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Haager Chefanklägerin erhebt schwere Vorwürfe gegen Serbien

26. November 2004

- Reaktionen auf den Bericht von Carla del Ponte im Sicherheitsrat

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Belgrad, 24.11.2004, RADIO SERBIEN UND MONTENEGRO, Online-Ausgabe, deutsch

Der ungünstige Bericht der Hauptanklägerin des Haager Tribunals, Carla del Ponte, vor dem Sicherheitsrat in New York über die Nichtzusammenarbeit Serbiens mit dem Haager Tribunal hat verschiedene Reaktionen in Serbien und in Montenegro hervorgerufen.

Der Berater des Präsidenten Serbiens für die Frage der Zusammenarbeit mit dem Tribunal, Jovan Simic, beurteilte den Bericht als entmutigend. "Die Bürger Serbiens werden auch weiterhin in Reihen für Visa stehen, es ist klar, dass das Land aus allen Finanzläufen ausgeschlossen sein wird, und dass wir verhindert sein werden, die Frage des Kosovo und Metohija zu beeinflussen", sagte Simic. Er rief die Regierung Serbiens, die als Hauptschuldige für die Nichtzusammenarbeit genannt wurde, dazu auf, dringend etwas bezüglich der Auslieferungen der Angeklagten zu tun, und den Innenminister Serbiens, zurückzutreten, falls er nicht fähig ist, die Haager Angeklagten zu finden und sie festzunehmen, die sich laut Bericht von Del Ponte in Serbien verstecken.

"Die Partei G17 Plus ist der Meinung, der Bericht Carla del Pontes werde keinen negativen Einfluss auf die ausländischen Investoren in Serbien und Montenegro haben, dass Serbien aber trotzdem dringend das Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal anwenden muss", sagt unserem Rundfunk der Chef der Abgeordnetengruppe dieser Partei im Parlament Serbiens, Miloljub Albijanic. Er hebt hervor, die Zusammenarbeit sei 1995 angenommen, und das Gesetz sei 2002 verabschiedet worden. (...)

Die oppositionelle Demokratische Partei meint, es sei im Staatsinteresse von Serbien und Montenegro, mit dem Haager Tribunal völlig zusammenzuarbeiten. "Das ist eine internationale Pflicht Serbiens und ein Weg, die Ergebenheit gegenüber dem System der Vereinten Nationen und deren Sicherheitsrat zu zeigen, weil sie das Haager Tribunal gegründet haben", erklärte unserem Radio der Vizevorsitzende der Demokratischen Partei, Dusan Petrovic. Das sei auch eine Frage der Innenpolitik, und es sei auch notwendig, dass die Bürger Serbiens eine Antwort darauf bekommen, wer die Liquidierung von 7800 Menschen in Srebrenica, wie auch in anderen Orten, von welchen man meint, dass dort Kriegsverbrechen verübt worden seien, befohlen habe. "Diese Frage ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Zukunft Serbiens", hebt Petrovic hervor.

Ebenfalls sei es wichtig, Möglichkeiten in der Justiz Serbiens zu schaffen, von der internationalen Gemeinschaft die Legitimität zu bekommen, Kriegsverbrecherprozesse zu führen. Petrovic hob hervor, dass vor allem die Auslieferung der vier Armee- und Polizeigeneräle Djordjevic, Lazarevic, Pavkovic und Lukic eine Frage des politischen Willens ist, von welchem die Erfüllung der Befehle, die von den Justizorganen herausgegeben wurden, abhängt.

"Bis zur nächsten Sitzung des UN-Sicherheitsrates, bei der die Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erneut beurteilt werden wird, sollten die Behörden in Belgrad die Angeklagten vor dem Tribunal festnehmen und ausliefern oder beweisen, dass sie sich nicht in Serbien und Montenegro befinden", sagt in einer Erklärung dem Radio Serbien und Montenegro der Analyst Dusan Janjic (Vorsitzender des Belgrader Forums für Ethnische Beziehungen – MD) anlässlich des gestrigen Berichts von Carla del Ponte, und fügt hinzu, dass unsere Gesellschaft noch eine Art von Sanktionen schwer ertragen würde, da sie schon genug traumatisiert ist.

"Schon jetzt beurteilen wieder alle Geschäftskreise im Ausland, wie riskant es ist, in Serbien zu investieren. Demnach wird es für unsere Wirtschaft und Finanzen besser sein, dass diejenigen, die vom Haager Tribunal gesucht werden, schnellst möglich ausgeliefert werden", bemerkt Janjic. Er weist auch darauf hin, nach dem negativen Bericht der Hauptanklägerin an den UN-Sicherheitsrat könne man in Serbien eine Verschärfung der politischen Konflikte erwarten. "Es ist offensichtlich, dass einige politische Faktoren hier meinen, dass die Situation nicht dramatisch ist, und dass man noch kalkulieren kann, wann der richtige Augenblick für die Festnahme der Angeklagten ist, während andere der Meinung sind, dass man das gleich machen soll. Die Konflikte zwischen diesen zwei Strömungen werden sich verschärfen und das wird einen weiteren Eindruck der politischen Instabilität hervorrufen", meint Janjic.

"In diesem Fall wird Montenegro, das im Bericht von Carla del Ponte nicht direkt angesprochen ist, nicht tatenlos dastehen. Es wird auf der Zusammenarbeit mit Den Haag bestehen, und sehen, dass es von den eventuellen Sanktionen distanziert, weil es dadurch direkt betroffen sein könnte, als kolateraler Schaden", hob der Analyst Dusan Janjic hervor. (fp)