Wahrheitskommision legt Bericht vor
10. Dezember 2014In Brasilien sind in den Jahren von 1964 bis 1985 mehr als 400 Menschen aus politischen Gründen getötet worden. Dies ist das Ergebnis des Abschlussberichts der Wahrheitskommission zur Militärdiktatur, den sie bei einer Zeremonie in der Hauptstadt Brasília vorlegte.
Berichterstatter Pedro de Abreu Dallari sagte bei der Übergabe an Präsidentin Dilma Rousseff (Artikelbild), darin würden die Fälle von 434 Todesopfern oder Verschwundenen beschrieben. Mehr als 100.000 Menschen wurden dem Bericht zufolge in dieser Zeit aus politischen Gründen inhaftiert, etwa 50.000 wurden gefoltert. Die wahre Zahl der Opfer sei wahrscheinlich deutlich höher.
"Während der Militärdiktatur wurde die Unterdrückung sowie die Beseitigung von Oppositionellen zur offiziellen Staatspolitik, die von den Staatspräsidenten und Ministern der Militärregierung beschlossen und umgesetzt wurde", heißt es im Abschlussbericht. Damit widerspricht die Kommission der bisherigen These der Militärs, die auf eigene Faust handelnde, radikale Agenten des Staates für die Vergehen verantwortlich machten.
Rousseff zeugt den Opfern Respekt
Rousseff hatte die Wahrheitskommission nach ihrem Amtsantritt 2011 eingesetzt. Die frühere Guerillakämpferin war selbst unter der Diktatur inhaftiert und gefoltert worden.
"Wir respektieren und würdigen all jene, die für die Demokratie gekämpft haben", sagte Rousseff, ohne die Tränen zurückhalten zu können. Nur die Wahrheit erlaube Versöhnung. Mit der Aufarbeitung der Verbrechen werde die Grundlage für eine starke Demokratie gelegt, so die Präsidentin.
Die Kommission hörte seit Mai 2012 mehr als 1100 Zeugen an und verfasste den Bericht, der insgesamt 4400 Seiten umfasst.
Für die Aufhebung der Amnestie
Das Dokument führt 377 Personen als Verantwortliche für die Verbrechen auf. Von denen leben den Angaben zufolge noch 196. Dallari verwies darauf, dass eine juristische Verfolgung der Beschuldigten nicht Aufgabe der Kommission gewesen sei. "Aber wir haben Empfehlungen an diejenigen gegeben, die Recht sprechen." So sprach sich das Gremium für eine Aufhebung des Amnestiegesetztes von 1979 aus. Dallari beklagte zudem, dass der Kommission Zugang zu einer Vielzahl von Dokumenten und Archiven des Militärs versperrt geblieben sei.
Das Militär in Brasilien hatte 1964 gegen den linksgerichteten Präsidenten João Goulart geputscht. Unter der Militärherrschaft wurden die bürgerlichen Freiheiten eingeschränkt und die direkte Wahl des Präsidenten abgeschafft. Oppositionsparteien wurden verboten. Unter dem wachsenden Druck der Opposition verkündete das Militär schließlich 1985 freie Präsidentenwahlen. Entgegen allen Erwartungen gewann diese der Oppositionskandidat Tancredo Neves, womit das Ende der Militärdiktatur besiegelt war.
gmf/uh (afp, epd, kna)