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Heinrich Heine

Hannelore Hippe/Heike Mund
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Heinrich Heine (Porträt: picture-alliance / dpa, Montage: Philip Kleine / Peter Steinmetz)
Bild: Fotomontage: DW



"Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem Könige von Hannover, und enthält 999 Feuerstellen, diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist. Der vorbeifließende Bach heißt 'die Leine', und dient des Sommers zum Baden; das Wasser ist sehr kalt und an einigen Orten so breit, daß Lüder wirklich einen großen Anlauf nehmen mußte, als er hinübersprang. Die Stadt selbst ist schön, und gefällt einem am besten, wenn man sie mit dem Rücken ansieht."



Der Autor

Heinrich Heine (1797-1856), nach einer 1842 entstandenen Bleistiftzeichnung von Samuel Diez (Foto: dpa)
Heinrich HeineBild: Picture-Alliance/dpa

Geboren am 13. Dezember 1797 in Düsseldorf
Gestorben am 17. Februar 1856 in Paris

Heinrich Heine wurde als Harry Heine wahrscheinlich am 13. Dezember 1797 als ältester Sohn des jüdischen Kaufmanns Samson Heine in Düsseldorf geboren. Das genaue Geburtsdatum lässt sich nicht nachweisen. Nach einem Jurastudium mit Promotion in Göttingen und Berlin, unterbrochen von Reisen, veröffentlichte er bei Campe 1826 erste Gedichte, Essays und Reisebeschreibungen, wie auch "Die Harzreise", die noch während seiner Studentenzeit entstand. Um als Jurist in Preußen arbeiten zu können, konvertierte er zum Protestantismus. Allerdings übte er den Beruf nie aus. Nach seiner endgültigen Übersiedlung nach Paris im Jahr 1831 war Heine ausschließlich als Journalist und Schriftsteller tätig. Seine Aufsätze galten als kritisch und politisch fortschrittlich. Sie erregten in Deutschland bald großes Aufsehen, besonders "Deutschland, ein Wintermärchen"(1844). Heine wurde trotz des Verbots seiner Literatur ( allgemeines Verbot jüdischer Literatur in Preußen von 1835) viel gelesen. Er stand den Ideen von Karl Marx nahe, den er, genau wie Goethe, persönlich gekannt hatte. Seine Gedichte gehören zu den schönsten der deutschen Romantik, als deren berühmtester Vertreter und gleichzeitig Überwinder er gilt. Heine starb nach langer Krankheit, die ihn gelähmt ans Bett fesselte, 1856 in Paris an Rückenmarksschwindsucht.


Der Text

Heine hatte wirklich Zeit, diesen Fußmarsch von Göttingen aus in den Harz zu machen – war er doch gerade wegen eines Duells vorübergehend von der Universität geworfen worden. Der Ich-Erzähler, der Züge des Autors trägt, nimmt uns auf eine liebevoll spöttisch geschilderte Wanderung mit, die ihn über Northeim, Osterrode, Clausthal, Goslar bis zum Brocken führt. Nicht nur die Beschreibungen der Landschaft, der Städtchen und Dörfer, sind kleine Edelsteine seiner genauen Beobachtungsgabe. Besonders die Menschen entgehen nicht seiner spielerisch leichten Ironie und den bisweilen boshaft detaillierten Charakterisierungen.

Wilhelm Saxesen: Holzfäller im Harz, 1828 (Foto: picture-alliance / akg-images)
"Die Sonne ging auf. Die Nebel flohen, wie Gespenster beim dritten Hahnenschrei. Ich stieg wieder bergauf und bergab, und vor mir schwebte die schöne Sonne, immer neue Schönheiten beleuchtend."Bild: © picture-alliance / akg-images

In der "Harzreise" zeigt Heine sein ungewöhnliches erzählerisches Talent, das bald auf der deutschsprachigen literarischen Bühne großen Beifall erhält. Obwohl sein Sprachstil von umwerfender Eleganz und Virtuosität zeugt, wie Kritiker es ihm immer wieder bescheinigen, schreibt Heine ziemlich "undeutsch". Die Harzreise ist eine fast angelsächsisch anmutende Mischung aus beißender Zeitsatire, Sprachspielen und romantisch angehauchten Naturbildern. Das gab es bis dahin in Deutschland nicht . Philosophisch durchtränkt durfte deutsche Reiseliteratur seit Goethes 'Italienreise' durchaus sein, aber witzig? Oder gar kritisch? Heine beschreibt nicht nur zarte Mädchenhände, die noch zartere Blüten aus Fenstern halten, sondern rechnet kurz darauf mit dem beschränkten Horizont des preußisch-spießigen Untertanen ab.
Was er wohl heute an Bord eines Kreuzfahrtschiffes alles entdecken könnte?


Der Sprecher

Der Schauspieler Meinhard Zanger
Meinhard Zanger

Beim Lesen wagt Meinhard Zanger ausgesprochen viel: Er riskiert ungestüme Tonlagen, fängt sie wieder ein und verlangt den Zuhörern einiges an Aufmerksamkeit ab, wenn sie den literarischen Wanderungen Heinrich Heines folgen wollen. Die bissigen satirischen Passagen, in denen der Emigrant aus deutschen Landen seine Zeitgenossen spitzfindig portraitiert, gelingen ihm besonders. Ein Hörvergnügen erster Klasse.

Meinhard Zanger, geboren am 16. Februar 1955 in Memmelsdorf, ist ein Multitalent: Schauspieler, Radiosprecher, Regisseur, Festivalleiter und Intendant. Seit der Spielzeit 2006 leitet er sehr erfolgreich das renommierte Wolfgang-Borchert-Theater in Münster. Davor hat er während seiner fast zehnjährigen Intendantenzeit in Köln das "Theater Der Keller" zu überregionalem Renommee geführt. Seine hochprofessionellen, oft überraschenden Inszenierungen sind mehrfach zu internationalen Theaterfestivals eingeladen worden. Nach seiner Schauspielausbildung hat er noch Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Germanistik und Philosophie in Köln studiert. Sein Fachwissen gibt gerade den literarischen Sprechrollen oft den historischen Hintergrund mit, der die Texte farbig und unterhaltsam macht.

Die Klassiker - Heinrich Heine: Die Harzreise
Sprecher: Meinhard Zanger
Produktion: interface studios, Köln
Regie: Heike Mund
Online-Realisation: Claudia Unseld
Redaktion: Gabriela Schaaf