1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Deutsch lernen

Homosexuelle im Pfarrhaus

bauer27. April 2012

In der evangelischen Kirche können immer mehr schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen mit ihrem Partner im Pfarrhaus zusammenleben. Ermöglicht wurde das durch eine Änderung des Pfarrdienstgesetzes.‎

https://p.dw.com/p/14lMF

Lange Zeit war es für homosexuelle Geistliche verboten, mit ihrem Partner im Pfarrhaus zusammenzuleben. Eine Neuerung des Pfarrdienstgesetzes der evangelischen Kirche in Deutschland im November 2010 änderte dies. Seitdem kann jede Landeskirche selbst entscheiden. Im April 2012 einigten sich als letzte auch die Protestanten in Sachsen: Wenn der Kirchenvorstand zustimmt, dürfen im Einzelfall homosexuelle Partner ins Pfarrhaus einziehen. 

Der sächsische Pfarrer Christoph Wohlgemuth ist über diese Entscheidung erleichtert. Der lange Streit innerhalb der Kirche erinnert ihn an sein eigenes Coming-Out: Er durfte kein Gemeindepfarramt übernehmen und wurde stattdessen Seelsorger in einem Krankenhaus. Für Ralf Michael Ittelmann vom Christlichen Schwul-Lesbischen Stammtisch in Dresden ist Christsein und Homosexualität kein Widerspruch, denn in der Bibel steht nichts über homosexuelle Partnerschaften.

David Keller sieht das anders. Er ist Mitinitiator der "Bekenntnis-Initiative", die sich aus Protest gegen die Änderung des Pfarrdienstgesetzes gründete. Keller sagt, dass er Homosexuelle toleriert. Allerdings wäre es ihm lieber, wenn die homosexuellen Pfarrer darauf verzichten würden, eine Gemeinde zu leiten. Keller befürchtet, dass das Pfarrdienstgesetz die Protestanten auf der ganzen Welt spalten wird.

Auf der einen Seite stehen die Kirchen der Industriestaaten des Nordens, die gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber offener sind. Auf der anderen Seite lehnen die Kirchen Afrikas und Asiens gleichgeschlechtliche Liebe radikal ab. Keller weiß, dass solche Positionen oft gegen die Menschenrechte verstoßen. Trotzdem ist er überzeugt: Heterosexualität ist näher am Glauben.


Glossar

Pfarrhaus, das - ein Haus, das von der Kirche bezahlt wird und in dem Pfarrer/innen mit ihrer Familie leben

schwul - so, dass man als MannMänner liebt ; homosexuell

lesbisch - so, dass man als Frau Frauen liebt; homosexuell  

Pfarrdienstgesetz, das - ein Gesetz speziell für Pfarrer der Evangelischen Kirche

Geistliche/r, die/der -  eine Person, die in der Kirche ein Amt übernimmt

Landeskirche, die - die evangelische Kirche in einem Bundesland

Sachsen - ein Bundesland im Osten Deutschlands(Adjektiv: sächsisch)

im Einzelfall - ausnahmsweise; selten

Vorstand, der - hier: die Leitung der Evangelischen Kirche

über etwas erleichtert sein - über eine Situation froh sein, die vorher schwieriger war

Coming-Out, das - der Moment, in dem Homosexuelle ihre sexuelle Identität öffentlich machen

Gemeindepfarramt, das - ein Amt, bei dem ein Pfarrer/eine Pfarrerin die Aufgaben seiner Kirche in einem bestimmten Gebiet übernimmt

Seelsorger/in, der/die -  →eine/ein Geistliche/r, der anderen Menschen psychisch hilft

Stammtisch, der - hier: ein regelmäßiges Treffen einer Gruppe mit besonderen Interessen

Mitinitiator/in, der/die - jemand, der/die eine Initiative mitgründet

Bekenntnis, das -  hier: die öffentliche Zustimmung zu einem bestimmten Glauben

Heterosexualität, die - sexuelle Orientierung, bei der jemand Menschen des anderen Geschlechts liebt ↔die Homosexualität


Fragen zum Text

1. Die Neuerung des Pfarrdienstgesetzes macht es möglich, dass …
a)  homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen ihre Partner heiraten dürfen.  
b)  Pfarrer und Pfarrerinnen sich outen dürfen.
c)  homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen im Pfarrhaus mit ihrem Partner leben dürfen.

2. David Keller möchte, dass …
a)  Geistliche, die homosexuell sind aus, der evangelischen Kirche austreten.
b)  homosexuelle Geistliche freiwillig auf ein Amt in der Gemeinde verzichten.
c)  homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen darauf verzichten, zusammen zu ziehen. 

3. Die evangelischen Kirchen anderer Länder …
a)  sind allgemein gegen das Zusammenleben von Homosexuellen.
b)  unterstützen alle die Neuerung des Pfarrdienstgesetzes in Deutschland.
c)  haben sehr unterschiedliche Meinungen zu Homosexualität.

4. Welcher Satz passt inhaltlich zu dem Satz: "Immer mehr schwule Pfarrer können mit ihrem Partner im Pfarrhaus zusammenleben"?
a)  Schwule Pfarrer können nun immer mit ihrem Partner im Pfarrhaus leben.  
b)  Mehr und mehr schwule Pfarrer können mit ihrem Partner im Pfarrhaus leben.  
c)  Mehr Pfarrer können immer mit ihrem Partner im Pfarrhaus leben.  

5. Welcher Satz ist grammatikalisch nicht richtig?   
a)  Ihm wäre es gut, wenn homosexuelle Geistliche auf ein Amt in der Kirche verzichten.
b)  Die toleranteren Vertreter der evangelischen Kirche stimmen der Neuerung des Pfarrdienstgesetzes zu.  
c)  Für Heterosexuelle ist es am leichtesten ein Pfarramt zu bekommen.


Arbeitsauftrag
Pfarrer und Pfarrerinnen repräsentieren die Kirche und ihren Glauben und haben eine Vorbildfunktion für andere Menschen. Glaubt ihr, dass die evangelische Kirche eine gute Entscheidung getroffen hat? Sammelt in einer Pro- und Kontra-Tabelle Argumente für und gegen die homosexuelle Partnerschaft von Geistlichen.


Autorinnen: Jennifer Stange/Natali Petala
Redaktion: Ingo Pickel