Die Grünen.
Gemeinsame Ziele in West und Ost
Auch im östlichen Teil Deutschlands gingen viele Menschen auf die Straße. "Schwerter zu Pflugscharen" lautete das Motto der DDR-Friedensbewegung. Ersonnen wurde es 1980 von dem Jugendpfarrer Harald Bretschneider. Aus den Reihen der ostdeutschen Friedensaktivisten entstand Schritt für Schritt auch eine Protestbewegung gegen das politische System der DDR.
Erfolge I: Abrüstung im Osten
Der INF-Vertrag führte zu massiver Abrüstung des nuklearen Potentials in Ost und West. Das Foto aus dem Jahr 1989 zeigt eine Reihe vernichteter sowjetischer SS-20-Raketen.
Erfolge II: Abrüstung im Westen
Auch die US-Amerikaner zogen ihre Nuklearwaffen aus Europa ab. 1988 öffneten sie das Atomwaffendepot Mutlangen für die internationale Presse. In den folgenden Wochen brachten sie die Pershing-II-Raketen in die USA, wo sie zerlegt wurden. Die Gefahr, Europa könne Bühne eines Atomkriegs werden, schien gebannt.