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KonflikteLibanon

Israel will im Libanon "alle Fähigkeiten" einsetzen

30. September 2024

Mit Blick auf eine mögliche Bodenoffensive im Libanon macht Israels Verteidigungsminister Galant erneut Andeutungen. Die Hisbollah betont ihre Kampfbereitschaft. Deutschland sieht die Entwicklung mit wachsender Sorge.

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Israels Verteidigungsminister Joav Galant schaut durch ein Fernglas
Libanon im Blick: Israels Verteidigungsminister Joav Galant an der Grenze (Archivfoto)Bild: Ariel Hermoni/Israel Mod/ZUMA Press Wire/picture alliance

Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat bei einem Besuch gepanzerter Truppen an der Grenze zum Libanon auf einen möglichen Bodeneinsatz in dem Nachbarland angespielt. Galant sagte, die Tötung des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah sei "ein wichtiger Schritt, aber noch nicht alles". Und der Minister ergänzte: "Wir werden alle unsere Fähigkeiten einsetzen." Die gepanzerten Truppen seien dabei "Teil der Anstrengung". Er sei zuversichtlich, dass sie "alles umsetzen" könnten. Ziel sei weiterhin die Rückkehr von 60.000 Israelis, die durch die Hisbollah-Angriffe aus Gebieten entlang der Grenze vertrieben worden seien.

Nasrallah und weitere hochrangige Vertreter der pro-iranischen Hisbollah waren am Freitag bei einem israelischen Luftangriff im Süden von Beirut getötet worden. Seit einer Woche fliegt Israel massive Luftangriffe auf Ziele der mit der Hamas verbündeten Miliz im Libanon. Auch der Hisbollah-Beschuss auf Israel nahm in den vergangenen Tagen weiter zu. Sowohl die Hisbollah als auch die palästinensische Hamas werden von Israel, den USA, Deutschland und etlichen anderen Staaten als Terrororganisationen eingestuft.

Hisbollah zeigt sich kampfbereit

Nasrallahs Stellvertreter Naim Kassem versicherte in einer Fernsehansprache die Kampfbereitschaft der Hisbollah: "Wir stellen uns auf jedes Szenario ein (...) Unsere Widerstandskräfte sind bereit für eine Konfrontation am Boden." Die Hisbollah werde ihren Kampf gegen Israel "zur Unterstützung des Gazastreifens" fortsetzen, betonte Kassem. Es war die erste Ansprache eines hochrangigen Hisbollah-Vertreters seit Nasrallahs Tod. Zu dessen Nachfolge sagte Kassem, die Hisbollah werde bei "nächster Gelegenheit" einen neuen Anführer bestimmen.

Der stellvertretende Hisbollah-Chef Naim Kassem auf dem Bildschirm eines Smartphones
"Wir sind bereit": Naim Kassem bei seiner Ansprache am MontagBild: Bilal Hussein/AP/picture alliance

Der "wahrscheinlichste Kandidat" für die Nasrallah-Nachfolge sei dessen Cousin Haschem Safieddin, hieß es aus dem Umfeld der Hisbollah. Die Entscheidung fällt im Schura-Rat, dem höchsten Gremium der Organisation. Safieddin, der enge religiöse und familiäre Verbindungen zum Iran hat, ist schon jetzt eines der wichtigsten Mitglieder des Rates.

Irans Führung hält sich zurück

Der Iran erklärte unterdessen, keine eigenen Soldaten in den Libanon oder in den Gazastreifen zu schicken. Das sei "nicht nötig", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran. Der Libanon und die Kämpfer in den Palästinensergebieten hätten "die Fähigkeit und Stärke, sich selbst gegen die Aggression zu verteidigen". Zugleich kündigte der Sprecher Vergeltung für Angriffe der israelischen Armee auf Iraner an.

Bergungsarbeiten nach einem israelischen Luftangriff im Südlibanon
Bergungsarbeiten nach einem israelischen Luftangriff im SüdlibanonBild: Aziz Taher/REUTERS

Der Libanon ist nach Worten von Übergangsministerpräsident Nadschib Mikati bereit, seine Armee in den Süden des Landes zu entsenden, um die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates umzusetzen. Mikati äußerte sich entsprechend nach einem Treffen mit dem Parlamentsvorsitzenden Nabih Berri, wie libanesische Medien berichteten. Die Resolution wurde am Ende des zweiten Kriegs zwischen Libanon und Israel 2007 verabschiedet. Sie regelt den Waffenstillstand zwischen Israel und dem Libanon und definiert eine Pufferzone im Südlibanon. Laut Resolution müsste sich die Hisbollah-Miliz in Gebiete nördlich des Litani-Flusses zurückziehen, während libanesisches Militär im Südlibanon stationiert werden soll.

Deutsches Botschaftspersonal wird ausgeflogen

Am späten Montagnachmittag hob ein Flugzeug der Bundeswehr mit Mitarbeitern der deutschen Botschaft in Beirut, ihren Familienangehörigen sowie Angehörigen deutscher Mittlerorganisationen in Richtung Deutschland ab. An Bord der Maschine sind rund 110 Menschen, wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte. Es seien nicht alle Passagiere Deutsche, da auch Familienangehörige von Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes dabei seien.

Angesichts der zugespitzten Lage in der Region hatte das Auswärtige Amt die Krisenstufen für die deutschen Auslandsvertretungen in der libanesischen Hauptstadt Beirut, in Tel Aviv und in Ramallah im Westjordanland am Wochenende noch einmal angehoben und eine diplomatische Abholung eingeleitet. Die Botschaften sollen arbeitsfähig bleiben, nicht dringend benötigtes Personal aber ausfliegen. "Alle Deutschen in Libanon sind seit Oktober 2023 zur Ausreise aufgefordert", betonten das Amt und das Verteidigungsministerium in Berlin. Im Libanon verbliebene Deutsche würden weiter durch die Botschaft bei der Ausreise über kommerzielle Flüge und andere Wege unterstützt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich noch rund 1800 deutsche Staatsangehörige im Libanon befinden.

wa/kle/cw (dpa, afp, kna, rtr)

Redaktionsschluss: 17.45 Uhr MESZ. Dieser Artikel wird nicht mehr aktualisiert.