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IG Metall: Größte Gewerkschaft hat erstmals Chefin

23. Oktober 2023

Die größte deutsche Gewerkschaft, die Industriegewerkschaft Metall war lange das Paradebeispiel einer männlich dominierten Organisation. Nun übernimmt erstmals eine Frau das Ruder.

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Deutschland Frankfurt am Main | Gewerkschaftstag IG Metall - Christiane Benner
Die neue IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner neben ihrem Vorgänger Jörg Hofmann (r.)Bild: Arne Dedert/dpa/picture alliance

Auf dem Gewerkschaftstag in Frankfurt wählten die Delegierten am Montag die bisherige Vize-Vorsitzende Christiane Benner für vier Jahre zur Ersten Vorsitzenden. Die 55-jährige Soziologin erhielt 96,4 Prozent Zustimmung, wie die Wahlkommission mitteilte.

Benners Vorgänger Jörg Hofmann (67) war nach zwei Amtszeiten aus Altersgründen nicht mehr angetreten.

Mehr als 130 Jahre Geschichte

In ihren rund 132 Jahren Geschichte hatten die Industriegewerkschaft (IG) Metall und ihre Vorgängerorganisationen bislang ausschließlich männliche Vorsitzende.

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem Dachverband zahlreicher Einzelgewerkschaften, steht mit Yasmin Fahimi bereits seit Mai 2022 eine Frau an der Spitze. Sie gehörte auch zu den ersten, die Christiane Benner nach der Wahl gratulierten.

Die IG Metall gilt mit knapp 2,2 Millionen Mitgliedern als größte, staatlich unabhängige Gewerkschaft weltweit. Sie vertritt die Interessen von Beschäftigten der Stahl-, Metall- und Elektroindustrie sowie des Maschinenbaus und der Textilindustrie.

In diesen Branchen arbeiten überwiegend Männer. Der Frauenanteil in der IG Metall liegt bei knapp 20 Prozent.

Auf dem Gewerkschaftstag sind von 421 Delegierten 142 weiblich, die satzungsgemäße Quote wurde mit rund 34 Prozent deutlich übertroffen.

Ziel: Arbeitsplätze sichern

Beschäftigung zu sichern beim Umbau der Industrie zum klimaneutralen Produzieren ist wichtigstes Ziel der IG Metall in den kommenden Jahren. "Unsere Industrie in Deutschland muss weiterentwickelt und nicht abgewickelt werden", forderte Benner. "Wir kämpfen um jede Beschäftigte und jeden Beschäftigten."

Unternehmen investieren immer mehr im Ausland wegen niedrigerer Energiekosten und Löhne dort. Während die IG Metall Abstriche bei den Tarifen nicht zulässt, ist sie bei den Energiekosten auf einer Linie mit den Unternehmen und fordert einen subventionierten Brückenstrompreis für energieintensive Branchen. Stahl- oder Chemieindustrie sollen so die Umstellung auf klimaneutrale Produktion stemmen können, bis Strom durch den Ausbau erneuerbarer Energien wieder billiger wird.

Um den Strukturwandel zu klimaneutraler und digitalisierter Wirtschaft mitgestalten zu können, will Benner die Mitbestimmung der Betriebsräte in den Unternehmen stärken - zum Beispiel, um Alternativen bei drohender Schließung von Standorten durchzusetzen. Um hier mehr Ressourcen hereinzustecken, wird der geschäftsführende Vorstand von sieben auf fünf Posten verkleinert.

Von der Fremdsprachenkorrespondentin zur Chefin

Anders als ihre männlichen Vorgänger lernte die in Hessen aufgewachsene Benner keinen klassischen Metallberuf, sondern begann ihr Berufsleben als Fremdsprachenkorrespondentin.

Beim Maschinenbauer Schenck in Darmstadt wurde sie erstmals aktiv in der Gewerkschaft als Jugendvertreterin. Ein Soziologiestudium mit praktischen Erfahrungen in den USA folgte. Danach begann sie 1997 als Funktionärin bei der IG Metall, wo ihr Weg von der Geschäftsstelle in Frankfurt über den Bezirk Niedersachsen bis in den Vorstand führte.

Zu ihren Aufgaben zählte zuletzt die Mitgliedergewinnung in neuen Zielgruppen wie Angestellten und Akademikern sowie die Arbeit der Gewerkschaft in den Betrieben.

Forderung nach 32-Stunden-Woche

Die Gewerkschaftstagung dauert bis einschließlich Donnerstag (26. Oktober). Dabei beraten die Delegierten rund 540 Anträge beraten werden.

Laut Grundsatzantrag des Vorstands wird es unter anderem um die Forderung nach einer 32-Stunden-Woche gehen, wie sie in der Stahlindustrie bereits erhoben wird. Fachkräfte will die Gewerkschaft unter anderem über eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen und sozial verträglichere Arbeitsbedingungen gewinnen.

bea/hb (rtr, dpa, afp)