Italien bringt wieder Migranten ins Nicht-EU-Land Albanien
28. Januar 2025Nach einer monatelangen Pause sind erneut Dutzende Asylsuchende von Italien in umstrittene Aufnahmezentren in Albanien gebracht worden. Am Dienstagmorgen lief ein Schiff der italienischen Marine mit 49 Flüchtlingen an Bord im Hafen der albanischen Stadt Shengjin ein, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Dort soll nun über deren Asylanträge entschieden werden.
Bei den Migranten handelt es sich nach Angaben von Ansa um Männer aus Bangladesch, Ägypten, Gambia und der Elfenbeinküste. Vor der Fahrt nach Albanien waren sie auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa auf einem Boot vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa gestoppt worden.
Seit vielen Jahren gehört Italien zu den Ländern, die von der Fluchtbewegung über das Mittelmeer besonders betroffen sind. Zwar kamen vergangenes Jahr deutlich weniger Migranten an Italiens Küsten an als noch 2023. Im Januar sind jedoch laut der Regierung in Rom wieder mehr als 3.000 Menschen dort eingetroffen - das sind mehr als doppelt so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum (etwa 1.300).
Kontroverses "Albanien-Modell"
Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der außerhalb der EU Lager errichtet hat, um dort über Asylanträge von Migranten zu entscheiden. Die rechtsgerichtete Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihr albanischer Kollege Edi Rama hatten im November 2023 die Einrichtung der von Italien betriebenen Aufnahmelager für Asylbewerber in dem Nicht-EU-Land vereinbart.
Das "Albanien-Modell" ist umstritten. Menschenrechtsorganisationen kritisierten das Abkommen scharf. Die Lager zur Auslagerung der Asylverfahren gingen im Oktober in Betrieb, die ersten Überstellungen wurden aber von Gerichten gestoppt und die Menschen wieder nach Italien zurückgeschickt.
Regierung versus Justiz
Die ersten beiden Versuche waren an der Justiz gescheitert. Nach Auffassung der Richter kamen die nach Albanien gebrachten Migranten nicht aus sicheren Herkunftsländern, in die sie zurückgeschickt werden könnten. Die italienischen Richter beriefen sich in ihrer Entscheidung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg, wonach Herkunftsländer von Migranten nur vollständig als sicher eingestuft werden können, nicht aber einzelne Landesteile.
Um diese juristische Hürde künftig zu umgehen, verabschiedete Italiens Regierung ein Dekret, das alle Teile der 19 Länder, die auf der Liste der sicheren Herkunftsländer stehen, für "sicher" erklärt. Richter fochten aber auch diese neue Regelung an.
Auf Grund der ungeklärten Rechtslage ist daher wie bereits bei den ersten beiden Versuchen unklar, ob die Migranten wie eigentlich vorgesehen das beschleunigte Asylverfahren in den Lagern auf albanischem Boden durchlaufen oder doch nach Italien gebracht werden müssen. Der Europäische Gerichtshof will im Februar klären, ob das Vorgehen Italiens mit EU-Recht vereinbar ist.
ch/se (afp, dpa)