Iranischer Atomphysiker ermordet
27. November 2020Nach einem bewaffneten Angriff sei Mohsen Fachrisadeh im Krankenhaus behandelt worden und dort seinen Verletzungen erlegen, hieß es in iranischen Staatsmedien. Laut den Berichten wurde der 63-Jährige in Ab-Sard, einem Ort östlich der Hauptstadt Teheran erschossen. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif machte Israel verantwortlich. Es gebe "ernsthafte Hinweise" auf eine Beteiligung Israels an dem Anschlag, schrieb Sarif auf Twitter. Er sprach von einem Akt des Staatsterrors. Wie die iranische Nachrichtenagentur Fars berichtet, waren israelische Geheimdienste jahrelang darum bemüht, den Experten für die Herstellung von Raketen auszuschalten. Der Generalstabschef der Streitkräfte, Mohammad Bagheri, sagte, man werde "fürchterliche Rache" üben.
In westlichen Staaten und in Israel sowie bei im Exil lebenden Gegnern der iranischen Führung steht der prominente Wissenschaftler im Verdacht, der Architekt eines verdeckten Atomwaffenprogramms gewesen zu sein, das 2003 eingestellt wurde. Der Iran bestreitet seit langem, nach Atomwaffen zu streben.
Die Internationale Atomenergiebehörde nannte Fachrisadehs Namen in einem Abschlussbericht im Zusammenhang mit offenen Fragen zum iranischen Atomprogramm und insbesondere darüber, ob es auf die Entwicklung einer Atombombe abzielte. In dem Bericht aus dem Jahr 2015 heißt es, Fachrisadeh habe die Aktivitäten "zur Unterstützung einer möglichen militärischen Dimension des (iranischen) Nuklearprogramms" im Rahmen des sogenannten AMAD-Plans überwacht.
"Spezialprojekte"
Auch Israel hat den AMAD-Plan als das geheime Atomwaffenprogramm der Islamischen Republik bezeichnet. Nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll Fachrisadeh sogar weiter für das Verteidigungsministerium an "Spezialprojekten" gearbeitet haben. Das Büro Netanjahus gab zum Tod des Wissenschaftlers keine Stellungnahme ab.
Wer auch immer für den Anschlag verantwortlich ist, laut Beobachtern werden sich die Spannungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten in den letzten Wochen der Präsidentschaft von Donald Trump verschärfen. Er hatte das internationale Atomabkommen mit dem Iran gekündigt, wonach Sanktionen gegen den Iran als Gegenleistung für die Eindämmung seines Atomprogramms aufgehoben wurden. Der designierte US-Präsident Joe Biden hat bereits angekündigt, unter bestimmten Voraussetzungen das Abkommen wieder in Kraft zu setzen.
uh/wa (afp, dpa, rtr)