Indiens umstrittenes Gesetz gegen Kinderarbeit
Ein neues Gesetz in Indien verbietet jede Form der Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren. Doch eine Ausnahmeregelung gilt den Familienbetrieben. Kinderrechtsaktivisten sehen das Gesetz deswegen sehr kritisch.
Milch und Kekse als Lohn
50 Millionen Kinder arbeiten schätzungsweise in Indien. Nach Angaben der letzten Volkszählung müssen mindestens 12,6 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren arbeiten, wie hier auf einer Baustelle in der Hauptstadt Neu-Delhi. Die Auftraggeber nehmen nicht nur die erwachsenen Bauarbeiter unter Vertrag, sondern auch deren Kinder. Als Löhne gibt es Kekse, Milch und ein warmes Mittagessen.
Indien verschärft Gesetz gegen Kinderarbeit
Durch das neue Gesetz dürfte das Mädchen auf dem Foto nicht mehr auf der Baustelle arbeiten. Auch die Vermittlung von Kindern wird nun als Straftat geahndet. Im Übrigen besteht laut indischer Verfassung für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren Schulpflicht.
Armut als Ursache
Der Junge arbeitet im Bundesstaat Meghalaya in einem Bergbaubetrieb. Kinder und Erwachsen müssen durch ungesicherte Minischächte kriechen, um die Kohle mit Hammer und Meißel abzubauen. Die Löhne von umgerechnet 150 Dollar in der Woche sind deutlich höher als in anderen Berufen. Das führt dazu, dass Eltern ihre Kinder als Einnahmequelle sehen und sie nicht auf die kostenfreien Schulen schicken.
Gesetz mit Ausnahmeregelung
Das neue Gesetz gewährt zu viele Ausnahmen. So darf der 11-jährige Mohammad Abdul Salem weiter in der Autowerkstatt seines Vaters arbeiten. Menschenrechtsorganisationen laufen gegen das neue Gesetz Sturm.
Gesetz lässt zu viel Spielraum
Das Gesetz lasse sich durch Ausnahme für Familienbetriebe "leicht umgehen", so der Schutzverein SOS-Kinderdorf. "Der Begriff Familie ist in Indien extrem dehnbar. Es ist daher schwer nachzuvollziehen, ob ein Kind nicht von irgendeinem entfernten Verwandten ausgebeutet wird", sagt die SOS-Sprecher Louay Yassin.
Misstrauen von UNICEF
Kinder von den ärmsten Familien würden durch das Gesetz benachteiligt, befürchtet das Kinderhilfswerk UNICEF. Die UN-Institution fordert die sofortige Abschaffung sämtlicher Ausnahmeregelungen und die Etablierung eines Überwachungsmechanismus, um die Regelung auch durchzusetzen.
Unsichtbare Kinderarbeit
"Mit dem neuen Gesetz wird die Kinderarbeit unsichtbarer", sagt Euphrates Gobina, UNICEF-Bildungsbeauftragte in Indien. Kinderarbeit wird in die Familien verlagert. Für ihr Recht auf Bildung gehen Kinder in Indien auf die Straßen. Wie auf dem Bild fordern sie Schulpflicht für alle.
"Kinder gehören in die Schule!"
Die Forderung steht hier auf den Tafeln bei der Protestaktion in der Hauptstadt Neu-Delhi.