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Kaffee wird wieder zum Luxusgut

Dirk Kaufmann
21. Mai 2024

Kaffee wird immer teurer. Der Klimawandel und geänderte Verbrauchergewohnheiten in Fernost tragen ihren Teil dazu bei, aber auch Ukrainekrieg und Nahostkonflikt.

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Säcke mit Kaffeebohnen in Sao Paulo, Brasilien
Säcke mit brasilianischen Kaffeebohnen warten in Sao Paulo auf ihren WeitertransportBild: Igor Do Vale/picture alliance/ZUMA Press Wire

Kaffee war in Deutschland immer etwas Besonderes. Deutlich spürbar war das nach dem  Zweiten Weltkrieg. Damals kamen zwei Orte im Westen von Nordrhein-Westfalen - als Reparationsleistung - für einige Jahre zu den Niederlanden. Und weil Butter, Zigaretten und eben Kaffee im Nachbarland verfügbar waren, in Deutschland aber auf Jahre hinaus fast nicht, hatten die Einwohner der beiden Orte Elten und Selfkant das große Los gezogen.

Mit der Erholung der deutschen Wirtschaft kamen wieder Besucher in das Grenzgebiet. Nicht der schönen Landschaft wegen, sondern angezogen von Butter und Kaffee - ein gutes Geschäft für die Neu-Niederländer. Daneben profitierte Selfkant auch vom Schmuggel. Dort wie auch im Grenzgebiet zu Belgien war Schmuggel ein großes Problem, das Polizei und Zoll nicht in den Griff bekamen. Das besorgte erst die wirtschaftliche Erholung in Deutschland.

Ein Café im Kölner Stadteil Kalk - noch sind keine Gäste da
Ein Café im Kölner Stadteil Kalk - inzwischen sind Kaffeehäuser auch in Deutschland nicht mehr wegzudenkenBild: Dragoslav Dedovic/DW

Knapp, begehrt und teuer

Derzeit scheint sich die Geschichte der begehrten Bohne zu wiederholen, denn der Deutschen Lieblingsgetränk wird wieder spürbar teurer. Der Weltmarkt und hohe Energiekosten sorgten dafür, dass das Heißgetränk kostspieliger werde, heißt es beim deutschen Kaffee-Marktführer Tchibo. Anfang Mai teilte das Hamburger Unternehmen mit, seine Preise für Röstkaffee "anpassen" zu müssen: "Im vergangenen Jahr sind viele Kosten weiter gestiegen, auch für Rohkaffee. Um unseren Kunden weiterhin die gewohnte Qualität zu bieten, müssen nun auch wir handeln."

Auch der Evangelische Pressedienst beobachtet die steigenden Kaffeepreise und hat sich bei der Gepa umgehört, dem größten europäischen Importeur fair gehandelter Lebensmittel aus dem globalen Süden. Die Agentur zitierte den Kaufmännischen Geschäftsführer Matthias Kroth: "Wir bewegen uns im Moment in einer wirtschaftlich herausfordernden Situation."

Die Gepa beklagt einen Umsatzrückgang wegen inflationsbedingter Zurückhaltung der Kundschaft. Die hohen Rohstoffpreise bei Kaffee und Kakao sowie derUkraine-Krieg wirkten sich negativ aus. Auch Andrea Fütterer, Leiterin der Abteilung Grundsatz und Politik bei der Gepa, bereiten hohe Preise und Schwankungen auf den Rohstoffmärkten Sorgen. Schuld daran seien durch Monokulturen geförderte Pflanzenkrankheiten sowie der Klimawandel, der Trockenheit oder übermäßige Regenfälle mit sich bringe.

Zwei Angolaner füllen Kaffeebohnen in einen Sack
Im Globalen Süden wird der Kaffee angebaut, der hauptsächlich bei uns getrunken wird - hier in AngolaBild: António Ambrósio/DW

Sorgen auch im Süden

Auf der anderen Seite des Fairen Handels, bei den Produzenten im globalen Süden, leiden auch die Kaffeebauern. Der DW erklärte deren Interessenvertretung Fairtrade International, dass ungünstige Wetterbedingungen, vor allem in Südostasien und Südamerika die Preise trieben. Dies führe zu einer Angst vor Versorgungsengpässen. Fairtrade teilte uns mit: "Das verschärft das ohnehin empfindliche Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Lange Dürreperioden in Vietnam, dem wichtigsten Produzenten von Robusta-Bohnen, haben die Pflanzen beschädigt. Brasilien dagegen, Hauptquelle von Arabica-Bohnen, leidet unter schweren Regenfällen, die die Ernte beeinträchtigen." Fairtrade kommt zu dem Schluss:  "Die klimatischen Unwägbarkeiten, die Störungen internationaler Handelsrouten und die spekulative Natur vieler Investment-Portfolios haben einen perfekten Sturm am Kaffeemarkt ausgelöst."

Außenansicht eines Kaffeegeschäftes in Chinas Hauptstadt Peking
Ein neuer Trend in Asien: Es wird mehr Kaffee getrunken, die internationale Nachfrage steigtBild: TINGSHU WANG/REUTERS

Vorteil Brasilien

Die weltweit entflammten kriegerischen Auseinandersetzungen werfen ihre Schatten auf die Märkte, stellt auch Carsten Fritsch fest. Der Analyst der Commerzbank beobachtet die Entwicklungen an den Märkten für "weiche Rohstoffe", zu denen Lebensmittel zählen. Gegenüber DW verweist er auf eine Studie, die er für Commerzbank Research erstellt hat: "Zwar ist Arabica im Gegensatz zu Robusta von den Behinderungen beim Transport durch das Rote Meer kaum betroffen, da die großen Arabica-Produzenten diese Route für den Transport nicht benötigen. Anders sieht es bei Kaffee Robusta aus, der überwiegend in Südostasien produziert wird."

Doch jedes Ding hat zwei Seiten und so könne ein Produzent von den Schwierigkeiten des anderen profitieren: "Allerdings könnte durch den deutlichen Preisanstieg und die Verknappung bei Robusta die Nachfrage nach Arabica steigen." Vorteil Brasilien also, von wo 80 Prozent der weltweiten Robusta-Ernte herkommen. 

Dazu käme, dass im Falle des weltgrößten Arabica-Produzenten die Prognosen gut stehen. "Für das Erntejahr 2024/25", so Fritsch, "deutet sich jedoch ein höheres Kaffeeangebot in Brasilien ab. Die brasilianische Prognosebehörde erwartet in ihrer Vorhersage vom Januar einen Anstieg um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 58,1 Millionen Sack á 60 Kilogramm. Davon sollen 40,75 Millionen Sack auf Arabica und 17,33 Millionen Sack auf Robusta entfallen."

Trocknungsprozess von Kaffeebohnen in Brasilien
Brasilien: Trocknungsprozess von Kaffeebohnen im FreienBild: picture alliance/imageBROKER

Die Aussichten bleiben düster

Diesen vorsichtigen Optimismus dämpft dagegen der Betreiber einer deutschen Kaffeerösterei. Steffen Schwarz erwartet nämlich weitere Preisanstiege. Das liege auch an Problemen beim Anwerben von Wanderarbeitern auf den Plantagen und am steigenden Kaffeekonsum in den Anbauländern selbst. Dem Magazin Der Spiegel sagte Schwarz: "Wir haben also weniger Ertrag, Arbeitskräftemangel und zugleich eine steigende Nachfrage."

Die steigende Nachfrage liegt nicht nur am "Modetrend Kaffee" in Europa und den USA, wo Kaffee-Someliers die angesagtesten Baristas feiern und immer mehr Kaffeetrinker sich als Kaffee-Connaisseurs betrachten. Preistreibend wirkt viel mehr der steigende Konsum in Ländern, die seit Jahrtausenden eher eine Teekultur pflegen. In Südkorea und China steigt die Nachfrage nach den aromatischen Bohnen immer stärker.

An die hohen Preise müssten wir uns gewöhnen, meint Steffen Schwarz. Er findet, Kaffee solle 25 bis 30 Euro pro Kilo kosten. Das, sagte er dem Spiegel, "muss ich mindestens bereit sein zu zahlen, wenn ich guten Geschmack möchte und mir ökologische und soziale Aspekte wichtig sind".