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KonflikteIran

Hamas-Politbüro-Chef Hanija bei Angriff in Teheran getötet

31. Juli 2024

Doppelschlag gegen Israels ärgste Feinde: Binnen weniger Stunden sind in Teheran der Hamas-Auslandschef Ismail Hanija und in Beirut der Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr bei gezielten Angriffen getötet worden.

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Ismail Hanija mit erhobenem Zeigefinger bei einer Rede im Jahr 2018
Ismail Hanija wurde auch als Auslandschef der Hamas bezeichnet Bild: Wissam Nassar/dpa/picture alliance

Der Hamas-Anführer Ismail Hanija ist nach Angaben der militant-islamistischen Palästinenserorganisation am Mittwochmorgen in der iranischen Hauptstadt Teheran gezielt getötet worden. Die Hamas sprach von einem "verräterischen zionistischen Angriff" auf Hanijas Haus in Teheran. Sie machte Israel dafür verantwortlich und sprach von einer "schweren Eskalation". Die iranischen Revolutionsgarden bestätigten den Tod Hanijas. Bei der Attacke sei auch ein Leibwächter ums Leben gekommen.

Hanija war am Dienstag in Teheran angekommen und hatte sich mit dem neuen Präsidenten Massud Peseschkian und dem geistlichen Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, getroffen. Eine Stellungnahme Israels zu dem Angriff gab es zunächst nicht. Hanija wäre der ranghöchste Hamas-Anführer, der seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges vor rund zehn Monaten getötet wurde. 

Freundliche Begrüßung: Irans neuer Präsident Massud Peseschkian (rechts) und Hamas-Politbüro-Chef Ismail Hanija
Der neue iranische Präsident Massud Peseschkian (rechts) begrüßte am Dienstag in Teheran den Hamas-Politbüro-Chef Ismail HanijaBild: Iranian Presidency/ZUMA/picture alliance/dpa

Hanija wurde 2017 der Nachfolger von Chaled Meschaal als Chef des Hamas-Politbüros. Drei seiner Söhne wurden im Gazastreifen bei einem israelischen Luftangriff getötet. Hanija galt das Gesicht der internationalen Diplomatie der Hamas. Er lebte in Katar im Exil und pendelte häufig zwischen der Türkei und der katarischen Hauptstadt Doha. Dadurch entging er den Reisebeschränkungen im abgeriegelten Gazastreifen und konnte als Unterhändler bei Waffenstillstandsgesprächen auftreten oder mit dem Hamas-Verbündeten Iran verhandeln.

Ismail Hanija - wer war der getötete Hamas-Chef?

Hanija galt als eher gemäßigt

Trotz seiner harten Rhetorik in der Öffentlichkeit wurde Hanija im Vergleich zu den Hardlinern der Hamas im Gazastreifen als gemäßigt angesehen. Bei arabischen Diplomaten und Politikern wurde er als relativ pragmatisch eingeschätzt.

Während er dem israelischen Militär sagte, dass es "im Sand des Gazastreifens ertrinken" würde, reisten er und sein Vorgänger als Hamas-Führer, Chaled Meschaal, durch die Region, um über einen von Katar vermittelten Waffenruhevertrag mit Israel zu verhandeln, der den Austausch von Geiseln gegen in israelischen Gefängnissen sitzende Palästinenser sowie mehr Hilfe für den Gazastreifen vorsieht.

Israel betrachtet die gesamte Führung der Hamas als Terroristen und beschuldigt unter anderem Hanija, "die Fäden der Terrororganisation Hamas zu ziehen". Es ist jedoch unklar, wie viel Hanija im Vorfeld über den Angriff auf den Süden Israels am 7. Oktober wusste.

Marschflugkörper tötet Hamas-Führer

Beisetzung am Freitag

Nach dem gewaltsamen Tod des Hamas-Führers ist im Iran eine dreitägige Staatstrauer angeordnet worden. Für Donnerstag sei zudem ein Trauermarsch in Teheran geplant, meldet die Nachrichtenagentur Irna. Hanija soll am Freitag in Katar bestattet werden. Nach einer offiziellen Trauerfeier in Teheran am Donnerstag werde sein Leichnam in die katarische Hauptstadt Doha überführt, teilte die Hamas mit.

Die Europäische Union rief nach dem Tod Hanijas zu "maximaler Zurückhaltung" auf und mahnte, jede weitere Eskalation zu vermeiden. Kein Land würde von einem größeren regionalen Konflikt profitieren, sagte der EU-Sprecher für auswärtige Angelegenheiten, Peter Stano, der Deutschen Welle. "Die EU lehnt außergerichtliche Tötungen grundsätzlich ab und unterstützt die Rechtsstaatlichkeit, auch in der internationalen Strafgerichtsbarkeit."

Die Bundesregierung warnte nach Hanijas Tod vor einer weiteren Eskalation der Lage im Nahen Osten. "Wir rufen alle Akteure zu maximaler Zurückhaltung auf. Die Logik gegenseitiger Vergeltungsschläge ist ein Irrweg", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Er rief dazu auf, einen kühlen Kopf zu bewahren. "Auch die Chance auf ein Geiselabkommen und einen Waffenstillstand in Gaza darf jetzt nicht verspielt werden."

Tödliche Militäraktion in Beirut

Am Dienstagabend hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben einen "gezielten Schlag in Beirut durchgeführt", bei dem der "ranghöchste militärische Befehlshaber und Leiter der strategischen Einheit" der libanesischen Terrororganisation Hisbollah, Fuad Schukr, getötet wurde. Schukr gilt als rechte Hand von Hisbollahführer Hassan Nasrallah. Inzwischen bestätigte die Hisbollah, dass Schukr sich in dem bombardierten Gebäude aufgehalten hat. Über sein Schicksal machte sie jedoch keine Angaben.

Ein weitgehend zerstörtes Wohnhaus in Beirut
Ein schwer beschädigtes Gebäude in Beirut nach einem israelischen LuftangriffBild: Hussein Malla/AP/dpa/picture alliance

Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums starben bei dem israelischen Luftangriff auf einen südlichen Vorort der Hauptstadt eine Frau und zwei Kinder, 74 Menschen wurden verletzt. Augenzeugen berichteten, dass das Obergeschoss eines achtstöckigen Gebäudes getroffen worden sei.

Israel macht Schukr verantwortlich für den tödlichen Raketenangriff auf Majdal Schams, bei dem am Samstag auf den israelisch besetzten syrischen Golanhöhen zwölf drusische Minderjährige getötet wurden. Die Hisbollah wies eine Beteiligung an dem Angriff mehrmals zurück. Auch der Iran wies die Vorwürfe einer Beteiligung der Schiitenmiliz zurück.

Angekündigter Vergeltungsschlag

Fuad Schukr habe "das Blut vieler Israelis an seinen Händen" gehabt, schrieb Außenminister Joan Gallant in der Nacht zu Mittwoch auf der Plattform X. Der Schlag gegen Schukr zeige, dass israelisches Blut einen Preis habe und kein Ort außerhalb der Reichweite der israelischen Kräfte liege. Man ziehe es zwar vor, "Feindseligkeiten ohne einen größeren Krieg zu lösen", Israels Militär sei aber "auf jedes Szenario vorbereitet", sagte Armeesprecher Daniel Hagari.

Israel bereitet Vergeltungsschlag vor

Die Hisbollah ist mit der Hamas in Gaza verbündet, beide sind wiederum Verbündete des Irans. Beide gehören auch der sogenannten Achse des Widerstandes an, die von Teheran gesteuert wird. Beobachter befürchten nach den jüngsten Gewaltakten eine Eskalation des Nahost-Konfliktes.

Nach US-Angaben spielte Schukr eine zentrale Rolle bei einem Bombenanschlag in Beirut, bei dem im Jahr 1983 mehr als 200 US-Marinesoldaten getötet worden waren. Die Regierung in Washington setzte 2017 ein Kopfgeld in Höhe von fünf Millionen Dollar (4,62 Millionen Euro) auf Schukr sowie einen weiteren Hisbollah-Kommandeur aus.

Regierung in Beirut protestiert

Der geschäftsführende libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikado verurteilte laut Medien den israelischen Angriff und bezeichnete ihn als "kriminellen Akt" in einer "Reihe von aggressiven Operationen, bei denen Zivilisten in klarer und eindeutiger Verletzung des Völkerrechts getötet werden".

Warum ist die Hisbollah im Libanon so mächtig?

Seit dem Terrorüberfall der Hamas und anderer Gruppen auf Israel am 7. Oktober greift die Hisbollah aus Solidarität mit der Hamas Ziele im Norden Israels an. Ihre Angriffe will sie erst einstellen, wenn es in Gaza zu einem Waffenstillstand kommt. Sowohl die Hamas als auch die Hisbollah werden von den USA und der EU als Terrororganisationen eingestuft.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat erklärt, die Hamas vernichten und alle Geiseln, die während des Angriffs vom 7. Oktober verschleppt wurden, zurückholen zu wollen. Durch den Angriff der Hamas auf den Süden Israels wurden israelischen Angaben zufolge 1197 Menschen getötet. Zudem wurden 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 111 Geiseln werden immer noch dort festgehalten, 39 von ihnen sind offiziellen Angaben zufolge tot. Der Angriff auf Israel löste den Krieg im Gazastreifen aus, bei dem nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums bislang mehr als 39.400 Menschen getötet wurden.

kle/sti (rtr, afp, dpa, kna)

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