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KonflikteNahost

Israel bereitet Vergeltungsschlag gegen Hisbollah vor

29. Juli 2024

Das israelische Sicherheitskabinett hat Ministerpräsident Netanjahu freie Hand gegeben. Der türkische Präsident Erdogan will in dem Konflikt offenbar mitmischen.

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Israels Verteidigungsminister Joav Galant mit weiteren Militärs auf dem Fußballplatz, wo eine Rakete eingeschlagen ist.
Nach dem Anschlag auf den Golanhöhen - Verteidigungsminister Joav Galant besucht den Ort der AttackeBild: Menahem Kahana/AFP/Getty Images

Mehr als vier Stunden haben Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant mit dem Sicherheitskabinett beraten. Danach erhielten sie freie Hand für einen Vergeltungsschlag gegen die Hisbollah im Libanon nach dem verheerenden Raketenangriff auf den Golanhöhen. Wie das Büro des Ministerpräsidenten mitteilte, ermächtigte das Sicherheitskabinett Netanjahu und Galant "über die Art und Weise und den Zeitpunkt des Vorgehens gegen die Terrororganisation Hisbollah zu entscheiden". Zuvor hatte Netanjahu der proiranischen Miliz Hisbollah gedroht, sie werde einen "hohen Preis" bezahlen.

Am Samstagnachmittag war eine vom Libanon aus abgefeuerte Rakete auf dem Fußballfeld des von Drusen bewohnten Dorfes Madschdal Schams in den von Israel annektierten Golanhöhen eingeschlagen. Nach israelischen Angaben wurden mindestens zwölf Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 16 Jahren getötet, die gerade Fußball spielten. Israel und die USA machen die mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz Hisbollah für den Angriff verantwortlich.

Versuche der Deeskalation

Während sich die Hisbollah nach eigenen Angaben auf einen möglicherweise schweren Angriff Israels einrichtet, hatten sich laut dem "Wall Street Journal" US-Beamte an ihre Kollegen in Israel und im Libanon gewandt sowie Botschaften mit dem Iran ausgetauscht, um zu versuchen, die Situation zu deeskalieren. Alle Seiten hätten angedeutet, dass sie nicht an einer Ausweitung des Konflikts interessiert seien, hieß es.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bemühte sich, die Lage zu beruhigen und telefonierte am Sonntag mit Netanjahu. Frankreich habe sich verpflichtet, "alles zu tun, um eine weitere Eskalation in der Region zu verhindern", sagte Macron nach Angaben des Elysée-Palastes in dem Gespräch. Macron habe zudem versprochen, "Botschaften an alle Konfliktparteien" zu übermitteln, hieß es weiter. 

USA: Arbeiten an diplomatischer Lösung

Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der Vereinigten Staaten erklärte, die Unterstützung der USA für Israels Sicherheit sei eisern und unumstößlich. Man arbeite zugleich an einer "diplomatischen Lösung entlang der Blauen Linie", die alle Angriffe ein für alle Mal beenden und den Bürgern auf beiden Seiten der Grenze die sichere Rückkehr nach Hause ermöglichen werde, hieß es.

Drei Blauhelmsoldaten vor einem UN-Fahrzeug im Gelände
Die UNIFIL-Mission der Vereinten Nationen sichert die Grenze zwischen Israel und LibanonBild: Ariel Schalit/AP Photo/picture alliance

Bei der Blauen Linie handelt es sich um die von den Vereinten Nationen gezogene Demarkationslinie an der Grenze zwischen den beiden Ländern. Mit Ende des zweiten Libanon-Krieges 2006 war eine Pufferzone im Süden des Libanons eingerichtet worden. Seit Beginn des Gaza-Kriegs im vergangenen Oktober liefern sich die Hisbollah und Israels Armee nahezu täglich Gefechte. Die vom Iran unterstützte Miliz handelt aus Solidarität mit der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen.

Erdogan und Israel drohen sich gegenseitig

Unterdessen drohte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Israel mit militärischer Einmischung. "So wie wir in Berg-Karabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun", sagte er auf einer Veranstaltung seiner Regierungspartei AKP in Rize am Schwarzen Meer. Erdogan bezog sich dabei auf den Berg-Karabach-Konflikt, wo Erdogan die Konfliktpartei Aserbaidschan unter anderem mit Drohnen unterstützte. Im Bürgerkriegsland Libyen unterstützt Ankara die international anerkannte Regierung mit militärischer Ausstattung und Personal. 

Recep Tayyip Erdogan am Rednerpult in Rize
Zündelt oder vermittelt er - der türkische Ministerpräsident ErdoganBild: Murat Cetinmuhurdar/Anadolu/picture alliance

Der israelische Außenminister Israel Katz warnte den türkischen Präsidenten prompt: "Erdogan tritt in die Fußstapfen von Saddam Hussein und droht mit einem Angriff auf Israel. Er soll sich nur daran erinnern, was dort geschah und wie es endete", schrieb Katz am späten Abend auf der Plattform X. Im Jahr 2003 waren US-Truppen in den Irak einmarschiert. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein.

Israelische Luftangriffe im Libanon

Das israelische Militär schoss vor der Morgendämmerung nach eigenen Angaben eine Drohne ab, die aus dem Libanon in den Norden Israels eingedrungen sei. Verletzte wurden nicht gemeldet. Zuvor wurden in Israel libanesische Medien zitiert, wonach es im Süden des Libanons Luftangriffe gab. Dabei seien zwei Menschen getötet worden. Unter anderem aus Hula habe es in der Nacht palästinensische Berichte über schwere Angriffe gegeben. Ob es sich um die erwartete Reaktion Israels auf den Raketenangriff auf dem Golan handelte, war zunächst jedoch unklar. Von Seiten des israelischen Militärs gab es dazu zunächst keine Mitteilung.

Die angespannte Lage hat die Fluggesellschaften zum Handeln bewogen. Die deutsche Lufthansa und ihre Töchter Eurowings und Swiss Air haben ihre Flüge nach Beirut zunächst bis zum 5. August ausgesetzt. Auch weitere Airlines wie die griechische Aegean haben einzelne Flüge in die libanesische Hauptstadt gestrichen oder verschoben.

fab/sti/ack (dpa, afp, rtr)