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Politik

Iran bestellt deutschen Botschafter ein

27. Oktober 2022

Der Ton zwischen Teheran und Berlin verschärft sich. Hintergrund sind die anhaltenden regierungskritischen Proteste im Iran - und Deutschlands Reaktion darauf.

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Iran Hans-Udo Muzel, deutscher Botschafter in Teheran
Vertreter in Teheran: Der deutsche Botschafter Hans-Udo Muzel bei einer Veranstaltung im Jahr 2020Bild: MIZAN

Nach der Ankündigung weiterer Strafmaßnahmen gegen den Iran hat die Islamische Republik den deutschen Botschafter Hans-Udo Muzel einbestellt. Teheran werfe Deutschland und namentlich Außenministerin Annalena Baerbock vor, die seit Wochen andauernden regierungskritischen Proteste im Iran zu unterstützen, meldet die staatliche Nachrichtenagentur IRNA. Im Gegenzug wurde in Berlin der iranische Botschafter "zu einem Gespräch (...) geladen", wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß.

USA I Mahnwache zur Unterstützung der iranischen Demonstranten 40 Tage nach der Ermordung von Mahsa Amini
Solidarität im Ausland: Mahnwache für Jina Mahsa Amini vor dem Weißen Haus in WashingtonBild: Drew Angerer/Getty Images

Am Mittwoch hatte Baerbock angekündigt, den Kurs gegen Teheran wegen des harten Vorgehens der Sicherheitsbehörden gegen Demonstranten zu verschärfen. Über die auf EU-Ebene beschlossenen Sanktionen hinaus sollen zusätzliche nationale Einreisebeschränkungen verhängt und ohnehin reduzierte Wirtschaftskontakte heruntergefahren werden.

Sturm auf Behörden

Im kurdisch geprägten Nordwesten des Irans versuchten derweil Demonstranten, mehrere Behördengebäude in der Stadt Mahabad zu stürmen. IRNA zufolge konnte die Polizei eine Besetzung der Gebäude verhindern. Diese Angaben lassen sich derzeit nicht überprüfen. Die Menschenrechtsorganisation Hengaw mit Sitz im norwegischen Oslo berichtet unter Berufung auf Verbindungsleute in der Region, bei den Zusammenstößen mit Sicherheitskräften sei mindestens ein Demonstrant getötet worden.

Iran Anschlag auf den Schah Cheragh Schrein in Shiraz
Anschlag gegen Schiiten: Heiligtum in Schiras nach einem IS-AttentatBild: West Asia News Agency/REUTERS

Der Stabschef der iranischen Streitkräfte, Mohammad Bagheri, machte die Teilnehmer von Protesten mitverantwortlich für ein Attentat vom Mittwoch in der südlichen Millionenstadt Schiras. Die Demonstranten trügen eine Mitschuld an dem Anschlag auf ein schiitisches Heiligtum, bei dem mindestens 15 Menschen getötet wurden, erklärte der Kommandeur. Die sunnitische Terrormiliz "Islamischer Staat" hatte die Tat für sich reklamiert. Der iranische Religionsführer Ali Chamenei und Präsident Ebrahim Raisi kündigten Vergeltung an.

"Kampf gegen Terror"

Der russische Präsident Wladimir Putin versprach in einem Telegramm an Raisi, sein Land werde die Zusammenarbeit mit der Islamischen Republik "im Kampf gegen Terrorismus" verstärken. Die Führung in Teheran bezeichnete zuletzt auch die regierungskritischen Demonstranten als "Terroristen".

Iran I Präsident Ebrahim Raisi
Empfänger eines Telegramms aus Moskau: Irans Präsident Ebrahim Raisi (Archivbild)Bild: Iranian Presidency/ZUMAPRESS/picture alliance

Auslöser der Massenproteste war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die strengen islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll. Die Frau starb am 16. September nach einem vorangegangenen Polizeigewahrsam im Krankenhaus.

Seither protestierten landesweit Zehntausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische Herrschaftssystem. Auch am Mittwoch, dem Ende der traditionellen 40-tägigen Trauerzeit, gab es Kundgebungen in zahlreichen Städten. Nach UN-Angaben wurden seit Beginn der Proteste mindestens 250 Menschen getötet.

jj/se (dpa, afp, rtr)