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Integration durch Fußball: Vereine helfen Flüchtlingskindern

1. November 2024

Der Fußballverein Hertha Bonn hilft mit dem Projekt "Fußball verbindet" geflüchteten Kindern bei der Integration in Deutschland. Was für den Klub eine Selbstverständlichkeit ist, ist dem DFB der Julius-Hirsch-Preis wert.

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Gemeinsam begrüßen sich Trainer und Kinder vor Trainingsbeginn beim Projekt "Fußball verbindet"
Rituale sorgen für ein Wir-Gefühl: gemeinsame Begrüßung vor TrainingsbeginnBild: Thomas Klein/DW

Mit wenigen Handzeichen macht Salim Mehdaoui den Kindern in der Sporthalle der Till-Eulenspiegel Grundschule klar, was er von ihnen möchte. Alle versammeln sich in der Mitte und bilden einen Kreis. Leicht nervös wippen einige von einem Bein auf das andere, mit großen Augen schauen sie den Trainer an und warten bis sie an der Reihe sind.

Salim hält einen Fußball unter seinem Arm und nachdem alle ihren Namen gesagt haben, beginnt das Training. "Die Kinder gewöhnen sich hier an die Rituale, die wir haben. Das sind die gemeinsamen Begrüßungen und Verabschiedungen", erklärt der Trainer im DW-Interview. Es gehe ihm neben dem Sport aber auch um das soziale Miteinander aller Teilnehmenden, betont Salim.

Trainer Salim Mehdaoui begrüßt Flüchtlingskindern zum Fußballtraining
Schnelleres Kennenlernen: Trainer Salim Mehdaoui und die Flüchtlingskinder nennen zu Beginn des Fußballtrainings ihre NamenBild: Thomas Klein/DW

Der soziale Umgang ist wichtig, denn die Kinder kommen aus einer nahegelegenen Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen. "Für die Kids sind solche Trainingseinheiten wichtig, weil viele auf der Flucht die Erfahrung gemacht haben, dass immer der Stärkere gewinnt. Das heißt, oft ist das Verhalten der Kinder ein bisschen rabiat", sagt Antje Nekhili der DW.

"Und hier wird ihnen beigebracht wieder Rücksicht zu nehmen. Die Kinder bekommen so wieder spielerisch ein gutes Sozialverhalten beigebracht." Nekhili ist Ehrenamtskoordinatorin der Flüchtlingsunterkunft und hat im März 2022 gemeinsam mit dem Fußballverein Hertha Bonn das Projekt "Fußball verbindet" ins Leben gerufen.

Sprachbarrieren als Herausforderung

Es ist soweit, endlich rollt der Ball. Es wird laut in der kleinen Halle. Lautes Lachen mischt sich mit Torjubel - die Freude ist sichtbar und ansteckend. "Es erfüllt mich mit Freude", sagt Salim. "Man sieht, dass es den Kindern guttut und das motiviert mich weiterzumachen." Als das Projekt vor zwei Jahren startete, absolvierte der Student gerade sein freiwilliges soziales Jahr bei Hertha Bonn. Salim entwickelte einen Leitfaden, denn vor allem die Kommunikation mit den Kindern bereitete ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen anfangs Probleme.

Ein Mädchen läuft beim Fußballtraining in der Till-Eulenspiegel Grundschule in Bonn mit dem Ball am Fuß
Beim Fußballtraining in der Till-Eulenspiegel Grundschule in Bonn spielen Mädchen und Jungen gemeinsamBild: Thomas Klein/DW

"Es ist natürlich eine Herausforderung, weil man Sprachbarrieren hat und weil man jedes Mal neue Kinder beim Training hat, mit denen man zu tun hat." Jörg Michael, der 2. Vorsitzende des Bonner Vereins ergänzt: "Die Kinder kommen aus verschiedenen Ländern und sprechen oft keine gemeinsame Sprache." Daher sei es immer eine Herausforderung für alle Trainerinnen und Trainer alle Kinder mitzunehmen, so Michael gegenüber der DW.

Salim nahm sich des Problems an und entwickelte gemeinsam mit den Verantwortlichen des Bonner Fußballvereins Lösungen. Die Kommunikation - wenn es mal nicht in Englisch oder Französisch funktioniert - läuft nonverbal mit kleinen Karten, die Salim den Kindern zeigt. Denn es sei nicht immer eine gemeinsame Sprache nötig, erklärt Nekhili. "Auf diese Weise können verfeindete Kulturen zu Freunden werden, weil sie in einer Mannschaft spielen." Der Verein nutzt Fußball als gemeinsame Sprache, denn die, so Michael, werde weltweit immer verstanden.

DFB: "Ein beeindruckendes Beispiel von Selbstlosigkeit"

"Fünf Minuten Pause" oder ein einfaches Zeichen für "Stopp" sind auf den Karten zu erkennen, so dass die Kinder genau verstehen, was los ist. Und es funktioniert, denn das Projekt ist ein voller Erfolg und wurde kürzlich vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit dem Julius-Hirsch-Preis ausgezeichnet.

Unter der Leitung von DFB-Präsident Bernd Neuendorf wurde Hertha Bonn unter den 134 Bewerbern ausgewählt. Der Verband nannte es "ein beeindruckendes Beispiel von Selbstlosigkeit, denn künftige Vereinsmitglieder gewinnt man dadurch nicht." Alle Kinder verlassen schon nach wenigen Tagen oder Wochen die Bonner Einrichtung wieder.

Vereine können bei Integration helfen

Trotz eines meist kurzen Aufenthaltes profitieren die Kinder von den wöchentlichen Trainingseinheiten. Neben der Ablenkung von ihrem Alltag in der Flüchtlingsunterkunft, lernen sie soziale Kompetenzen und bekommen einen Einblick in die deutsche Kultur. "Die Einheiten verändern das Verhalten der Kinder, denn die, die schon einmal bei der Fußball-AG dabei waren, können anderen Kindern helfen", freut sich Nekhili. "Sie unterstützen sich und geben ihr Wissen an andere weiter."

Für Jörg Michael zeigt dieses Projekt auch, wie wichtig solche Projekte beim Thema Integration sein können. "Es sollte Aufgabe von Vereinen sein sich sozial zu engagieren" sagt er. "Deswegen haben wir den Leitfaden entwickelt und wollen so zeigen, wie einfach es sein kann solche Trainings anzubieten."

Nach nur 60 Minuten ist die heutige Einheit vorbei. Viel zu schnell, wenn es nach den Kindern geht. Zum Abschied bilden alle noch einmal einen Kreis und rufen mit der verbliebenen restlichen Energie lautstark "Fußball" - alle in einer Sprache und alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht.