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PolitikAsien

Wenn Raeissi die Wahl im Iran gewinnt

18. Juni 2021

Ebrahim Raeissi gilt als Kandidat der Hardliner. Dennoch könnte er nach einem Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen im Iran den Kurs Rohanis fortsetzen.

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Iran - Ebrahim Raeissi wurde offiziell zum neuen Justizchef Irans ernannt
Bild: Mizan

Der erzkonservative Präsidentschaftskandidat Ebrahim Raeissi ist für die Iraner keine unbekannte Größe. So war er mitverantwortlich für viele Gräueltaten nach der islamischen Revolution vor gut vier Jahrzehnten, darunter Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen während der 1980er Jahre. Seit 2019 ist Raeissi der Chef der iranischen Justiz. Nun könnte er an diesem Freitag aus den Präsidentschaftswahlen als Sieger hervorgehen.

Für einen Sieg schon im ersten Wahlgang braucht Raeissi die absolute Mehrheit. Diese Mehrheit könnte er auch deshalb knapp erreichen, weil viele von der Politik enttäuschte Iraner den Wahlurnen fernbleiben wollen. Laut der jüngsten Umfrage planen nur 23 Millionen von 59 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abzugeben. Für Ebrahim Raeissi würde es also reichen, wenn ihn zwölf Millionen Iraner wählten.

Unbekannte Größe auf internationaler Bühne

"Viele Beobachter rechnen damit, dass Raeissi die Wahl gewinnt", sagt die Nahost-Expertin Sanam Vakil im Gespräch mit der Deutschen Welle. Vakil ist stellvertretende Direktorin des Nahost-Nordafrika-Programms beim britischen Think-Tank "Chatham House". Sie glaubt, dass ein Wahlsieg Raisis die Europäer in eine schwierigen Position bringen würde. "Raeissi steht seit 2019 wegen Menschenrechtsverletzungen während der landesweiten Proteste von 2019 auf Sanktionslisten der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten."

Ebrahim Raeissi (r.) wäre als Präsident dem Religiösen Führer Chamenei (l.) unterstellt
Ebrahim Raeissi (r.) wäre als Präsident dem Religiösen Führer Chamenei (l.) unterstellt Bild: khamenei.ir

Auf der internationale Bühne sei Raeissi ein unbeschriebenes Blatt, meint Vakil. "Seine Positionen zu wichtigen regionalen oder internationalen Themen sind nicht wirklich bekannt. Ich denke also, dass die europäischen Länder, insbesondere Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich vorsichtig und gleichzeitig geschlossen mit ihm umgehen müssen."

Mögliche Kontinuitäten zwischen Regierungen Rohani und Raeissi

Obwohl Raeissi den internationalen Atomdeal von 2015 scharf kritisiert hatte, betonte er während des Wahlkampfs, wie alle anderen Kandidaten auch, sich an das Abkommen halten zu wollen. Er weiß, dass er in Regierungsverantwortung als Präsident die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes berücksichtigen muss. Die würde sich durch eine Rückkehr der USA zu dem Abkommen und die damit verbundene Aufhebung von Sanktionen verbessern.

Rohanis Außenminister Mohammed Dschawad Sarif leitet derzeit die iranische Delegation bei den internationalen Gesprächen in Wien für die Wiederbelebung des Atomabkommens. Mit den Amerikanern tauschen sich die Iraner dabei bislang nur indirekt über den Umweg der EU-Vertreter aus. Viele Beobachter gehen allerdings davon aus, dass Sarif im Auftrag des religiösen Führers die Gespräche vor der Amtsübernahme des nächsten iranischen Präsidenten im August zum Abschluss bringen wird.

Indirekte Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den USA
Die indirekte Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den USA laufen weiterBild: Dean Calma/IAEA/dpa/picture alliance

Laut iranischen Journalisten hat Sarif auch den Auftrag, sich am Rande der Gespräche in Wien dafür einzusetzen, dass Ebrahim Raeissi von den Sanktionslisten der EU und der USA entfernt wird.

"Iran-Politik muss auf Realismus und Werten gründen"

Ein Bekenntnis zum Atomabkommen allein aber würde der Weltgemeinschaft nicht reichen, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss Bijan Djir-Sarai im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Das Atomabkommen mit dem Iran hat nur einen Sinn, wenn zusätzliche Abkommen beispielsweise über die Rolle des Irans in der Region und über das iranische Raketenprogramm ebenfalls verabschiedet werden".

Aktuellen Meinungsumfragen zufolge könnte Djir-Sarais Partei, die FDP, nach der Bundestagswahl im September als Koalitionspartei der nächsten deutschen Regierung angehören. Für einen Umgang mit dem Iran hat Djir-Sarai klare Vorstellungen: "Ich würde der Europäischen Union, aber auch der deutschen Bundesregierung empfehlen, gegenüber dem Iran eine interessengeleitete Politik aber auch eine werteorientierte Politik zu verfolgen. Das heißt einmal, ganz klar die destruktive Rolle Irans in der Region zu thematisieren, und gleichzeitig die eklatanten Menschenrechtsverletzungen im Iran zu verurteilen."