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Deutsch lernen

Im Osten nichts Neues

Samson, Oliver13. Januar 2013

Abriss statt Aufbau: Ostdeutschland steht mehr als zwanzig Jahre nach der Wende noch immer vor großen bevölkerungspolitischen Problemen. Einige Großstädte boomen - die ländlichen Regionen leiden.

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Blühende Landschaften in Ostdeutschland versprach der ehemalige Kanzler Helmut Kohl einst im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung. Und man kann sie auch finden: in und um Berlin, Dresden, Leipzig, Erfurt. Anderswo blüht Unkraut vor zugemauerten Eingängen und zerstörten Fenstern. Hunderttausende Wohnungen stehen in Ostdeutschland leer. Mehr als 300.000 Wohnungen wurden zwischen 2002 und 2010 abgerissen.

Die Bevölkerung Ostdeutschlands könnte sich laut Prognose bis 2050 halbieren. Dabei schrumpfen vor allem industrialisierte Mittelstädte wie etwa Eisenhüttenstadt. Seit 1990 ist dort die Einwohnerzahl von über 50.000 auf 27.000 gesunken. Auch den ländlichen Regionen bleibt wenig Hoffnung. Manche Dörfer und Kleinstädte werden langfristig kaum überleben.

Auf der Suche nach Arbeit verlassen besonders die Menschen mit hoher Bildung ihre Heimat. Und das sind vor allem junge Frauen, denn die machen in den neuen Bundesländern doppelt so häufig Abitur wie Männer. Sie finden anderswo gute Jobs und zu Hause immer weniger Partner, die das gleiche Bildungsniveau haben. Auch deshalb sinkt die Zahl der Geburten immer weiter - und dabei werden schon heute nirgendwo in Europa weniger Kinder geboren als in Ostdeutschland. Die Abwärtsspirale dreht sich. Schulen und Läden schließen, Häuser stehen leer, Wohnungen verfallen.

Schwarzsehen will man im Osten aber nicht. Und tatsächlich könnte im Schrumpfen eine Chance liegen, meint der Architekt Philipp Oswalt. "Der Prozess der vergangenen Jahre bringt Ostdeutschland sogar einen Entwicklungsvorsprung", sagt Oswalt. Denn auch in Westdeutschland schrumpft die Bevölkerung. Ostdeutschland zeigt wie im Zeitraffer, was auch in Teilen Westdeutschlands ablaufen wird, so Oswalt.


Glossar

Abriss (m., nur Singular) - hier: das Kaputtmachen z. B. von einem Gebäude (Verb: etwas abreißen)

Wende (f., hier nur Singular) - hier: die friedliche Revolution in der ehemaligen DDR 1989/1990

boomen, etwas boomt - etwas (z. B. die Wirtschaft) wächst stark; etwas entwickelt sich sehr gut

anderswo - an einem anderen Ort

etwas zumauern - eine Öffnung in einer Mauer mit Steinen zumachen

laut - hier: nach Angaben von; wie jemand gesagt oder geschrieben hat

Prognose, -n (f.) - eine Aussage darüber, wie sich etwas in der Zukunft entwickeln wird

sich halbieren - etwas wird um die Hälfte kleiner oder weniger

schrumpfen - kleiner oder weniger werden

Mittelstadt, -städte (f.) - eine Stadt mit einer Einwohnerzahl von 20.000 bis 100.000

langfristig - hier: auf einen längeren Zeitraum bezogen; auf lange Sicht

neue Bundesländer (n., meist im Plural) - die fünf östlichen Länder der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der ehemaligen DDR

Abwärtsspirale, -n (f.) - eine negative Entwicklung, die sich selbst immer wieder verstärkt

verfallen, etwas verfällt - hier:etwas (ein Haus, Gebäude) geht langsam kaputt

schwarz|sehen - die Entwicklungen in der Zukunft negativ beurteilen

Vorsprung, -sprünge (m.) - der Abstand, den jemand/etwas vor jemand/etwas anderem hat

Zeitraffer (m., nur Singular) - ein zeitlicher Ablauf von Ereignissen (im Film), der schneller ist als in der Wirklichkeit

ab|laufen, etwas läuft ab - hier: etwas passiert (über einen längeren Zeitraum); etwas geschieht


Fragen zum Text

1. Wie viele Wohnungen sind in Ostdeutschland nicht bewohnt?
a) Hunderttausende
b) 300.000
c) 27.000

2. In Ostdeutschland werden immer weniger Kinder geboren, weil …
a) Arbeitslose grundsätzlich weniger Kinder kriegen.
b) immer mehr Männer ohne Partnerin leben möchten.
c) vor allem Frauen die neuen Bundesländer verlassen.

3. Die Einwohnerzahl von Eisenhüttenstadt …
a) hat sich seit 1990 fast halbiert.
b) ist seit 1990 auf 50.000 gefallen.
c) hat sich seit 1990 verdoppelt.

4. Menschen, die ihre Heimat nie verlassen, gehen … hin.
a) anderswo
b) nirgendwo
c) irgendwo

5. Viele Frauen finden keinen Partner, … sie heiraten wollen.
a) der
b) dem
c) den


Arbeitsauftrag:
Nicht nur im Osten Deutschlands schrumpft die Bevölkerung, auch in Teilen Westdeutschlands. Recherchiert im Internet, welche Gebiete besonders betroffen sind und warum. Macht euch Stichworte und stellt die Regionen kurz in der Klasse vor.