1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kein schnelles Urteil gegen Rios Montt

24. April 2013

Der Prozess gegen Guatemalas Ex-Diktator Ríos Montt gerät zum juristischen Ränkespiel. Das Verfassungsgericht hat der zuständigen Richterin das Verfahren entzogen. Damit muss der Fall wohl neu aufgerollt werden.

https://p.dw.com/p/18Le1
Efrain Rios Montt vor Gericht (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images

Ein baldiges Urteil im Völkermordprozess gegen den früheren guatemaltekischen Diktator Efraín Ríos Montt (Artikelbild) wird immer unwahrscheinlicher. Das Verfassungsgericht entzog der bisher zuständigen Richterin Jazmín Barrios den Fall. Das Verfahren soll nun von der Richterin Carol Flores geführt werden, die den Prozess gegen Ríos Montt in der vergangenen Woche überraschend annulliert hatte. Daraufhin legten die Staatsanwaltschaft und mehrere Nebenkläger Rechtsmittel ein und forderten eine Entscheidung des Verfassungsgerichts. Wie das Verfahren nun weitergeht, ist ungeklärt.

Dem 86-jährigen Ríos Montt werden Mord, Folter und die Zwangsumsiedlung Tausender Maya-Indianer während seiner 15-monatigen Herrschaft in den Jahren 1982 und 1983 vorgeworfen. Einem UN-Bericht zufolge machten die Schergen des als "Schlächter der Indios" bezeichneten Diktators 448 Dörfer dem Erdboden gleich. Konkret wird Rios Montt die Verantwortung für ein Massaker an 1.770 Ureinwohnern der Maya-Gruppe der Ixil in der verarmten Provinz Quiche im Norden des Landes angelastet. Mitangeklagt ist sein damaliger Geheimdienstchef, General José Mauricio Rodríguez.

"Historischer Völkermordprozess"

Der Prozess ist der erste Versuch einer juristischen Aufarbeitung der Verbrechen während des Bürgerkriegs in Guatemala von 1960 bis 1996. Rund 200.000 Menschen sind in dem mittelamerikanischen Land in dem blutigen Konflikt zwischen vier linken Guerillaorganisationen und der guatemaltekischen Regierung nach Angaben der Vereinten Nationen getötet worden oder spurlos verschwunden. General Rios Montt war im März 1982 durch einen Putsch an die Macht gelangt und regierte Guatemala bis er im August 1983 selbst gestürzt wurde. Er wurde während seiner Amtszeit für eine Politik der "verbrannten Erde" bekannt. Diese richtete sich nach der damaligen offiziellen Darstellung gegen linke Aufständische. Davon betroffen war aber vor allem die einfache, vielfach indianisch stämmige Landbevölkerung. Bei einer Verurteilung drohen Ríos Montt 50 Jahre Gefängnis.

Der UN-Sonderberater für die Verhinderung von Völkermord, Adama Dieng, rief die guatemaltekischen Justizbehörden auf, das Verfahren zügig fortzusetzen. "Die Opfer der während des Bürgerkriegs verübten Grausamkeiten und ihre Familien haben viele Jahre auf Gerechtigkeit gewartet. Ich hoffe, sie müssen nicht noch länger warten. Verschobene Gerechtigkeit ist verweigerte Gerechtigkeit", zitierte der Stiftungsverband Open Society den UN-Sonderberater. Auch Vertreter der Indios kritisierten die Verzögerung des Verfahrens.

qu/wl (dpa,ape)