Israel zieht noch nicht ganz aus dem Südlibanon ab
18. Februar 2025Die israelische Armee ist nach eigenen Angaben bis auf fünf Posten in Grenznähe aus allen Teilen des Südlibanons abgezogen. Das libanesische Militär teilte im Gegenzug mit, sie sei in von Israel geräumte Ortschaften nachgerückt. Das Militär nannte die libanesischen Orte Abbasija, Kfar Kila Mardsch Ajun, Adaissa, Markaba, Hula, Mais al-Dschabal, Blida, Marun al-Ras, Jarun und Bint Dschubail.
Die Waffenruhe, die Ende November nach einem Jahr des Kriegs zwischen Israel und der vom Iran unterstützen libanesischen Hisbollah-Miliz vereinbart worden war, sieht unter anderem einen vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon bis zu diesem Dienstag vor. Die Frist ist bereits einmal verlängert worden.
Israel befürchtet neue Hisbollah-Angriffe auf Grenzorte
Israel begründet den Verbleib in fünf Posten in Grenznähe damit, dass die libanesische Armee nicht schnell genug nachgerückt sei und damit ihre Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Israel hat die Sorge, die Hisbollah-Miliz, die von Deutschland, den USA und weiteren Staaten als Terrororganisation geführt wird, könnte wieder massiv israelische Einwohner des Grenzgebiets angreifen.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz teilte mit, Israel werde "in einer Pufferzone im Libanon in fünf Stützpunkten mit Überblick bleiben und mit Kraft und ohne Kompromisse gegen jeglichen Verstoß durch die Hisbollah vorgehen". Man sei fest entschlossen, die Sicherheit der Einwohner des israelischen Nordens zu gewährleisten. Daher würden auch viele weitere Posten auf der israelischen Grenze eingerichtet und mit Truppen verstärkt, sagte Katz.
Tunnelsysteme im libanesisch-israelischen Grenzgebiet
Im Grenzgebiet waren Tunnelsysteme der Miliz gefunden und zerstört worden. Rund 60.000 Einwohner des israelischen Nordens flohen während des Kriegs, die meisten von ihnen sind nach Militärangaben bis jetzt nicht in die teilweise zerstörten Wohnorte zurückgekehrt. Ein israelischer Militärsprecher sagte, die "vorübergehende Maßnahme" sei mit der von den USA und Frankreich angeführten internationalen Kommission abgesprochen, die über die Einhaltung des Waffenruhe-Abkommens wachen soll und der auch Israel, der Libanon und die UN-Friedenstruppe UNIFIL angehören.
Libanons Führung besteht auf Komplett-Abzug
Die libanesische Führung in Beirut bekräftigte unterdessen die Forderung nach einem kompletten Abzug der israelischen Armee aus dem Libanon. Präsident Joseph Aoun, Ministerpräsident Nawaf Salam und der mit der Hisbollah verbündete Parlamentspräsident Nabih Berri verfassten eine entsprechende gemeinsame Stellungnahme. Man sehe die fortwährende israelische Präsenz auf libanesischem Boden als Besatzung.
Die Vereinten Nationen kritisierten ebenfalls den nicht vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon, wenn auch deutlich zurückhaltender. "Eine weitere Verzögerung dieses Prozesses ist nicht das, was wir uns erhofft hatten", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der UN-Beobachtermission UNIFIL im Libanon und der UN-Sonderkoordinatorin Jeanine Hennis-Plasschaert.
Viele Hisbollah-Anhänger leben nahe der Grenze zu Israel
Die libanesische Armee soll gemäß der Vereinbarung militärische Bewegungen der Hisbollah im Grenzgebiet verhindern. Die Miliz soll sich bis hinter den - etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze verlaufenden - Litani-Fluss zurückziehen. Dies ist nach israelischer Darstellung bisher jedoch nicht vollständig geschehen. Ein möglicher Grund dafür: Viele der Hisbollah-Anhänger stammen aus Grenzorten und leben dort normalerweise auch.
Nach dem von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas angeführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah damit begonnen, den Norden Israels mit Raketen zu beschießen. Der Konflikt eskalierte im September 2024 und entwickelte sich zu einem blutigen Krieg zwischen der Schiiten-Miliz und dem jüdischen Staat, bei dem im Libanon etwa 4000 Menschen starben und in Israel 76 Menschen getötet wurden.
Verstöße gegen Waffenruhe von beiden Seiten
Seit Inkrafttreten der Ende November vereinbarten Waffenruhe kam es von beiden Seiten zu Verstößen. Aktiven Beschuss auf Israel gab es während der Waffenruhe jedoch nicht mehr. Libanons Armee warf Israel wiederholt Angriffe auf libanesisches Gebiet vor. Erst am Montagnachmittag wurde bei einem israelischen Angriff nahe der Küstenstadt Sidon nach Militärangaben ein führendes Mitglied der Hamas getötet. Die Hamas wird von vielen westlichen und einigen arabischen Staaten als Terror-Organisation gelistet.
haz/se/pg (dpa, afp)
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