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Gipfel der Großen

Martin Schrader19. November 2008

Die Zukunft des Standorts Deutschland für die Informationstechnologie (IT) steht im Zentrum des 3. Deutschen IT-Gipfeltreffens der Bundesregierung. Auch an dieser Branche geht die Wirtschaftskrise nicht spurlos vorbei.

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Hasso Plattner am Rednerpult. Foto: Bernd Settnik dpa/lbn +++(c) dpa - Report+++
Zu den "Großkopferten" und Rednern des 1. IT-Gipfels gehörte auch SAP-Mitgründer Hasso PlattnerBild: picture-alliance/dpa

Deutschland steckt in der Rezession, etliche Branchen klagen über schlechte Geschäfte - darunter die Banken, die Autobauer, der Einzelhandel sowieso. Die IT-Branche ist kurz vor dem 3. Deutschen IT-Gipfel in dieser Hinsicht vergleichsweise still. Das will freilich nichts heißen, meint der IT-Unternehmer und Sprecher des Förderkreises IT- und Medienwirtschaft München, Joachim Graf. Er schließt Rufe aus der Branche nach staatlichen Hilfsgeldern nicht aus. "Die großen Jungs in der IT-Branche nehmen natürlich gerne die Subventionen mit, genauso wie die großen Jungs aus allen anderen Branchen", meint Graf.

Über den Zustand der Branche und wohl auch über mögliche Hilfspakete werden beim IT-Gipfel in Darmstadt am Donnerstag (20.11.2008) etwa 500 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft debattieren. Sie wollen einen Weg aufzeigen, auf dem die Branche mit ihren 830.000 Beschäftigten gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen kann. Erwartet werden unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, der Präsident des Branchenverbands BITKOM, August-Wilhelm Scheer, und Telekom-Chef René Obermann. Der zweite IT-Gipfel fand im vergangenen Jahr in Hannover statt, der erste im Dezember 2006 in Potsdam.

Merkel vor dem Foto von Physik-Nobelpreisträger Peter Grünberg stehend, eine Grünberg-Computer-Festplatte in der Hand. Foto: Jochen Lübke dpa/lni +++(c) dpa - Bildfunk+++
Hatte es gut gemeint mit der Branche: Bundeskanzlerin und Gipfel-Initiatorin Merkel beim Treffen in HannoverBild: picture-alliance/dpa

Schatten über der Jubel-Veranstaltung

Als eine Leuchtturm-Veranstaltung ohne Wirkung kritisiert Graf den IT-Gipfel. "Das ist ein Aufgalopp der Großen, die sich gegenseitig bejubeln", sagt er. Für die Branche und das Geschäft sei der IT-Gipfel jedoch völlig sinnlos. Das läge vor allem daran, dass der Gipfel die kleinen IT-Firmen vergesse. Dabei besagen viele Studien, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen die wirklichen Fortschrittstreiber in der IT-Branche seien.

Ohnehin wird der Jubel, den Graf so geißelt, dieses Jahr wohl verhaltener als sonst ausfallen. Denn die Wirtschafts- und Finanzkrise geht auch an der IT-Branche nicht spurlos vorüber. Das hat der BITKOM-Verband in einer vor dem Gipfel durchgeführten Befragung von 352 Unternehmen ermittelt. Demnach rechnet die Branche mit signifikanten Umsatzeinbußen durch den Wirtschaftsabschwung. 42 Prozent der großen Unternehmen fürchten negative Auswirkungen auf ihr Geschäft, bei den kleinen und mittleren Unternehmen sei es gut ein Viertel. 27 Prozent der Unternehmen, doppelt so viele wie noch im Oktober, bekommen demnach schon jetzt weniger Aufträge als erwartet. Für 2009 rechnet BITKOM damit, die eigene Wachstumsprognose von 1,5 Prozent nicht halten zu können.

Schlüsselthema Nachwuchsförderung

Ein Abbau von Arbeitsplätzen ist in der IT-Branche allerdings nicht absehbar. Im Gegenteil: Etliche Unternehmen suchen auch in der Krise Personal. 45.000 Stellen sind nach BITKOM-Angaben unbesetzt. Für diese aber seien nur schwierig fähige Fachleute zu finden. Nachwuchsförderung wird deshalb auch beim 3. Deutschen IT-Gipfel eines der Schlüsselthemen sein.

Schon jetzt aber zeichnet sich ab: Die Suche nach einer schnellen Lösung für dieses Problem dürfte dieses Jahr genauso fehlschlagen wie in den Jahren zuvor.

Messehalle von innen. © 2007 Deutsche Messe AG
Auf dem Messegelände in Hannover fand 2007 der 2. IT-Gipfel stattBild: cebit

Ein möglicher Weg wäre eine stärkere Zuwanderung von Experten aus dem Ausland. Das hatte Scheer bereits vor dem IT-Gipfel 2007 in Hannover gefordert, erinnert das Branchen-Magazin "c't". Bisher scheitere dieser Import aber an zu hohen Hürden für Einwanderer: Experten, die aus Ländern außerhalb der EU kommen und einen Job in Deutschland antreten wollen, müssen mindestens 85.000 Euro im Jahr verdienen, um ein Aufenthaltsrecht zu erhalten.

Die Branche fordert eine Halbierung der Verdienstgrenze, damit gerade auch junge Spezialisten als Berufseinsteiger ins Land geholt werden können.

Bei Merkel und Glos stieß Scheer mit dieser Forderung in Hannover auf taube Ohren. Eine Enttäuschung für den BITKOM-Chef sei das gewesen, bilanzierte "c't" nach dem 2. Gipfel vor einem Jahr.

Aus der Not eine Tugend machen

Die IT-Branche ist jedoch nicht bekannt dafür, sich lange mit Wehklagen oder Schwarzmalerei zu beschäftigen. Deshalb versucht sie, selbst aus der Krise Gewinn zu machen. "Wenn die Wirtschaft in eine Krise hineinrauscht, fangen die Unternehmen an, zu optimieren und zu sparen", erklärt Graf. "Und das bedeutet: Im IT- und Internetbereich wird mehr Geld ausgegeben, weil man mit besseren IT-Systemen, Datenbanken und Online-Plattformen Geld spart." Klassische Arbeitsabläufe würden nach Grafs Erfahrung besonders gerne in Krisenzeiten durch IT-getriebene ersetzt.

Für den diesjährigen Gipfel hat Graf keine Einladung erhalten. 2006 war er dagegen sogar als Redner dabei. Am Ende fühlte er sich dort jedoch nur als "Stimmvieh", wie er sagt. Deswegen habe er ohnehin wenig Lust verspürt, einen weiteren IT-Gipfel zu besuchen.