1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hofer Filmtage: Der deutsche Film in seinem Element

29. Oktober 2001

Ein neuer Trend bei einheimischen Filmproduktionen: Das Private rückt wieder in den Vordergrund. Gibt es eine Renaissance des Autorenfilms?

https://p.dw.com/p/1JWf
Faith Akin beschreibt in "Denk ich an Deutschland" deutsch-türkische BegegnungenBild: Hofer Filmtage

Amüsante und auch nachdenklich machende Jugendthemen setzen derzeit deutliche Akzente im deutschen Film. Bei den am 28. Oktober zu Ende gegangenen 35. Internationalen Hofer Filmtagen befassten sich auffallend viele Produktionen mit den Problemen junger Menschen, mit dem Heranwachsen und der Suche nach dem Lebensweg.

Statt Action und seichter Unterhaltung gibt es nach Ansicht deutscher Filmemacher einen Trend hin zu anspruchsvollen Filmen, die das "wahre Leben" abbilden. "Der deutsche Film hat eine unglaubliche Vielfalt zu bieten. Der Mut zum eigenen Stil, zu eigenen Bildern und eigenen Geschichten ragt immer wieder heraus", sagte Festivalbegründer Heinz Badewitz.

Highlights vom Nachwuchs

Die Berliner Schauspielerin Nicolette Krebitz sorgte mit ihrem amüsant-authentischen Regiedebüt "Jeans" für große Begeisterung beim Publikum. In dem Film verschwimmen Fiktion und dokumentarische Elemente ineinander. Zwei junge Männer sind auf der Suche - der eine nach einem Schlafplatz, der andere nach der "perfekten Frau". Was alle Charaktere der Großstadtsatire verbindet, sind ihre Jeans - Ausdruck des Lebensgefühls einer ganzen Generation.

Um die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens geht es auch in "Weg!", dem ersten Spielfilm des Potsdam-Babelsberger Filmhochschülers Michael Baumann. Das atmosphärisch dichte Roadmovie erzählt von Ausreißern und dem Abenteuer Leben.

Emotional stark gefordert war das Publikum bei Thomas Stillers Beitrag "Die Wunde", einem tragischen Film über Hass, Liebe und unglückliche Überraschungen, die ein Mädchen auf der Suche nach ihrem Vater erlebt.

Mit kuriosen Inszenierungsgags und fetzigen Dialogen gestaltete der junge Nachwuchsregisseur Sven Taddicken seinen Film "Mein Bruder der Vampir" über ein ungewöhnliches Geschwistertrio, für den Taddicken mit dem Eastman Förderpreis für Nachwuchstalente der Kodak AG ausgezeichnet wurde.

Denk ich an Deutschland

Mehr denn je zuvor boten die Filmtage eine Bühne für den
deutschen Film und erinnerten mit mehr als 50 inländischen
Produktionen an die Ursprünge des Festivals als Bühne für den "Jungen Deutschen Film".

An Stelle der traditionellen Retrospektive wurde die zweite Staffel der vom Bayerischen Rundfunk und dem Westdeutschen Rundfunk produzierten Fernsehreihe "Denk ich an Deutschland" gezeigt. Die Regisseure Leander Haußmann, Klaus Lemke, Peter Lilienthal, Peter Patzak und Fatih Akin stellen in ihren Dokumentarfilmen die schwierige Frage nach der deutschen Identität.

In "Die Leopoldstraße kills me" porträtiert Klaus Lemke mit
aneinander gereihten Episoden über Lebenskünstler und
Selbstdarsteller die pulsierende Münchner Flaniermeile - den Ort, wo er etwa Cleo Kretschmer, Wolfgang Fierek und Iris Berben entdeckt hat.

Leander Haußmann erzählt von seiner Clique, der er in den siebziger Jahren als Druckerlehrling in Ost-Berlin angehörte. Gemeinsam mit seinem Co-Autor Boris Naujoks begab er sich 25 Jahre später mit seinem Film "Die Durchmacher" auf die Suche nach den alten Freunden und gemeinsamen Erinnerungen.

"Ein Fremder" von Peter Lilienthal zeigt gegenwärtiges jüdisches Leben in Deutschland, ohne dabei rechtsextremistische Übergriffe außer Acht zu lassen.

Der Österreicher Peter Patzak besucht in seinem Film "Adeus und Goodbye" zwei Freunde in Brasilien und New York, die vor Jahren Deutschland verlassen und in einer neuen Heimat ihren Traum verwirklicht haben.

Die Anfänge seiner eigenen türkischen Familie in Deutschland und den Gegensatz von Hamburg-Altona und einem kleinen Fischerdorf am Schwarzen Meer zeigt Fatih Akin in seiner Dokumentation "Wir haben vergessen zurückzukehren".

Dass der deutsche Film sich künftig mehr mit persönlichen Eindrücken der Regisseure beschäftigen wird, war in Hof insgesamt deutlich zu spüren. "Man wird sehr stark in sehr persönliche und private Bereiche gehen. Das könnte dann zu Autorenfilmen wie in den 70er Jahren führen, während es
andererseits natürlich weiter Mainstream-Filme geben wird, einfach um die Leute zu unterhalten", sagte Leander Haußmann.

Eckdaten und Filmpreis

Rund 27.000 Kinofreunde besuchten das Hofer Festival. Mehr als 50 Lang- und 30 Kurzfilme von deutschen und internationalen Regisseuren waren zu sehen.

Seit 35 Jahren kämpft Festivalchef Heinz Badewitz in Hof besonders für das einheimische Kino und wird auch in diesem Jahr nicht müde zu betonen: "Ich denke, Hof ist wirklich ein Schaufenster vom deutschen Film, das jungen Talenten ein Sprungbrett und arrivierten Regisseuren eine Heimat bietet."

Für sein großes Engagement bei der Talentsuche wurde der
Filmemacher Hans-Christian Schmid in diesem Jahr mit dem Filmpreis der Stadt Hof ausgezeichnet. Schmid wurde durch seine Regiearbeit bei den Filmen "Nach fünf im Urwald", "23" und "Crazy" bekannt. Seit 1986 vergibt die Stadt Hof den Filmpreis, um das Werk eines Filmschaffenden zu würdigen. Schmid reiht sich in die Liste prominenter Preisträger wie Joachim Król, Tom Tykwer, Sönke Wortmann, Doris Dörrie und Wim Wenders ein.