"Häfen brauchen Wettbewerb"
17. Januar 2006DW-WORLD: Port Package II ist wahrscheinlich vom Tisch. Wann kommt Port Package III?
Hartmut Nassauer: Nicht demnächst, aber die Kommission hat keine Veranlassung, den Gedanken der Marktöffnung aufzugeben. Aber sie wird sehr sorgfältig nachdenken müssen - und auch mit dem Parlament und den Betroffenen Kontakt aufnehmen müssen. Wenn Port Package zurückgewiesen wird, wird nach einer Denkpause ein neuer Versuch unternommen werden. Es gibt überhaupt keinen Grund, dieses Vorhaben für immer in den Orkus zu versenken.
Waren Sie von der Heftigkeit der Reaktionen auf Port Package II überrascht?
Es ist völlig unakzeptabel, was sich hier gestern ereignet hat. Da sind Raketen gegen unsere Büros abgeschossen worden. In dieser Form kann Protest nicht akzeptiert werden - ganz egal, welche Gründe zu ihm führen.
Und die breite politische Ablehnung? Selbst ein CDU-Ministerpräsident wie Christian Wulff nannte den Richtlinienentwurf unannehmbar.
Alle norddeutschen Ministerpräsidenten haben diese Position bezogen - wobei ich die Position von Ole von Beuyst noch am ehesten nachvollziehen kann, weil der Stadt Hamburg wohl ein gewisser Einfluss auf die Hafenverwaltung genommen würde. Im Prinzip muss man nach meinem Dafürhalten aber sehen, wie man für die Kunden die optimalen Bedingungen herbeiführt. Das geschieht eben in aller Regel durch Wettbewerb. Über kurz oder lang brauchen die Hafendienstleistungen diesen Wettbewerb.
Über die Verordnung wird nun seit 2001 diskutiert - eine Diskussion, die angesichts der florierenden Häfen kaum jemand versteht. Glauben Sie, der Ruf der EU-Kommission hat weiter Schaden genommen?
Ich glaube nicht. Der Versuch reicht ja weit in vergangene Kommissionen zurück, ein Stück Erbe, das die Kommission Baroso übernommen hat. Wenn die Richtlinie abgelehnt wird, ist erstmal Nachdenken auf der Tagesordnung - und das ist auch gut so. In der Zwischenzeit werden die Gerichte darüber befinden, was die Wettbewerbserfordernisse der Häfen sind und was nicht. Die Dienstleistungsfreiheit gilt selbstverständlich auf Grund der Verträge auch für die Hafendienstleistungen. Wo der Wettbwerb eingeschränkt wird, kann jeder Betroffene die Gerichte anrufen und notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof gehen. Das geschieht gelegentlich, ist aber ein sehr mühsames Verfahren - deswegen würde es ja Sinn machen, wie bei der Dienstleistungsrichtlinie zu einer vorsichtig bemessenen allgemeinen gesetzgeberischen Regelung zu kommen.