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KonflikteIsrael

Israel gedenkt der Opfer des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober

7. Oktober 2024

In Israel haben die Gedenkfeiern zum ersten Jahrestag des Hamas-Überfalls begonnen. Auch in anderen Ländern finden solche Veranstaltungen statt. Dessen ungeachtet wird im Nahen Osten weiter geschossen.

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Israels Präsident Izchak Herzog und seine Frau mit Angehörigen der Terroropfer in einem Kibbuz
Israels Präsident Izchak Herzog und seine Frau gedenken mit Opferangehörigen des Terrorüberfalls auf den Kibbuz Re'im Bild: Alexi J. Rosenfeld/Getty Images/Getty Images

In der Nähe des Kibbuz Re'im, wo vor einem Jahr mehr als 370 Teilnehmer des Nova-Musikfestivals getötet wurden, versammelte sich eine Menschenmenge um 6.29 Uhr Ortszeit - dem Beginn des beispiellosen palästinensischen Terrorangriffs am 7. Oktober 2023 -, um eine Schweigeminute abzuhalten.

Auch der israelische Präsident Izchak Herzog nahm daran teil. Er appellierte an die Weltgemeinschaft, sein Land im Abwehrkampf gegen seine Feinde nicht allein zu lassen - auch mit Blick auf Frieden im Nahen Osten. Der 7. Oktober 2023 hinterlasse "eine Narbe auf der Menschlichkeit", betonte Herzog.

Kibbuz Nir Oz - wo der 7. Oktober nicht enden will

Vor der Schweigeminute waren minutenlang die hypnotischen Klänge des letzten Musikstücks zu hören, das vor einem Jahr bei dem Festival gespielt wurde - bevor die Musik abrupt abbrach. Unter den Teilnehmern der Gedenkveranstaltung waren zahlreiche Angehörige der Opfer, viele weinten. Väter sprachen das Totengebet für ihre bei dem Festival getöteten Söhne, Trauernde entzündeten Kerzen.

Wechselseitiger Beschuss geht weiter

Während der Gedenkfeier waren aus dem nahen Gazastreifen Schüsse und der Motorenlärm eines Kampfhubschraubers zu hören. Der militärische Arm der radikalislamischen Hamas beschoss den Süden Israels wenige Minuten nach Beginn der Feierlichkeiten nach eigenen Angaben mit Raketen. Diese hätten sich gegen "feindliche Versammlungen" an den Grenzübergängen Kerem Schalom, Rafah sowie gegen den Kibbuz Holit gerichtet.

Palästinenser sehen sich in der zerstörten Moschee in Deir Al-Balah im Gazastreifen um
Die bombardierte Moschee in Deir Al-Balah im Gazastreifen Bild: Ramadan Abed/REUTERS

Israels Armee fing nach eigenen Angaben drei Raketen ab, eine vierte sei auf unbewohntem Gebiet eingeschlagen. Zuvor hatte die israelische Artillerie und die Luftwaffe Raketen-Abschussbasen der Hamas und "unterirdische terroristische Infrastruktur" im gesamten Gazastreifen beschossen, wie ein Armeesprecher mitteilte.

Weitere Attacken auf den Libanon und aus dem Libanon

Die Gefechte wurden am Jahrestag des Terrorüberfalls auch andernorts im Nahen Osten fortgesetzt. Während der angekündigte Vergeltungsschlag Israels nach dem Raketenangriff des Irans in der Vorwoche weiter auf sich warten ließ, bombardierte das israelische Militär in der Nacht erneut Stellungen der pro-iranischen Hisbollah im Libanon, darunter die Geheimdienstzentrale der Miliz in Beirut. Bei einem israelischen Angriff auf den Ort Kayfun im Libanon-Gebirge wurden nach Behördenangaben mindestens sechs Menschen getötet und 13 verletzt.

Rauch und Flammen nach israelischen Luftangriffen im Süden Beiruts
Schwere Treffer nach israelischen Luftangriffen auf den Süden Beiruts Bild: Amr Abdallah Dalsh/REUTERS

Zugleich schoss die Schiiten-Miliz Raketensalven unter anderem auf die Hafenstadt Haifa im Norden Israels ab. Dort schlugen trotz Abwehrfeuer Projektile ein. Fünf Menschen erlitten Verletzungen. Keine der Angaben konnte unabhängig überprüft werden. Die USA, Deutschland, Israel und mehrere andere Staaten stufen die Hamas und die Hisbollah als Terrororganisationen ein. 

Mit zahlreichen weiteren Aktionen wird in Israel an das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust erinnert. Familien aus dem Kibbuz Nir Oz, wo Hamas-Terroristen ebenfalls ein Massaker anrichteten, trafen sich in der südisraelischen Stadt Kirjat Gat, um von dort in einem Autokorso zu einer Gedenkfeier nach Nir Oz zu fahren. Bereits seit Sonntagabend versammeln sich landesweit Menschen zu Trauerfeiern. Die offizielle staatliche Zeremonie wird ab Montagnachmittag auf Hebräisch, Englisch und Spanisch von mehreren Sendern sowie im Internet übertragen. 

Beispielloser Terrorangriff

In den Morgenstunden des 7. Oktober 2023 hatten hunderte Terroristen der Hamas und verbündeter islamistischer Palästinensergruppen den Grenzzaun zwischen dem Gazastreifen und Israel durchbrochen. In mehreren südisraelischen Ortschaften, auf dem Nova-Musikfestival und im Gazastreifen wurden israelischen Angaben zufolge insgesamt 1205 Menschen getötet, überwiegend Zivilisten.

Von den 251 von der Hamas verschleppten Geiseln werden derzeit noch 97 im Gazastreifen festgehalten, 37 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee tot. In Tel Aviv demonstrierten am frühen Montagmorgen vor Sonnenaufgang Familien von Geiseln für deren Freilassung.

Der Terrorangriff, der den Nahen Osten veränderte

Israel geht seit dem Hamas-Angriff vor einem Jahr massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, mehr als 41.800 Menschen getötet.

Gedenkveranstaltungen in mehreren Ländern

Gedenkfeiern finden zudem unter anderem in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Spanien und der Schweiz statt. In Berlin und anderen deutschen Städten wird am Jahrestag an den tödlichen Überfall erinnert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird bei einem interreligiösen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg zu den Anwesenden sprechen. 

Bereits am frühen Morgen wurden die Namen von 1170 Ermordeten und 251 Entführten am Brandenburger Tor in Berlin verlesen. Die Namenslesung trug den Titel "Never Forget October 7th" und soll zeitgleich in Dutzenden Städten weltweit stattfinden. Nach Angaben der Veranstalter ist sie Teil einer internationalen Kampagne der Marsch-des-Lebens-Bewegung.

Ein Mann mit israelische Flagge verliest in Berlin die Namen von Terroropfern des 7. Oktober
Am Brandenburger Tor in Berlin werden die Namen der Terroropfer in Israel verlesenBild: Markus Schreiber/AP Photo/picture alliance

In Hamburg ist in der Synagoge Hohe Weide am Abend eine Gedenkzeremonie angesetzt. Dort will auch Bundeskanzler Olaf Scholz eine Erklärung abgeben.

Baerbock sagt Unterstützung zu

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sicherte Israel derweil erneut die Unterstützung Deutschlands zu. "Der Terror des 7. Oktober war eine Zäsur für die Menschen in Israel. Auch für so viele in Nahost und bei uns", so Baerbock. Für die Angehörigen der Geiseln stehe "seither die Zeit still". "Wir lassen nicht nach, bis alle Geiseln wieder frei und bei ihren Liebsten sind", betonte sie.

In mehreren deutschen Städten wollen sich Bürger an diesem Montag auch zu propalästinensischen Kundgebungen versammeln. Bereits seit Tagen finden bundesweit anlässlich des Jahrestages Demonstrationen für Israel und für die Palästinenser statt. Die größte Veranstaltung pro Israel gab es am Sonntag in München, wo sich mehr als 8000 Menschen gegen den Antisemitismus wandten.

Polizisten und propalästinensische Demonstranten stehen sich in Berlin gegenüber
Zusammenstöße zwischen Polizisten und propalästinensischen Demonstranten in Berlin Bild: Christian Mang/REUTERS

Die größte propalästinensische Demonstration fand am Sonntag in Berlin mit rund 3500 Teilnehmern statt. Sie wurde nach Stein- und Flaschenwürfen auf Polizisten vorzeitig beendet. Nach Angaben der Polizei wurden dabei 14 Polizeibeamte verletzt.

Antisemitismusbeauftragter: Islamisten werden verharmlost

Nach einem Jahr Israel-Hamas-Krieg beklagt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dass Islamisten in Deutschland zunehmend verharmlost würden. "Nach dem 7. Oktober sind die Schleusen gebrochen", sagte Klein. Der deutsche Diskurs habe sich radikalisiert und verhärtet, gerade auch an Universitäten.

"Das sieht man etwa daran, dass rote Hamas-Dreiecke, die Zielmarkierungen sind, auf Gebäude gesprüht werden. Institute wurden besetzt und Menschen angegriffen, die mit dem Nahostkonflikt überhaupt nichts zu tun haben", erläuterte Klein. Er verwies auf Übergriffe gegen jüdische Deutsche und den Berliner Kultursenator Joe Chialo.

kle/se/AR (afp, dpa, epd, rtr)