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Herz oder Brieftasche

25. März 2003

Mit der Gegenstimme von Kuwait hat die Arabische Liga den Angriff auf den Irak verurteilt und ein sofortiges Ende der Kämpfe gefordert. Spricht die arabische Welt jetzt mit einer Stimme? Peter Philipp kommentiert.

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Es ist ein Beschluss, der den Forderungen arabischer Demonstranten zu entsprechen scheint, die seit Beginn des Irak-Kriegs quer durch die arabische Welt und in immer heftigeren Protesten gegen den Feldzug von US-Präsident George W. Bush auf die Straße gehen. Doch dieser Eindruck täuscht: Was die arabischen Außenminister beschlossen haben, ist eher ein Lippenbekenntnis gegenüber diesen Demonstranten. Es ist auch der Versuch, ihnen etwas den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Gegen den Krieg stimmten nämlich auch Minister von Staaten, die diesen Krieg durchaus tatkräftig unterstützen. Nur Kuwait - die Ausgangsbasis des Angriffs der Alliierten auf den Irak - sah sich offenbar nicht imstande, seine Stimme gegen den Krieg zu erheben. Sonst aber sind sie alle dabei: Die Golf-Staaten, in denen die US-Streitkräfte jetzt ihr Hauptquartier aufgeschlagen oder ihre Flotte stationiert haben. Auch Jordanien, das - entgegen zahlreicher Dementis - einige Tausend GIs aufgenommen hat: Die US-Soldaten betreiben dort in erster Linie die vorgeschobene Luftabwehr gegen mögliche irakische Raketenangriffe. Und Ägypten ist mit von der Partie - obwohl Präsident Husni Mubarak vor dem Krieg ganz offen die Seite der USA eingenommen hatte. Nur Syrien und der von ihm beeinflusste Libanon stehen auch sonst offen auf Seiten Saddam Saddam Husseins.

Echte Sorge

Natürlich ist die Sorge der arabischen Staaten echt, dass dieser Krieg nicht völkerrechtlichen Prinzipien entspricht, und dass hierbei - wieder einmal - in erster Linie unschuldige Zivilisten getroffen werden. Natürlich hegt auch keiner von ihnen Sympathie für Saddam Hussein. Aber darum geht es nicht, wenn man sich scheinbar hinter den Diktator stellt.

Vielmehr geht es um Ruhe und Ordnung in den eigenen Ländern, und um das eigene politische Überleben: Die rund 280 Millionen Araber zwischen Atlantik und Persischem Golf leben allesamt in undemokratischen Staaten. Und Proteste wie dieser Tage gegen die amerikanische Irak-Offensive könnten sich problemlos gegen das jeweils eigene Regime wenden. Denn - auch das ein unbestreitbarer Fakt - die arabischen Herrscher sind bei aller Kritik gegenüber den USA deren beste Verbündete: Sie handeln und wandeln mit den Vereinigten Staaten, und die Sicherheit so manch eines arabischen Regimes hängt direkt von amerikanischer Unterstützung ab. Diese Zusammenarbeit reicht von US-Militärbasen - wie am Golf - über den direkten Schutz einiger Herrscher bis hin zur Bewaffnung und Ausbildung der verschiedenen Armeen.

"Demokratisierung der arabischen Welt"

Vor diesem Hintergrund muss manchem arabischen Führer ein merkwürdiges Gefühl aufgekommen sein, als Präsident Bush kürzlich von einer "Demokratisierung der arabischen Welt" nach dem Sturz Saddam Husseins sprach. So weit will es keiner kommen lassen. Und deswegen liberalisiert man eifrig in der sonst so konservativen arabischen Welt. Deswegen versucht man auch, den Volkszorn gegen die USA mit Resolutionen wie der von Kairo zu befriedigen - ohne aber den Worten Taten folgen lassen zu wollen. Die arabische Welt ist hin und her gerissen: Mit dem Herzen bei Saddam, mit der Brieftasche bei den USA.