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Ingmar Bergman zum Lesen

10. Februar 2011

Ingmar Bergman ist in Berlin derzeit überall präsent. Davon profitiert auch der Leser. Der kann sich gleich mehrfach informieren.

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Buchcover des Bandes Essays, Daten, Dokumente, erschienen bei (Foto: Bertz Verlag)
"Essays, Daten, Dokumente"

Ingmar Bergman ist ein Glücksfall für seine Bewunderer. Es kommt nicht gerade häufig vor, dass man sich über einen Filmemacher so umfassend informieren kann wie über den schwedischen Regisseur - noch dazu auf dem ausgedünnten deutschsprachigen Filmbuchmarkt. Anlass ist natürlich die große Bergman-Retrospektive der Berlinale sowie die parallel dazu ausgerichtete Ausstellung zum Werk des Schweden im Filmmuseum. Gleich zwei aktuelle Veröffentlichungen sind dazu gerade erschienen, außerdem wurde die lesenswerte Autobiografie Bergmans neu aufgelegt, eine weitere Monografie ist gerade ein paar Monate alt. Doch der Reihe nach.

Ingmar Bergman und Liv Ullmann 1967 (Foto: AP Photo)
Ingmar Bergman und eine seiner späteren Musen: Liv UllmannBild: AP

Essays, Daten, Dokumente

...heißt das offizielle Begleitbuch zur Retrospektive, dass im wesentlichen um die fünf Themenfelder "Suche - Künstler - Glaube - Beziehungen - Leben und Arbeit" kreist. Die kurzen Essays stammen alle aus der Feder der Filmjournalistin Marion Löhndorf. "Bergmans Charaktere hören nie auf, im Sinne ihres Erfinders, Drehbuchautoren und Regisseurs, zu dessen alter ego sie oft werden, Fragen zu stellen. Dieser forschende, skeptische, manchmal fast querulantische Gestus des widerständigen Zweifels und des Mehr-Sehen-Wollens begleitet Bergmans gesamte Karriere", schreibt Löhndorf und fächert die von Bergman in seinen Filmen gestellten Fragen in den einzelnen Kapiteln weiter auf. Dabei wird auf eine scharfe Abgrenzung verzichtet.

So heißt es im Kapitel "Suche" zum Frühwerk "Fängelse" ("Gefängnis"): Hier streife der Regisseur "die Frage nach der Existenz Gottes, das Faszinosum der weiblichen Psyche, die Überlagerung von Traum und Wirklichkeit, die Beschäftigung mit dem Thema Künstler und die Betrachtung korrosiver Paarbeziehungen." Bergman lässt sich auch in seinen auf wenige Personen reduzierten Kammerspielen kaum auf fest umrissene Sujets beschränken. Personenzeichnung, Handlung, Themendurchdringung sind bei Bergman stets vielfältig und differenziert angelegt, hüten immer ein letztes Geheimnis, die filmischen Formen variieren. Das wird auch in den zahlreich im Buch abgedruckten zeitgenössischen Kritiken deutlich.

Von Lüge und Wahrheit

Cover des Ausstellungskatalogs Von Lüge und Wahrheit (Foto Bertz Verlag)
Ausstellungskatalog "Von Lüge und Wahrheit"

Welch unglaublich reiches und vielfältiges Werk Bergman hinterlassen hat, das kann man sich auch im Filmmuseum anschauen. Der schwedische Regisseur ordnete noch kurz vor seinem Tod 1997 seinen Nachlass. Berlin erhielt nun die Chance diese Exponate erstmals vollständig zu präsentieren. Dabei sind Fotos und Drehbücher, Korrespondenzen und autobiografische Skizzen, Kostüme und andere Devotionalien.

"Ingmar Bergman - Von Lüge und Wahrheit" heißt der Katalog zu Schau, in dem Weggefährten wie Bewunderer seines Werks zu Wort kommen. Regisseure wie Bille August und Schauspielerinnen wie Harriet Anderson berichten über ihre Zusammenarbeit, Michael Haneke, Margarethe von Trotta und Hans Christian Schmid über ihre Faszination für Bergman. Henning Mankell schließlich schreibt über einen geplanten Film über den Regisseur. Der Band überzeugt vor allem auch durch seine zahlreichen Fotos, die einen Eindruck geben von der bildnerischen Kraft der Filme.

Laterna Magica

Buchcover der Autobiografie "Laterna Magica" (Foto: Alexander Verlag)
Die Autobiografie: "Laterna Magica"

Das Leben und Werk unbedingt zusammengehören bei diesem Filmkünstler, dass lässt sich am besten in der 1987 in Schweden erschienenen Autobiografie "Laterna Magica" nachlesen, die jetzt von seinem deutschen Verlag zur Retrospektive, ergänzt durch einen Bildteil und eine Filmografie, neu aufgelegt wurde. Verblüffend immer wieder nachzulesen, wie sich bestimmte Ereignisse und Träume in seinen Filmen widerspiegeln - zum Teil noch nach Jahrzehnten. So verarbeitete Bergman seine Erlebnisse als sechzehnjähriger Austauschschüler in Deutschland zunächst in einem Hörspiel, 1963 dann in seinem weltberühmten Film "Das Schweigen" und Jahre später noch einmal, während seines deutschen Steuerexils, im Film "Das Schlangenei".

Bergmans Leben und Werk sind untrennbar miteinander verflochten - das kann man immer noch am besten in seiner Autobiografie nachlesen.

Wanderung durch das Werk

Buchcover des Bandes der Film-Konzepte mit Szene aus Fanny und Alexander (Foto: text und kritik Verlag)
Chronologische Filmografie

Einen sehr übersichtlichen, chronologisch angelegten Überblick über die Filme des schwedischen Regisseurs erlaubt der Sonderband der "edition text + kritik" über Ingmar Bergman von Thomas Koebner. Als Alternative zum offiziellen Retro-Band empfiehlt sich das Buch schon deshalb, weil hier ein Kenner des Werks dem Leser einen Blick aus heutiger Perspektive ermöglicht. Koebner fasst den Inhalt der einzelnen Filme jeweils zusammen, ordnet sie in das Gesamtwerk ein und scheut auch vor kritischen Bewertungen nicht zurück. Ein ebenso kenntnisreicher wie gut lesbarer Blick von den Anfängen ("Krise" , 1946) bis zu den späten Werken seiner Mitarbeiter ("Treulose", 2000, Regie: Liv Ullmann).

Ingmar Bergman: "Essays, Daten, Dokumente" hrsg. von der Deutschen Kinemathek, Bertz + Fischer Verlag 2011, 248 Seiten, ISBN: 978-3865052087, 22,90 Euro.

Nils Warnecke und Kristina Jaspers (Hrsg.): "Ingmar Bergman: Von Lüge und Wahrheit", Bertz + Fischer Verlag 2011, 136 Seiten, ISBN: 978-3865052070, 17,90 Euro.

Ingmar Bergman: "Laterna Magica. Autobiografie", Alexander Verlag 2011, 432 Seiten, ISBN 978-3-89581-247-7, 24,90 Euro.

Thomas Koebner: "Ingmar Bergman - Eine Wanderung durch das Werk", Sonderband der Reihe Film-Konzepte, edition text + kritik 2009, 196 Seiten, ISBN: 978-3883779201, 32,80 Euro.

Autor: Jochen Kürten

Redaktion: Conny Paul