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Irans Präsident Khatami in Aserbaidschan

9. August 2004

Zu den Hintergründen

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Baku, 6.8.2004, SERKALO, russ., S. 2

Nach Meinung einiger Beobachter könnte der Besuch von Mohammad Khatami in Baku der Entwicklung der aserbaidschanisch-iranischen Beziehungen einen starken Impuls verleihen. Khatami, für viele ein liberaler Reformer, setzt bestimmte Hoffnungen auf Baku, was die Verbesserung des Verhältnisses zu seinem Nachbarn betrifft. Gleichwohl haben sich gerade unter Khatami die Beziehungen zwischen beiden Ländern permanent verschlechtert.

Erwähnenswert ist, dass in letzter Zeit Irans Versuche deutlich geworden sind, die Beziehungen zu Aserbaidschan und zur Türkei zu verbessern. Der Außenminister der Islamischen Republik Iran Kamal Kharrazi traf sich in der vergangenen Woche mit dem türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan und sprach mit ihm über die Verbesserung der bilateralen Beziehungen, über regionale Probleme und die internationale Situation. Gleichzeitig verbinden Iran und Aserbaidschan recht starke historische, kulturelle, religiöse, ethnische, geopolitische und andere Bande, die sie zu einer engeren Zusammenarbeit verurteilen.

Erneut zu erwähnen ist, dass die aserbaidschanische Nation seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts geteilt ist. Gegenwärtig leben über 30 Millionen ethnische Aseris im Iran und mehr als acht Millionen im unabhängigen Aserbaidschan. Die iranischen Aseris leben seit langer Zeit in Konfrontation mit den ethnischen Persern und die Probleme der ethnischen aserischen Bevölkerung der Islamischen Republik Iran kompliziert sehr das Verhältnis zwischen Baku und Teheran.

Man könnte also meinen, der Besuch des iranischen Präsidenten in Baku werde wohl kaum etwas an den zwischen den beiden Ländern existierenden Problemen dramatisch ändern. Solange Teheran nicht damit aufhört, die elementaren Rechte der ethnischen Aseris im Iran zu beschneiden und solange es seine voreingenommene Haltung bezüglich des Status des Kaspischen Meeres nicht aufgibt macht es keinen Sinn, von einer Normalisierung der Beziehungen zu sprechen. Genau gesagt - diese Umstände zwingen sowohl Baku als auch Teheran, sich gegenseitig als potentiellen Feind zu sehen.

Die tatsächlichen Interessensunterschiede beider Länder haben immer wieder zu zunehmenden Spannungen geführt, die in letzter Zeit zum Alltag geworden sind und als Katalysator für gefährliche Trends dienten, wie die Konfrontation bei der Öl- und Gasstrategie, so die entgegengesetzten Positionen in der Frage des Status des Kaspischen Meeres und Irans Ansprüche auf aserbaidschanisch Offshore-Ölfelder. (...)

Möglicherweise ist ein wichtiger Grund für den derzeitigen Besuch Khatamis die spürbare Verschlechterung der geopolitischen Lage des Iran. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Besuch sich in erster Linie auf Irans Verhalten positiv auswirken wird, was wiederum zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Ländern führen könnte. Zur Zeit ist Teheran an einer Weiterführung seiner einstigen Konfrontationspolitik gegenüber Baku und Ankara nicht interessiert.

Khatami ist sich sehr wohl bewusst, dass der Iran vom geopolitischen Standpunkt aus gesehen sich zur Zeit in einer ausweglosen Lage befindet: das Land gerät in eine gefährliche geopolitische Isolation und ist mit der Gefahr einer Vergeltungsaktion konfrontiert. Unter diesen Umständen steht Präsident Khatami vor einem schwierigen Dilemma: Er muss entweder seinen bisherigen Kurs fortsetzen und das Land einer Strafaktion preisgeben, von der George Bush sprach, oder er muss die Beziehungen zu Baku und Ankara verbessern und auf diese Weise der Gefahr der Isolierung entgehen.

Teheran weist alle Anschuldigungen des Weißen Hauses zurück. Wie Khatami selbst sagte, hat Iran mehr als ein Mal bewiesen, dass er gegen den Terrorismus ist. (...) Wir dürfen aber nicht vergessen, dass "Uncle Sam's" derzeitige Angriffe gegen Teheran zweifellos mit den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA in Verbindung stehen. Nach ihrer politischen Niederlage im Irak versucht die US-Administration, eine neue Rechtfertigung für ihr Vorgehen in der Region zu finden, unter anderem indem sie die Theorie der iranischen Bedrohung wieder zum Leben erweckt. Nach Ansicht von Beobachtern wird Washington vor allem versuchen, eine Rebellion des unzufriedenen iranischen Volkes gegen das regierende theokratische Regime zu entfachen. Iran wiederum bietet einigen Raum für einen derartigen Plan. Es ist kein Geheimnis, dass Washington die 30 Millionen Menschen im Süden Aserbaidschans [iranisches Aserbaidschan] zu denen zählt, die den Plan unterstützen würden. Ob Khatamis diplomatische Komplimente an Baku damit etwas zu tun haben, bleibt bislang unbeantwortet.

Nach Ansicht des unabhängigen politischen Beobachters Sardust Alisada sollte Aserbaidschan auf keinen Fall irgendwelche Aktivitäten von seinem Territorium aus gegen die Islamische Republik Iran gestatten, die den Nachbarn im Süden verärgern könnten. "Unser Land sollte vorteilhafte Bedingungen für den Ausbau iranischer Unternehmen in Aserbaidschan schaffen und gleichzeitig fordern, dass die andere Seite dabei hilft, aserbaidschanische Unternehmen im Iran zu errichten. Gesorgt werden muss auch für die Sicherheit und Unantastbarkeit iranischen Kapitals in unserem Land und umgekehrt", so der politische Beobachter.

Die Aufgebung der Visumspflicht, die die iranische Seite mehrfach vorgeschlagen habe, wäre seiner Meinung nach ein weiterer positiver Schritt in Richtung Normalisierung der aserbaidschanisch-iranischen Beziehungen. "Die 43 Dollar, die unser Außenministerium von jedem iranischen Bürger verlangt und die 43 US-Dollar, die unsere Bürger zahlen müssen tragen nicht zum Ausbau unserer Beziehungen bei", sagte Alisada. (...)

Seiner Meinung nach gehören die Fehler in der Außenpolitik unseres Landes zu den Gründen, warum die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Iran angespannt sind: "Es wäre vernünftig, den außenpolitischen Kurs Aserbaidschans ein wenig zu ändern. Wir sollten aber nicht nach Regeln, die der Iran aufstellt, spielen. Unsere Außenpolitik sollte nur den Interessen unseres Landes dienen." (...) (TS)