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Haitianer wählen neues Parlament

9. August 2015

Mit jahrelanger Verzögerung ist in Haiti ein neues Parlament gewählt worden. Der Wahlkampf war von Gewalt überschattet. Auch für die heutige Abstimmung waren tausende Sicherheitskräfte im Einsatz.

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Wähler warten vor einem Stimmlokal (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/Chery

In Haiti waren rund fünf Millionen Bürger aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Neben den Mandaten für das Abgeordnetenhaus sind zwei Drittel der Senatssitze neu zu vergeben. Am 25. Oktober sollen dann Kommunalwahlen sowie die erste Runde der Präsidentschaft folgen. Außerdem sollen an diesem Termin die übrigen Senatoren bestimmt werden.

In dem bitterarmen Land, in dem die Politik wegen Vetternwirtschaft und Korruption in Verruf geraten ist, wird allerdings nur eine Wahlbeteiligung von 15 bis 20 Prozent erwartet. Bei den vorangegangenen Wahlen - die zweite Runde der Präsidentschaftswahl fand 2011 statt - waren weniger als ein Viertel der Wähler zu den Urnen gegangen. Bis 16 Uhr Ortszeit (22 Uhr MESZ) hatten die Haitianer Zeit, ihre Stimme abzugeben.

Auch Partei von Ex-Präsident Aristide dabei

Um die 139 Parlamentsposten bewarben sich 128 registrierte Parteien und mehr als 1800 Kandidaten. Für einige Sitze im Unterhaus, insbesondere solche im Wahlkreis der Hauptstadt Port-au-Prince, traten bis zu 30 Bewerber an.

In den Wahllokalen waren Beobachter der Organisation für Amerikanische Staaten (OAS) und der Europäischen Union eingesetzt. Kleinere Parteien kritisierten, dass ihre Vertreter als Beobachter in den Wahllokalen stark unterrepräsentiert seien. Dadurch bestehe die Gefahr, dass größere Parteien den Wahlprozess beherrschten. Dazu zählen die PHTK (Parti haïtien tet kale) des seit 2011 regierenden Staatschefs Michel Martelly und die Partei Vérité (Wahrheit), die dem ehemaligen Präsidenten René Préval nahesteht.

Mit besonderer Spannung wird das Abschneiden der Partei Fanmi Lavalas des ehemaligen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide erwartet. Aristide war Ende Februar 2004 durch einen Militärputsch gestürzt werden. Nach Jahren im südafrikanischen Exil kehrte er 2011 nach Haiti zurück.

Wahlkampf von Gewalt überschattet

Der monatelange Wahlkampf war von Gewalt überschattet. Das Nationale Netzwerk für die Verteidigung der Menschenrechte (RNDDH) sprach von einem "Klima des Terrors" und listete in einem Bericht die schlimmsten Vorfälle auf. Darunter waren neun bewaffnete Zusammenstöße, fünf Morde und zwei versuchte Morde. Über 7000 Sicherheitsbeamten sollen für den ruhigen Ablauf der Wahl sorgen. Sie werden von etwa 5000 UN-Helfern unterstützt.

Präsident Martelly - zuvor hatte er als Komponist und Sänger unter dem Namen Sweet Micky Berühmtheit erlangt. (Foto: Picture alliance/AFP)
Präsident Martelly - zuvor hatte er als Komponist und Sänger unter dem Namen Sweet Micky Berühmtheit erlangtBild: picture-alliance/AP Photo/G. Vanden Wijngaert

Wahlen mit Verzögerung

Das Parlament hatte sich bereits im Januar aufgelöst - seitdem regiert Präsident Martelly mit Sondervollmachten. Die Präsidentenwahl sollte bereits vor einem Jahr stattfinden, die Parlamentswahl war sogar für 2012 angesetzt gewesen. Die politischen Parteien konnten sich aber nicht auf ein Wahlgesetz und die Zusammensetzung der Wahlkommission einigen, so dass die Termine immer wieder verschoben wurden.

Daraufhin kam es zu massiven Protesten, die im Dezember eskalierten, als Polizisten und UN-Blauhelme gewaltsam gegen Demonstranten vorgingen. Nun hoffen viele Haitianer auf geordnetere politische Verhältnisse.

Haiti mit seinen rund 10 Millionen Einwohnern ist das ärmste Land Lateinamerikas. Für das Abhalten der Wahlen hat die Regierung um internationale Finanzspritzen gebeten. Von den Folgen eines schweren Erdbebens im Jahr 2010 mit mehr als 300.000 Toten und 1,5 Obdachlosen hat sich die Karibikinsel bis heute nicht erholt.

chr/wl (afp, epd)