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Höchstes Gericht Indiens will Homo-Ehen nicht legalisieren

17. Oktober 2023

Das Höchste Gericht in Indien weigert sich, die Homo-Ehe zu legalisieren, und schiebt die Aufgabe dem Parlament zu, das dafür zuständig sei.

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Auf dem Arm eines LGBTQ-Aktivisten im Bildvordergrund ist ein Tatoo zu sehen, auf dem in der Landessprache steht "Auf diese Weise zur Welt gekommen"
Ein LGBTQ-Aktivist demonstriert seine Einstellung vor dem Obersten Gericht IndiensBild: Manish Swarup/AP/picture alliance

Die Richter argumentierten, dass sie gar keine Befugnis hätten, die Ehe für alle zu öffnen - dafür sei das Parlament zuständig. Damit folgten sie der Argumentation der Regierung der hindunationalistischen BJP-Partei, die bisher eine konservative Haltung zu dem Thema eingenommen hatte. Zugleich forderten die Richter das Parlament Indiens auf, Rahmenbedingungen für eine staatliche Akzeptanz entsprechender Partnerschaften zu schaffen. "Gleichberechtigung verlangt, dass Menschen nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden", so das Gericht. Zudem sei es falsch, die Ehe als unveränderliche Institution einzustufen.

Das Gericht machte ferner deutlich, dass LGBTQ-Personen keine rechtliche Diskriminierung erfahren sollten. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- sowie queere Menschen. Als queer bezeichnen sich Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

"Queerness ist kein urbanes Konzept"

In der Urteilsbegründung wurde darüber hinaus das Argument der indischen Regierung zurückgewiesen, die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe sei lediglich eine Forderung der urbanen Elite. "Homosexualität oder Queerness ist kein urbanes Konzept und auch nicht auf die Oberschicht der Gesellschaft beschränkt", hieß es.

Indiens höchster Richter Dhananjaya Yeshwant Chandrachud räumte ein, dass er und seine Kollegen sich nicht in jedem Punkt einig gewesen seien. Nach Medienberichten werden die beiden Richter, die bei der Frage der Zuständigkeit eine Minderheitsposition vertreten, eine separate Begründung vorlegen.

Auf einem Plakat, das ein Mann während einer LGBTQ-Demonstration um den Hals trägt, ist zu lesen "Marriage is about love not gender" (Bei der Ehe geht es um Liebe, nicht um das Geschlecht)
Aktivisten der LGBTQ-Szene fordern schon lange rechtliche Gleichstellungen, hier in Kolkata im Jahr 2017Bild: Debsuddha Banerjee/ZUMAPRESS/picture alliance

Zwei gleichgeschlechtliche Paare hatten vor dem Obersten Gericht auf rechtliche Gleichstellung ihrer Partnerschaften im patriarchal geprägten Indien - dem bevölkerungsreichsten Land der Welt - geklagt. Sie argumentierten unter anderem, dass die Ehe für sie wichtig sei, weil sie wichtige Rechte wie gemeinsame Bankkonten, Erbschaften oder Adoptionen beinhalte. Mit der Homo-Ehe, die nur wenige nicht-westliche Länder haben, hofften sie auch auf mehr Anerkennung in der Gesellschaft. In seltener Einigkeit sprachen sich daraufhin die religiösen Führer von Hindus, Muslimen und Christen gegen eine Öffnung der Ehe für Homosexuelle aus.

Enttäuschung in der Community

Vertreter der Community, die zuvor große Hoffnung gehabt hatten, zeigten sich nach der Urteilsverkündung enttäuscht. "Was sollen wir denn tun, wenn es keinen politischen Willen gibt?", sagte beispielsweise Sharif Rangnekar, ein schwuler Mann, der vor dem Gericht auf das Urteil wartete, dem indischen Fernsehsender NDTV. "Wir sind keine wichtigen Wähler."

Die LGBTQ-Community beklagt eine anhaltende Stigmatisierung in der indischen Gesellschaft. Viele Familien wollen nicht, dass ihre Kinder der Community angehören, und lassen sie dies auch spüren. In dem Sinne argumentierte auch die Regierung, dass in der indischen Kultur eine Ehe zwischen Frau und Mann stattfinden solle. Noch 2018 hatte das Höchste Gericht im Sinne der LGBTQ-Community entschieden. Damals kippte es eine Bestimmung aus der britischen Kolonialzeit, die einvernehmlichen Sex von Homosexuellen verbot.

kle/nob (dpa, kna, ape, rtre, afpe)