Hoffnung für Anleger im HRE-Prozess
3. Februar 2014Im milliardenschweren Schadenersatzprozess gegen die Immobilienbank Hypo Real Estate macht das Oberlandesgericht München den Anlegern Hoffnung. Die Bank habe die Investoren ein halbes Jahr vor Bekanntwerden ihrer desaströsen Lage hinters Licht geführt, lautet die vorläufige Einschätzung des Senats. Eine Pressemitteilung der HRE vom 3. August 2007 sei "wesentlich zu optimistisch" gewesen, sagte Richter Guido Kotschy am Montag zum Verhandlungsauftakt in München. Darin hatte die später notverstaatlichte Bank ihre Geschäftsprognose bestätigt und von Belastungen aus der Krise am US-Hypothekenmarkt nichts wissen wollen.
Diese Veröffentlichung werde von großer Bedeutung für den Prozess sein, sagte Kotschy. "Dass diese Mitteilung vom 03.08.2007 sehr positiv war, dass diese Ansage zu positiv war, dass die dahinterstehende Einschätzung sich als unzutreffend erwiesen hat und dass eine Korrektur der Veröffentlichung notwendig war, das ist unsere vorläufige Einschätzung", erläuterte der Vorsitzende Richter. "Wir sehen das ganz deutlich, dass man spätestens im November hätte tätig werden müssen mit dem Quartalsbericht."
Überraschend Abschreibungen bekannt gegeben
Die HRE hatte erst am 15. Januar 2008 überraschend Abschreibungen auf strukturierte Wertpapiere bekannt gegeben. Hintergrund war die Krise am US-Hypothekenmarkt. Die damals im Dax gelisteten HRE-Aktien brachen um 35 Prozent ein und rissen auch den wichtigsten deutschen Aktienindex mit ins Minus. Endgültig ins Straucheln geriet die HRE, als in der Finanzkrise ihre Staatsfinanzierungstochter Depfa vor dem Zusammenbuch stand.
Rechtsanwalt Andreas Tilp will stellvertretend für Hunderte Anleger eine Musterklage über gut eine Milliarde Euro durchfechten. Nach seinen Angaben stehen in dem Musterprozess erstmals in Deutschland Ansprüche institutioneller Investoren aus dem In- und Ausland im Vordergrund, nachdem es bisher in ähnlichen Verfahren fast nur um betroffene Kleinanleger ging.
Risiken nicht korrekt bewertet
Tilp wirft der HRE vor, sie habe die Risiken ihrer Wertpapierbestände nicht korrekt bewertet und die Anleger im Unklaren gelassen. Auch über die Risiken, die sich die HRE mit der Übernahme der Depfa 2007 aufgehalst habe, seien die Anleger getäuscht worden. Die Depfa bekam an den Kapitalmärkten kein Geld mehr, um ihre langfristig ausgegebenen Kredite durch kurzfristige Schulden zu finanzieren, und drohte deswegen pleite zu gehen.
Die Anwälte der HRE und des ebenfalls verklagten früheren Vorstandschefs Georg Funke wiesen Kotschys Einschätzung zurück. Die Bank habe alle wesentlichen Tatsachen mitgeteilt, unter anderem in ihrem Quartalsbericht und einer Analystenkonferenz im November 2007. Sie habe sich dabei lediglich auf belastbare Fakten beschränkt, da man den Kapitalmarkt nicht mit vagen Informationen habe verunsichern wollen.
Sollte die HRE den Prozess verlieren, kommen auf die deutschen Steuerzahler weitere Belastungen zu. Dem Bund, der Funke im Jahr 2008 aus dem Amt drängte, fällt nun Rolle zu, die Informationspolitik des früheren HRE-Chefs zu verteidigen. Funke, der ein Fehlverhalten stets bestritten hat, soll am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht erscheinen.
ul/mm (rtr, dpa)
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