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ReiseEuropa

Skifahren im Corona-Winter

Felix Schlagwein
17. November 2020

Im März wurde die Wintersporthochburg in Österreich zum Corona-Superspreader-Ort. Mit einem Hygienekonzept sollte es in dieser Saison besser laufen. Doch Lockdown und Reisewarnungen dämpfen die Erwartungen.

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Österreich Ischgl | Wintersportzentrum | Silvretta Arena
Die Wintersportregion Ischgl-Samnaun an der Grenze zwischen Österreich und Schweiz lebt vom internationalen Tourismus Bild: imageBROKER/picture alliance

Eigentlich sollte der 26. November ein Neuanfang werden. Monatelang hatte sich Ischgl auf diesen Tag vorbereitet. Man wollte in dieser Saison der sicherste Skiort Europas sein, nachdem sich im Frühjahr von hier aus das Coronavirus auf dem ganzen Kontinent ausgebreitet hatte. Doch dann stiegen die Infektionszahlen in Österreich wieder dramatisch an. Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown wird ab Dienstag (17.11.2020) verschärft. Bis zum 6. Dezember gilt ein vollständiger Lockdown inklusive ganztägiger Ausgangssperre.

Österreich Ischgl | Tourismusverband Paznaun | Andreas Steibl
Tourismusdirektor Andreas Steibl setzt auf ein umfangreiches HygienekonzeptBild: Tourismusverband Paznaun

Der Saisonstart, der ersehnte Neuanfang, musste auf Mitte Dezember verschoben werden. Doch ob der Skibetrieb dann tatsächlich beginnen kann, wird davon abhängen, ob der Lockdown wirkt und die Infektionszahlen zurückgehen. "Es ist eine Katastrophe, weil wir keinerlei Planungssicherheit haben", sagt Andreas Steibl, Geschäftsführer des Tourismusverbands Paznaun-Ischgl, im Gespräch mit der DW. Rund 700.000 Euro hat Ischgl seit dem Frühjahr in ein Hygienekonzept investiert, das laut Steibl "weit über die behördlichen Maßnahmen hinausgeht". Die Gesundheit von Gästen und Personal habe oberste Priorität, betont der Touristiker.

Schon vor der Anreise sollen Wintersportler deshalb wenn möglich einen Corona-Test machen, der bei der Ankunft in Ischgl nicht älter als 72 Stunden ist. Wer keinen Test hat, kann sich vor Ort auf eigene Kosten testen lassen. Eine Testpflicht gilt allerdings nur für Mitarbeiter. Sie müssen sich vor Arbeitsantritt und anschließend in regelmäßigen Abständen testen lassen.

Leitsystem für Seilbahnen soll Ansteckungsgefahr minimieren

Österreich Ischgl | Coronavirus | Tourismus
Die Wintersportregion Ischgl-Samnaun an der Grenze zwischen Österreich und Schweiz lebt vom internationalen TourismusBild: Roland Mühlanger/picturedesk.com/picture alliance

Besonders wichtig sind neben Tests und Hygienemaßnahmen die Abstandsregeln. Das gilt vor allem für die Seilbahnen. Allerdings zeigte sich bereits im Oktober, dass nicht alle Skiurlauber solche Maßnahmen ernst nehmen. In den sozialen Netzwerken sorgten Bilder von Wintersportlern, die sich an den Seilbahnstationen des Hintertuxer und Kaunertaler Gletschers tummelten, für Aufsehen.

Solche Zustände wolle man unbedingt vermeiden, sagt Andreas Steibl. Dafür gebe es in Ischgl ein Personenleitsystem mit Abstandkameras, das den Besuchern genau erklären soll, wo sie stehen sollen und wie lange sie warten müssen. Seilbahnmitarbeiter und Sicherheitspersonal würden über Lautsprecher und notfalls auch persönlich eingreifen, sollten die Vorgaben missachtet werden, versichert Steibl. In der Seilbahnkabine selbst gelten, wie auch in allen anderen Skigebieten Österreichs, ebenfalls strenge Abstands- und Hygieneregeln. Das Tragen eines Mundnasenschutzes, der in Ischgl diesen Winter dem Skipass beiliegt, ist wie schon im Wartebereich verpflichtend. Die Gäste sind zudem angewiesen, die Seilbahnkabinen während der Fahrt zu lüften. Letztere würden darüber hinaus mehrfach täglich desinfiziert, versprechen die örtlichen Seilbahnbetreiber.

Après-Ski mal anders

Österreich Ischgl | Coronavirus | Wirt Bernhard Zangler
Gastwirt Bernhard Zangerl will in diesem Winter dafür sorgen, dass alles anders wird im KitzlochBild: Roland Mühlanger/picturedesk.com/picture alliance

Auch abseits der Seilbahnen und Pisten wird Ischgl in diesem Winter anders sein, als es die Touristen gewohnt sind. Denn für viele war der Alpenort nicht nur Wintersportparadies, sondern auch Partyhochburg. Doch Après-Ski wird es in diesem Jahr in Ischgl nicht geben - zumindest nicht so, wie in den vergangenen Jahren. "Es wird einfach anders sein als sonst", sagt Bernhard Zangerl, Wirt des Kitzloch, gegenüber der DW. In seinem Lokal hatten sich im März bei einer Après-Ski-Party zahlreiche Urlauber mit dem Coronavirus angesteckt. Daraus habe man gelernt, sagt Zangerl. Deshalb gibt es im Kitzloch, wie auch überall sonst in Ischgl, in diesem Winter keine laute Musik, keine Tanzfläche und keine Bedienung an der Bar. Speisen und Getränke dürfen nur im Sitzen konsumiert werden. Die Anzahl der Gäste ist, wie auch auf den Berghütten, limitiert. Wer etwas essen oder trinken möchte, muss sich registrieren, entweder über die Ischgl-App oder auf einem Anmeldebogen.

Österreich Ischgl | Coronavirus | Apres-Ski-Bar Kitzloch
Die Après Ski Bar war im März 2020 einer der Corona-Hotspots, in dem sich viele Reisende angesteckt habenBild: Jakob Gruber/dpa/picture alliance

Trotz der schwierigen Umstände ist sich Bernhard Zangerl sicher, dass auch diese Saison ein Erfolg werden kann. "Es ist wichtig, dass wir auch diesen Winter aufmachen", so der Kitzloch-Wirt. Allerdings werde er nur rund halb so viel Personal wie in der vergangenen Saison einstellen können. "So kann der Betrieb auch unter Corona-Bedingungen wirtschaftlich tragbar sein - natürlich vorausgesetzt, dass dann auch Gäste kommen", sagt Zangerl.

Deutsche Reisewarnung trifft Ischgl hart

Genau das bleibt allerdings fraglich. Denn Ischgl ist ein Skiort mit überwiegend internationalem Publikum. Viele Winterurlauber könnten aufgrund der Corona-Beschränkungen in Österreich und ihren Heimatländern in diesen Winter auf einen Skiurlaub im Ausland verzichten. Besonders Deutschlands Reisewarnung für Österreich trifft Ischgl hart: Rund die Hälfte aller Gäste, die den Alpenort jedes Jahr besuchen, kommt aus der Bundesrepublik. "Das ist ein Ausfall, der nicht kompensiert werden kann", sagt Andreas Steibl. Er hofft darauf, dass die deutsche Reisewarnung aufgehoben wird, sobald es die gesundheitliche Lage zulässt. Auch Bernhard Zangerl möchte sobald wie möglich wieder deutsche Gäste in seinem Lokal empfangen. "Eine deutsche Reisewarnung ist nicht nur für Ischgl, sondern für ganz Österreich schädlich", sagt der Kitzloch-Wirt. Doch die Ischgler bleiben zuversichtlich. Die Marktforschung zeige, dass viele Deutsche trotz Corona gerne zum Skifahren nach Ischgl kommen würden, erklärt Andreas Steibl und ergänzt: "Die Sehnsucht ist auf jeden Fall da".