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Haben Aliens den Monolithen bei Las Vegas errichtet?

Veröffentlicht 15. März 2024Zuletzt aktualisiert 19. Juni 2024

Im Gebirge nahe Las Vegas ist erneut ein mysteriöser Monolith entdeckt worden. Hinter dem erneuten Monolithen-Hype steckt eine ganz irdische Erklärung. Aber warum zieht uns das Unerklärliche, Mysteriöse so in den Bann?

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Metall Monolith in der Wüste von Utah/USA
Alles begann 2020 mit diesem Monolithen in der Wüste von Utah ....Bild: Terrance Siemon/AP/picture alliance

Las Vegas gilt als Welthauptstadt der Unterhaltung, als attraktive “Sin City“, als Spielparadies mit wildem Nachtleben. Möglicherweise verbreitete sich dieser berühmt-berüchtigte Ruf im ganzen Universum.

Das könnte zumindest erklären, wer in der Nähe des Berggipfels Gass Peak erneut eine rätselhafte Stele errichtet hat. Der “mysteriöse Monolith“ sei am vergangenen Wochenende 30 Kilometer von Las Vegas in der kargen Felslandschaft entdeckt worden, teilte die Polizei des Spielerparadieses mit.

“Wir sehen viele seltsame Dinge, wenn Leute wandern gehen, wie z.B. nicht auf das Wetter vorbereitet zu sein, nicht genug Wasser mitzunehmen... aber seht euch das an!“, schreibt die Polizei.

Und damit das rechteckige Spiegelstruktur auch schnell entdeckt wird, wurde sie freundlicherweise gleich neben einem Wanderweg platziert. Direkt mit dem Auto heranfahren kann man leider nicht, aber dann wäre das Ganze auch nicht so mysteriös.

Weltweite Nachahmung

Gleich flammt der Monolithen-Hype in den sozialen und auch in den seriöseren Medien wieder auf. Denn die Verdacht liege nahe, dass Aliens auch diesen Monolith errichtet haben.

Zuletzt hatte im März 2024 ein vergleichbarer Monolith im walisischen Nirgendwo für Aufsehen gesorgt. Ein findiger Wanderer hatte ein Bild von sich vor dem etwa drei Meter hohen glänzenden Objekt gepostet. "Es sieht aus wie ein UFO", sagte er der Zeitung The Guardian. "Das Objekt sieht nicht so aus, als habe es jemand da abgeworfen, das hat jemand gezielt dort in den Boden gedrückt", analysiert der Wanderer.

Der Finder und die Zeitung haben alles richtig gemacht: Sie haben ein Mysterium um die Herkunft geschaffen und die wichtigsten Schlagworte verwendet: "unheimlich" und "UFO", schon geht die Meldung um die Welt.

Aliens als Antwort - was sonst?

Es ist schon auffallend, dass die Aliens sich vor allem für sehr abgelegene Gegenden zu interessieren scheinen. Denn bereits 2020, als die Erdenmenschen gerade weltweit gegen ein kleines Coronavirus kämpften, entdeckten US-Beamte beim Schäfchenzählen (nicht vor dem Einschlafen, sondern aus einem Hubschrauber heraus) den ersten Monolithen im Red Rock County in Utah. Eine Sensation! Alle berichteten über das seltsame Gebilde im Nichts.

Bald danach wurden ähnliche Objekte in Kalifornien, Rumänien, Großbritannien, den Niederlanden, der Türkei und im deutschen Bundesland Hessen entdeckt. Häufig an Orten, wo es vor allem eines gibt: fast nichts!

Die Faszination des Unbegreiflichen

Das Unerklärliche, Mysteriöse, Unentdeckte zieht uns seit Urzeiten in den Bann. Mystische Orte und Dinge, die wir (zunächst) nicht erklären können, wecken unsere Neugier.

Der US-amerikanische Psychologe W. McDougall sagte Anfang des 20. Jahrhunderts, Neugier sei der wesentliche Kern von jeder Art von Motivation. Neugier sei ein Instinkt und deshalb bei Kleinkindern schon vor dem Auftreten der Sprache zu beobachten.

Je abgelegener, je unerreichbarer, desto größer die Neugier. Die sagenumwobene Insel Atlantis, das Schiffe verschlingende Bermuda-Dreieck im westlichen Atlantis, UFOs und Aliens, Astrologie, übernatürliche Kräfte oder gigantische Kornkreise - je unerklärlicher, desto anziehender.

Suche nach Erklärungen

Wir Menschen wollen Dinge nicht nur wahrnehmen, sondern auch verstehen. Wir sind darauf konditioniert, Dinge untersuchen, "begreifen" und erklären zu wollen. Was für uns ein Geheimnis bleibt, was "unfassbar" ist, bezeichnen wir als "mysteriös".

“Es ist die Faszination des Außergewöhnlichen", so der Psychologe Dr. Günter Molz von der Bergischen Universität Wuppertal. “Diejenigen, die außergewöhnliche Thesen vertreten, sind `nicht normal´ im Sinne von unauffällig, langweilig. Sie vertreten eine exklusive Position, fühlen sich unter Umständen narzisstisch gratifiziert“, so Molz gegenüber der DW. Diese Personen haben also möglicherweise ein übertriebenes Bedürfnis nach Bewunderung.

Ist etwas mysteriös, suchen wir nach mehr oder eben auch weniger plausiblen Erklärungen - zum Beispiel in der Wissenschaft, in der Para- oder Pseudowissenschaft, in der Esoterik, im Aberglauben oder in Religionen. Alle Bereiche neigen dazu, einen gewissen Absolutheitsanspruch für sich zu beanspruchen. “Nicht-wissenschaftliche Erklärungen haben zudem halt eben den oben angesprochenen Exklusivitätsvorteil“, so der Psychologe Molz. 

Gibt es Aliens?

Aufmerksamkeit statt Aliens

Mag sein, dass eine außerterrestrische Lebensform ein gesteigertes Interesse an der kargen Felslandschaft nahe Las Vegas oder an der walisischen Provinz hat. Allerdings entpuppten sich die Monolithen in der Vergangenheit als vergleichsweise plumpe Versuche, Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Denn unmittelbar nach Bekanntwerden eines Monolithen strömen Heerscharen an Touristen, Schaulustigen und Sinnsuchern zu den Objekten. Und in ihrem Gefolge Souvenirhändler, Imbissbuden und andere Glücksritter.

Verantwortlich für den ersten Monolithen in Utah war der Künstler Matty Way. Als der Hype seinen Höhepunkt erreichte, gab er sich als "The Most Famous Artist" zu erkennen. Über sein Künstlerkollektiv konnte man Repliken des Monolithen für 45.000 US-Dollar bestellen.

Tolle Geschäftsidee, dachten sich vier Hobbykünstler aus Kalifornien und errichteten ebenfalls Monolithen im Sonnenstaat. Weitere Trittbrettfahrer folgten, so begann das Monolithen-Phänomen.

Die Monolithen in Rumänien, Spanien und Hessen waren allerdings so schlecht geschweißt, dass sich Aliens dafür vermutlich schämen würden. 

Die Schattenseiten des Hypes

Ist die Aufmerksamkeit erst einmal geweckt, was durch Sozial Media natürlich noch viel einfacher geworden ist, dann wollen alle den Ort oder das Objekt sehen oder daran verdienen. Wer weiß, wie lange es zu sehen ist. 

Darauf wies auch der findige Entdecker aus Wales gleich hin: "Ich kann nicht sagen, wie lange das Objekt da stehen wird, ganz ehrlich", sagte er. "So wie ich unsere Nationalparks kenne, die finden das nicht witzig, wenn jemand einfach was aufstellt."

Da hat er vermutlich recht. Denn nach der kurzen Freude über den unverhofften Geldsegen folgt in der betroffenen Region sehr schnell die Wut der Anwohner oder Naturschützer, die miterleben müssen, wie die bis dahin unberührte Landschaft durch den Andrang vermüllt und verwüstet wird.

"Wir möchten alle Besucher darauf hinweisen, dass die Nutzung, Besetzung und Entwicklung öffentlicher Ländereien und ihrer Ressourcen illegal ist - egal, von welchem Planeten Sie kommen", scherzte das Bureau of Land Management auf Twitter. 

Viele der Monolithen wurden bald zerstört oder von den Behörden wieder entfernt. Vorsorglich hatte das Utah Department of Public Safety den genauen Standort des Monolithen verheimlicht, damit sich die Touristenströme gar nicht erst in Bewegung setzen und nicht weitere Objekte in der unberührten Natur errichtet werden.

Der Artikel wurde am 19.06.24 aktualisiert

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund