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IWF-Direktorin: "Afrika birgt enormes Potenzial"

Josephine Mahachi
10. Oktober 2024

Afrika müsse im Internationalen Währungsfonds fairer repräsentiert und stärker vertreten sein, sagt die Chefin der Institution, Kristalina Georgiewa, im DW-Interview. Europa und Asien seien künftig auf Afrika angewiesen.

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Wolkenkratzer in Addis Ababa City
Afrikanische Länder investieren stark in die Entwicklung ihrer InfrastrukturBild: Solomon Muchie/DW

DW: Viele afrikanische Staaten stehen vor einer untragbaren Verschuldung, die durch die Aufnahme von Krediten für die Infrastruktur und die Linderung der Pandemiefolgen noch verschärft wurde. Wie geht der Internationale Währungsfonds (IWF) mit der wachsenden Schuldenkrise in Afrika um? 

Kristalina Georgiewa: Wir arbeiten in dreierlei Hinsicht sehr eng mit den afrikanischen Ländern zusammen. Erstens sind wir eine Quelle für Liquidität und Reserven für sie; wir haben während der Pandemie auch Finanzmittel in außergewöhnlich hohem Umfang zur Verfügung gestellt, um den Ländern bei der Bewältigung dringender Bedürfnisse zu helfen, und zwar sechzehn Mal mehr als in normalen Zeiten.

Zweitens arbeiten wir mit den Ländern zusammen, um festzustellen, wann eine Verschuldung nicht mehr tragbar ist, und fördern die Umstrukturierung durch den gemeinsamen Rahmen sowie in den Diskussionen des globalen Runden Tisches für Staatsschulden. Bisher haben der Tschad, Ghana, Sambia und jetzt Äthiopien von der Umschuldung profitiert.

Und drittens sind wir die einzige Institution, die während der COVID-Pandemie einen Schuldenerlass gewährt hat, etwa eine Milliarde Dollar für die ärmsten 29 Mitglieder, die meisten von ihnen in Afrika. Aber lassen Sie mich Folgendes sagen: Unsere wichtigste Aufgabe, Afrika zu helfen, besteht darin, Afrika beim Wachstum zu unterstützen. Wachstum ist also der beste Weg, um dies zu erreichen. 

Die afrikanischen Länder südlich der Sahara waren in der Vergangenheit in internationalen Organisationen unterrepräsentiert. Gibt es Pläne, Afrika eine größere Rolle in der Führung des IWF zu geben?

Ganz genau. Am 1. November dieses Jahres werden wir ein weiteres Vorstandsmitglied aus Subsahara-Afrika in unser Leitungsgremium und unser Direktorium aufnehmen. Wir tun dies, weil wir der Meinung sind, dass Afrika es verdient, fairer vertreten zu werden. Wir wollen auch hochqualifizierte afrikanische Fachleute einstellen. Und besonders Frauen sind fantastisch in unserer Truppe.

Deutschland I Hamburg - Sustainability Conference: Podiumsdiskussion vor bunt gestreifter Wandgestaltung, im Vordergrund Publikum
Bei der Hamburger Sicherheitskonferenz spricht IWF-Direktorin Kristalina Georgiewa (rechts) über das Hauptziel des IWF: Afrikas Wachstum zu unterstützenBild: Axel Heimken/AFP

Möchten Sie uns hier bei der Deutschen Welle mitteilen, wer dieses Mitglied ist, das in den IWF einziehen wird?

Wir werden die Ergebnisse der Abstimmung bekannt geben, sobald sie abgeschlossen ist.

Wie stellt der IWF sicher, dass seine Politik in Afrika ein Gleichgewicht zwischen Haushaltsdisziplin und der Notwendigkeit von Wachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen und Armutsbekämpfung schafft?

Wir achten sehr genau auf die fiskalischen Bedingungen in unseren Mitgliedsstaaten. Und warum? Weil fiskalische Stabilität, finanzielle Stabilität eine Voraussetzung dafür ist, dass ein Land gut arbeiten kann. Aber wenn wir das tun, achten wir immer auf das richtige Gleichgewicht zwischen der Erfüllung der dringenden Bedürfnisse von heute und den Haushaltszwängen und der fiskalischen Nachhaltigkeit auf mittlere Sicht. 

In jedem unserer Länder wägen wir diese Aspekte also sehr sorgfältig ab. Wenn wir Entscheidungen treffen, dann sind sie wohl überlegt. Sie werden von unseren Mitgliedern mitgetragen. Ich habe mich sehr gefreut, heute von einem der afrikanischen Premierminister Folgendes zu hören: "Früher betrachteten wir den IWF als einen sehr strengen Polizisten. Jetzt betrachten wir den IWF als Partner."

Gemeinsam haben wir einen nachhaltigen Entwicklungsweg eingeschlagen, und ich möchte noch einmal betonen, dass unser Hauptziel die Stabilität ist - nicht um der Stabilität willen, sondern als Voraussetzung für Wachstum und Entwicklung.

Berlin | Kristalina Georgieva, geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds, in hellbrauner Kostümjacke vor dem Rednerpult
Kristalina Georgiewa: Afrika verdient eine größere Führungsrolle innerhalb des IWFBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Der IWF ist für viele afrikanische Länder eine starke Stütze gewesen. Was möchten Sie diesen Ländern heute sagen?

Ich denke, Afrika birgt ein enormes Potenzial für die Menschen in Afrika und für die ganze Welt. Wir haben eine junge Bevölkerung, wir haben ein enormes Talent an Männern und Frauen in Afrika, auf das die alternde Welt in Europa und Asien angewiesen ist. Wir sehen uns selbst als Brücke. Wir schaffen gute Bedingungen für Investitionen in Afrika, so dass Kapital aus dem Norden dorthin gehen kann, wo die Arbeitskräfte dynamisch und stark sind. Und mein Wunsch für Afrika ist: Tu Gutes für dich selbst, tu Gutes für den Rest der Welt. 

Das Interview mit Kristalina Georgiewa, der Direktorin des Internationalen Währungsfonds, führte DW-Journalistin Josephine Mahachi bei der Hamburger Nachhaltigkeitskonferenz.