1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Iran setzt auf einen strengen Kopftuchzwang

16. April 2023

Die kleinen Freiheiten, die sich die Iranerinnen schwer erkämpft haben, sollen ab sofort wieder fallen. Im ganzen Land gilt jetzt ein strenger Strafkatalog, der sich nicht nur gegen aufbegehrende Frauen richtet.

https://p.dw.com/p/4Q8rh
Iran Symbolbild Kopftuch
Niqab, Tschador, Hidschab, offenes Haar: Diese Vielfalt auf Teherans Straßen wird wieder eingedämmtBild: Rouzbeh Fouladi/ZUMAPRESS/picture alliance

"Ab sofort" werde konsequent gegen Frauen vorgegangen, die an "öffentlichen Plätzen, in Fahrzeugen und an anderen Orten" gegen die strengen Kleidervorschriften der Islamischen Republik verstießen, erklärt die iranische Polizei auf ihrer Webseite. Dabei werde auch Videoüberwachung eingesetzt. Die Kamerasoftware mache keine Fehler, heißt es weiter. Es sei aber möglich, Einwände zu erheben.

Schon seit Monaten ist die berüchtigte Moralpolizei, die den Kopftuchzwang mit Patrouillen durchsetzte, fast völlig von den Straßen verschwunden. Viele Frauen in Irans Metropolen tragen inzwischen kein Kopftuch mehr. Anfang April hatten die Behörden angekündigt, die Vorschriften wieder strenger durchzusetzen. Die iranische Justizbehörde bezeichnet das Ablegen des Hidschabs als "Feindschaft gegenüber den Werten" des Iran, was entsprechend bestraft werde.

Unternehmen können geschlossen, Autos beschlagnahmt werden

Folgerichtig spricht auch der Chef der Sicherheitspolizei, Hassan Mofachami, von einer Straftat. Wer gegen das Gesetz verstoße, solle dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Dies gelte auch für Unternehmen, die es zuließen, dass Frauen am Arbeitsplatz ihr Kopftuch ablegten. Sie würden zunächst verwarnt, im Wiederholungsfall müssten sie aber mit ihrer Schließung rechnen.

Polizeichef Achmad-Resa Radan hatte bereits Maßnahmen gegen Autobesitzer angedroht, falls eine der Insassen ohne Hidschab angetroffen werde. Im Wiederholungsfall werde das Fahrzeug beschlagnahmt.

Zudem sollen auch Menschen bestraft werden, die Frauen ermutigen, ihr Kopftuch abzulegen. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr zitierte den stellvertretenden Generalstaatsanwalt Ali Dschamadi, wonach keine Berufung gegen entsprechende Urteile eingelegt werden könne. "Die Strafe für das Verbrechen, andere zu ermutigen, den Hidschab abzulegen, ist härter als die Strafe für das Verbrechen an sich, den Hidschab abzunehmen", sagte er. "Es zeigt eindeutig die Förderung von Korruption." Was genau unter den Tatbestand zur Ermutigung fällt und wie hoch das bestraft werden soll, sagte er nicht.

Ein Regime unter Druck

Mehr als sechs Monate nach Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran steht die politische und geistliche Führung des Landes noch immer unter massivem Druck. Die Aufstände im Herbst stürzten die Islamische Republik in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini Mitte September. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsregeln festgenommen worden war. Seitdem hat die Zahl der Frauen, die sich den Regeln widersetzen, weiter zugenommen.

rb/ack (AFP, AP, dpa, Reuters)