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Jordanien: Wahl oder Placebo?

23. Januar 2013

Erstmals seit den arabischen Umstürzen wählen die Jordanier ein neues Parlament. Der König will mit kleinen Reformen vor allem seine Herrschaft sichern. Die Opposition aber fordert mehr Macht.

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Jordanien / Parlamentswahl / Wahlplakat

Jordaniens König Abdullah II. will das Land mit kleinen Reformschritten aus der wirtschaftlichen und politischen Krise bringen und zugleich seine Macht sichern, ein schwieriges Unterfangen. 1500 Kandidaten bewerben sich um die 150 Sitze im Parlament in Amman. Zugeständnisse in Teilbereichen machte der König bereits, so sollen die Abgeordneten des sogenannten Madschlis al-Nuwaab künftig die Regierungsmitglieder auswählen können, was bislang dem König vorbehalten ist und insgesamt mehr Befugnisse haben als bisher. Auf die Forderung der Opposition, dass auch der Ministerpräsident künftig nicht mehr vom König ernannt, sondern vom Parlament gewählt wird, ging Abdullah II. bislang nicht ein.

Mehreren Oppositionsgruppen, darunter die einflussreichen Muslimbrüder, reichen die Reformansätze nicht aus, sie riefen zum Boykott der Abstimmung auf, die viele der insgesamt 6,5 Millionen Jordanier ohnehin für eine Farce halten. Die Islamisten wollen eine Verfassungsänderung sowie ein neues Wahlrecht.

Der Herrscher des haschemitischen Königreichs ist bei den Massenprotesten und Umstürzen in der Arabischen Welt bislang ungeschoren davongekommen. In Tunesien, Ägypten, Libyen und dem Jemen stürzten nacheinander die Machthaber und die Islamisten gewannen Einfluss. In Jordanien gab es zwar auch Demonstrationen, doch die bleiben zumeist friedlich.

Zu Ausschreitungen kam es zuletzt vor allem wegen massiver Preiserhöhungen in der aktuellen Energiekrise. Die Rufe nach einem Regimewechsel werden jedoch lauter. Auch die wachsende Zahl syrischer Flüchtlinge bereitet dem Land zunehmend Probleme.

Um sein Volk zu besänftigen, hat der König in den vergangenen zwei Jahren mehrfach den Ministerpräsidenten ausgewechselt. Das Parlament löste er im vergangenen Oktober auf. Die Wahl eines neuen Abgeordnetenhauses steht im Mittelpunkt seines Reformprogramms.

Allerdings fühlt sich die Opposition vom im Sommer in Kraft gesetzten Wahlgesetz benachteiligt. Denn nur 27 von 150 Parlamentssitzen gehen an Parteilisten - die Oppositionellen fordern, dass es 50 Prozent sind. Der Rest der Sitze ist für Einzelkandidaten bestimmt, die zumeist Stammesloyalitäten verpflichtet sind und dem Königshaus nahe stehen. Damit ist dann in der nächsten vierjährigen Legislaturperiode die königstreue Mehrheit gesichert. 15 Sitze sind für Frauen reserviert, 12 für Christen und die kaukasischen Volksgruppen der Tscherkessen und Tschetschenen.

Für die Abstimmung haben sich trotz des Boykottaufrufs mehrerer Oppositionsgruppen knapp 2,3 Millionen Wahlberechtigte registrieren lassen. Doch Politikverdrossenheit und Wirtschaftskrise kommen offenbar auch Betrügern zugute. Im vergangenen Monat gab es sieben Festnahmen von zum Teil prominenten Kandidaten, die versucht haben sollen, bereits im Vorfeld der Abstimmung Wählerstimmen zu kaufen.

qu/wl (dpa, afp)