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Indien jubelt: Gukesh ist jüngster Schach-Weltmeister

Andreas Sten-Ziemons mit AFP, Reuters | Holger Hank
12. Dezember 2024

Im Duell um die Schach-Weltmeisterschaft setzt sich Herausforderer Dommaraju Gukesh gegen Ding Liren aus China durch. In der 14. Partie profitiert der 18-jährige Inder von einem schweren Fehler des Titelverteidigers.

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Schach-WM - Schach-Weltmeister Gukesh
Sieg in Singapur: Dommaraju Gukesh ist der neue Schach-WeltmeisterBild: FIDE/dpa/picture alliance

Als die Entscheidung feststand, brach der neue Schach-Weltmeister erst einmal in Tränen aus - zu groß war die Freude, zu groß war zuvor auch die Anspannung gewesen. Das Final-Duell zwischen dem neuen Champion Dommaraju Gukesh aus Indien und Titelverteidiger Ding Liren aus China, das in Singapur gespielt wurde, war eng und bis zuletzt spannend.

Vor der entscheidenden 14. Partie hatte es zwischen den beiden Kontrahenten 6,5:6,5 gestanden. Und auch die 14. von 14 möglichen Partien war lange ausgeglichen. Alles schien auf ein Remis und einen Schnellschach-Stichkampf hinauszulaufen. Dann aber nutzte Gukesh einen Patzer seines Gegners im 55. Zug und verschaffte sich den entscheidenden Vorteil, der Ding nach dem 58. Zug zur Aufgabe zwang.

Während der Chinese kurz gratulierte und schnell die Bühne verließ, blieb Gukesh fast bewegungslos auf seinem Stuhl sitzen, hielt sich die Hände vor das Gesicht und weinte. Danach baute er erst einmal die Schachfiguren auf dem Brett wieder auf - wohl auch, weil er noch einen Moment brauchte, um sich zu sammeln, bevor er zu seinen Betreuern ging und anschließend vor die wartenden Journalisten trat.

Mentale Probleme bei Ding Liren

Gukesh war trotz seiner Jugend als Favorit in das fast dreiwöchige Rennen um die Schach-Krone gegangen. Ding hingegen hatte nach seinem Titelgewinn Anfang 2023 nur noch wenig gespielt und offen über seine mentalen Probleme berichtet. Vor dem WM-Kampf war er immer weiter in der Weltrangliste abgerutscht.

Schach-WM Singapur | Ding Liren (China) - Dommaraju Gukesh (Indien)
Immer auf Augenhöhe: Chinas erster Schach-Weltmeister Ding LirenBild: Seshadri Sukumar/Zuma/picture alliance

In Singapur präsentierte sich der Chinese allerdings als großer Kämpfer. Gleich in der ersten Runde gelang ihm ein Sieg. In der Folge verteidigte er sich umsichtig und erspielte sich auch immer wieder kleine Vorteile, die er aber meist nicht in volle Punkte ummünzen konnte. Am Ende kostete ihm ein Konzentrationsfehler in einer Remis-Stellung die Partie und den Titel.

"Als ich verstanden habe, dass ich gewonnen hatte - das war wahrscheinlich der beste Moment meines Lebens", sagte Gukesh in der Pressekonferenz nach seinem knappen Erfolg: "Seit ich mit sechseinhalb oder sieben Jahren angefangen habe, Schach zu spielen, habe ich davon geträumt. Jeder Schachspieler möchte diesen Moment erleben, aber nur sehr wenige bekommen tatsächlich die Gelegenheit."

Jüngster Schach-Weltmeister der Geschichte

Der 18-Jährige ist nun jüngster Weltmeister der Schach-Historie. Der Russe Garry Kasparow war 1985 bei seinem WM-Sieg gegen seinen Landsmann Anatoly Karpow vier Jahre älter als Gukesh. Gukesh ist nach Viswanathan Anand der zweite Inder, der den WM-Titel erringen konnte. Neben der Ehre, neuer und jüngster Schach-Weltmeister zu sein, darf sich Gukesh zudem über ein Preisgeld von 1,3 Millionen US-Dollar freuen. Ding bekommt immerhin noch 1,2 Millionen. 

 

Am Erfolg des jungen Inders war auch ein Deutscher beteiligt. Nach der 14. Partie teilte Deutschlands Spitzenspieler Vincent Keymer mit, er habe Gukesh als Sekundant unterstützt. Die WM-Finalisten werden im Hintergrund von hochkarätigen Teams begleitet, die insbesondere bei der Vorbereitung der Eröffnungszüge helfen.

Im Augenblick des Sieges hatte Gukesh lobende Worte für seinen Gegner. "Wir alle wissen, wer Ding ist. Er war über mehrere Jahre einer der besten Spieler der Geschichte", sagte Gukesh. "Zu sehen, welchem Druck er ausgesetzt war und wie sehr er in diesem Match gekämpft hat, macht ihn für mich zu einem wahren Weltmeister." 

Ding dagegen war niedergeschlagen. "Es war ein Schock, als ich erkannt habe, dass ich einen Fehler gemacht habe. Es hat ein wenig gedauert. Ich hätte wohl besser noch ein wenig gewartet", sagte er und seufzte. "Morgen gibt es keine weitere Partie mehr."