1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Indonesien verbietet außerehelichen Sex

6. Dezember 2022

Das Parlament in Indonesien hat ein neues Strafgesetzbuch abgesegnet. Eine zentrale Neuregelung ist besonders umstritten: Denn Sex außerhalb der Ehe ist künftig untersagt. Bei Verstößen droht bis zu einem Jahr Haft.

https://p.dw.com/p/4KWHO
Indonesien Hochzeitspaar
Sex nur noch nach Eheschließung? Eine Hochzeitszeremonie im indonesischen SiwaBild: Hariandi Hafid/Zuma/IMAGO

Nicht nur Sex unter Unverheirateten wird verboten: Auch dürfen Paare dem Gesetz zufolge nicht mehr vor der Ehe zusammenleben. Bei einem Verstoß drohen sechs Monate Haft. Die neue gesetzliche Regelung wurde mit Unterstützung aller politischen Parteien verabschiedet und gilt für Indonesier und Ausländer gleichermaßen. Sie soll allerdings erst 2025 in Kraft treten, damit die erforderlichen Durchführungsbestimmungen ausgearbeitet werden können.

Kritiker hatten das Abgeordnetenhaus zuvor dringend aufgefordert, das Gesetzespaket nicht zu verabschieden, weil es die Bürgerrechte im größten islamisch geprägten Land der Erde verletze. "Indonesien will den Weg der rechtsverletzenden Katastrophe einschlagen, indem es außerehelichen Sex unter Strafe stellt", warnte Phil Robertson, stellvertretender Asien-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, vor wenigen Tagen auf Twitter.

Schädlich für den Tourismus?

Im Vorfeld hatten Wirtschaftsverbände in dem südostasiatischen Inselstaat gewarnt, die Neuregelung könne Touristen abschrecken und Investitionen beeinträchtigen. Maulana Yusran, stellvertretender Leiter der indonesischen Tourismusbehörde, sagte, das neue Gesetz sei "völlig kontraproduktiv" zu einer Zeit, in der die Wirtschaft und der Tourismus gerade dabei seien, sich von der Corona-Pandemie zu erholen.

Allerdings darf die Polizei nur Ermittlungen zu sexuellen Fragen aufnehmen, wenn ein Familienmitglied eine Beschwerde einreicht. Dieser Punkt gilt als Kompromiss zwischen Liberalen und Konservativen im Parlament. Beobachter gehen davon aus, dass etwa Touristen und Touristinnen auf der Urlaubsinsel Bali somit von dem Gesetz kaum betroffen sein dürften.

Erste Straßenproteste

Am Montag waren in mehreren indonesischen Städten Hunderte Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen das Vorhaben zu protestieren. Bereits 2019 hatte es einen Gesetzesentwurf für das Strafgesetzbuch gegeben, der wegen Massenprotesten aber zunächst verschoben wurde.

Indonesien Protest Menschenrechtsaktivisten vor Parlamentsgebäude
Menschenrechtsaktivisten protestieren vor dem Parlamentsgebäude gegen die NovelleBild: Eko Siswono Toyudho/AA/picture alliance

Zwar gelten außerehelicher Sex sowie homosexuelle Beziehungen in der drittgrößten Demokratie der Welt bisher nicht als Straftat, jedoch wurde beides in dem konservativen Land als Tabu betrachtet. Nur in der Provinz Aceh an der Nordwestspitze der Insel Sumatra wird das islamische Rechtssystem der Scharia umgesetzt. Sex außerhalb der Ehe wird dort mit bis zu 100 Stockhieben bestraft.

Juristisches Überbleibsel aus der Kolonialzeit

Die Neufassung des Strafgesetzbuches enthält auch Verbote für schwarze Magie, die Beleidigung des Präsidenten oder staatlicher Institutionen sowie die Durchführung von Protesten ohne Anmeldung. Einige Parlamentarier begrüßten die Verabschiedung des Strafgesetzbuches nach jahrzehntelanger Vorarbeit als dringend notwendige Überholung eines Überbleibsels aus rund 350 Jahren niederländischer Kolonialherrschaft. "Das alte Gesetzbuch gehört zum niederländischen Erbe und ist heute nicht mehr jetzt nicht mehr relevant", sagte Bambang Wuryanto, Leiter der parlamentarischen Kommission, die für die Überarbeitung des Gesetzbuches zuständig ist.

kle/sti (dpa, ape, rtre, afpe)