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Juncker drängt Verfassungsrichter

Nicole Scherschun15. Juli 2012

Als "nicht hilfreich" bezeichnet Euro-Gruppen-Chef Juncker, dass sich das Bundesverfassungsgericht Zeit lassen will bei der Prüfung der Gesetze zur Euro-Rettung. Eile sei geboten, so Juncker. Aber auch um jeden Preis?

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Jean-Claude Juncker (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Rein rational kann man den Karlsruher Verfassungsrichtern kaum einen Strick daraus drehen, dass sie sich Zeit lassen wollen für "eine sehr sorgfältige Prüfung" der Gesetze zum ESM-Rettungsschirm und zum Fiskalpakt. Diese könnte am Ende zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen, hieß es. Doch da an der Entscheidung viel Geld hängt und viel Zeit, noch mehr Geld kostet, ist Euro-Gruppenchef Jean Claude Juncker wenig erbaut über die sich abzeichnende Verzögerung der Entscheidung in Karlsruhe. "Aber wer bin ich, dass ich deutsche Verfassungsrichter kritisieren dürfte. Sie sind die Herren des Verfahrens, ich denke, sie wissen, in welchen maximalen Zeiträumen wir uns bewegen müssen", sagte Juncker dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Der luxemburgische Regierungschef ist sich zumindest sicher, dass die deutschen Verfassungsrichter beide Euro-Rettungsmaßnahmen, ESM-Rettungsschirm und Fiskalpakt, nicht scheitern lassen werden. Auch in Estland sei der ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) vom obersten Gericht geprüft und bestätigt worden. "Ich gehe deshalb nicht davon aus, dass die Karslruher Richter ihn stoppen werden."

Wer übernimmt die Haftung?

Derweil gibt es in der EU Diskrepanzen darüber, welche Auswirkungen die geplanten Direkthilfen für marode Banken haben könnten. Im Kern geht es darum, ob dann weiterhin die Staaten oder die Banken selbst im Ernstfall haften müssen. Der künftige ESM-Chef Klaus Regling sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", die jeweiligen Staaten müssten keineswegs für die Geldspritzen haften. Damit wäre das Geld weg, sollte eine Bank pleitegehen.

Die Direkthilfen können aber nur ausgezahlt werden, wenn es künftig eine wirkliche Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank gebe, erklärte Regling. Und erst dann sei auch "das Land raus aus der Haftung". Dieser Meinung sind auch Juncker und Währungskommissar Olli Rehn. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hingegen hatte zuvor stets erklärt, Deutschland gehe von einer staatlichen Haftung aus.

EFSF-Sprecher Christof Roche wies am Samstag allerdings den Eindruck zurück, Regling - derzeit Chef des temporären Rettungsschirms EFSF - habe Schäuble widersprochen. Regling sei in dem Interview nicht zu den Ansichten Schäubles befragt worden, sagte er der Nachrichtenagentur dapd.

Spanien kämpft mit den Schulden

Unterdessen sind weitere Details über die von Spanien für seinen Bankensektor beantragten Hilfen bekannt geworden. Der "Spiegel" berichtete vorab unter Berufung auf einen vertraulichen Vorschlag der EFSF-Führung, das Hilfsprogramm habe eine Laufzeit bis maximal 2028 und einen Gesamtumfang von 100 Milliarden Euro.

Außerdem hat die spanische Regierung im Kampf gegen die drückende Schuldenlast weitere Sparmaßnahmen beschlossen. Bis Ende 2014 will sie weitere 56 Milliarden Euro einsparen. Auch der öffentliche Dienst muss den Gürtel wieder enger schnallen: Künftig soll es nur noch 13 Monatsgehälter jährlich statt wie bisher 14 geben. Bereits 2010 waren die Gehälter um fünf Prozent reduziert worden. Hunderte Staatsbedienstete protestierten gegen die weitere Kürzung ihrer Bezüge.

nis/ml (afp, dpa, dapd, rtr)