Italienische Müll-Apokalypse
"Feuerland" oder "Dreieck des Todes", so heißt die Gegend nördlich von Neapel und südlich von Caserta. Denn seit Ende der 1980er Jahre wurde Giftmüll aus ganz Europa hierher gekarrt. Verscharrt. Verbrannt.
Campania Felix
Abgekippter Müll in der Nähe eines Gemüseackers in Orta di Atella. Vor Jahrzehnten war es die fruchtbarste Gegend in Kampanien, der Gemüsegarten Europas. Die Römer gaben der Region den Namen "Campania Felix", glückliches oder eben fruchtbares Kampanien - während Jahrhunderten als Erholungsgebiet äußerst beliebt.
Beton
28 Millionen Tonnen - so viel Giftmüll soll gemäß polizeilichen Ermittlungen hier unter Gemüsefeldern, in Steinbrüchen und auf freien Landflächen liegen, schätzungsweise, genau weiß es niemand. Sicher ist: Ein Teil des Giftmülls wurde vorzugsweise mit Zement oder Beton vermischt und systematisch beim Bau von Gebäuden, Autobahnen, Schnellstraßen und Bahntrassen eingesetzt.
Vertriebene
Auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie "Resit" in Giugliano. Eigentlich ist es verboten, hier zu leben, aber die Roma wurden dorthin verfrachtet. Um die hohen Entsorgungskosten für Sondermüll zu umgehen, wandten sich dereinst Industrieunternehmen an die Camorra. Die bot die Entsorgung nämlich zu einem extrem günstigen Preis an. Dioxin, Arsen, sogar Uran kippte die Mafia übers Land.
Familie
Caivano, ein kleiner Ort in der Nähe von Casal di Principe, wo sich der Hauptsitz des Clans der Casalesi befindet. Mitglieder dieser Familie gelten als Hauptverantwortliche für die Verseuchung großer Teile Kampaniens.
Sterben
Todesanzeigen in einer Ortschaft im sogenannten Dreieck des Todes. Hier erkranken weitaus mehr Menschen an Krebs als im Landesdurchschnitt, mit steigender Tendenz - die Tumorerkrankungen haben sich in den letzten Jahren sogar mehr als verdreifacht.
Widerstand
Marzia, 40 Jahre alt, aus Casalnuovo di Napoli. Sie ist mit ihrer Familie aus Neapel dorthin gezogen, weil sie in einem Ort mit besserer Luft leben wollte. Ihr Sohn Antonio starb im Alter von 9 Jahren an Krebs. Seitdem ist sie Aktivistin bei Noi genitori di tutti, einem Verein, der aus Vätern und Müttern besteht, die ihre Kinder aufgrund eines Krebsleidens verloren haben.
Gewässer
Regi Lagni, ein Kanalsystem, in dem man früher baden konnte. Die Kanäle sind jahrelang als Müllentsorgungsanlage missbraucht worden und nun verseucht. In der Region leben rund drei Millionen Menschen. Viele sind dorthin gezogen auf der Suche nach einem Ort mit guten Lebensbedingungen für sich und ihre Familien. Gefunden haben sie stattdessen illegal entsorgten hochgiftigen Industriemüll.
Ordnungshüter
Flatterband des Corpo Forestale, einer Polizeieinheit, die Umweltverbrechen aufklärt. Sie hat diese Entsorgungsstätte entdeckt, in Calvi Risorta - mit schätzungsweise 2,5 Millionen Kubikmetern kontaminierten Materialien die größte illegale Giftmülldeponie Europas.
Perspektive
Auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie "Resit" in Giugliano. Für das Jahr 2064, also in knapp 50 Jahren, wenn das Sickerwasser aller Voraussicht nach ins Grundwasser eindringen wird, prophezeien Wissenschaftler dem gesamten Gebiet in einem Umkreis von 20 Kilometern ein nahezu apokalyptisches Szenario - die Region wäre dann komplett verseucht und unbewohnbar.
Graffiti
Wandmalerei in Caivano. Ein Teil der Giftstoffe, die von den Industriestaaten des Nordens kommend in Kampanien entsorgt wurden, kehren in Form von belasteten Lebensmitteln wieder zurück. Denn die Campania Felix zählt noch immer zu den wichtigsten Obst- und Gemüselieferanten Italiens: Die Produkte, die hier wachsen, werden von den großen Supermarktketten in ganz Europa vertrieben.