Fahndung nach katalanischem Separatistenführer Puigdemont
8. August 2024Carles Puigdemont, der in Spanien mit Haftbefehl gesucht wird, ist zurück in Barcelona. Bei einer Veranstaltung seiner Partei Junts trat er vor jubelnden Anhängern auf. Seitdem ist er untergetaucht. Vorübergehend errichtete die Polizei Straßensperren rund um Barcelona, sie konnte den Gesuchten bisher nicht fassen.
Carles Puigdemont hatte die Provinzhauptstadt Barcelona verlassen, weil die spanischen Behörden ihn wegen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder verhaften lassen wollten. Eigentlich ist der ehemalige Kopf der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung also nicht ins Exil vertrieben worden, sondern er hat sich der Strafverfolgung durch Flucht entzogen. Zusammen mit einigen Gefolgsleuten aus seiner Provinzregierung von der Partei Junts tauchte Puigdemont in Belgien unter.
Illegales Referendum
Was hatten Puigdemont und seine Komplizen verbrochen? Nach spanischem Recht war das Abhalten eines Referendums über den Austritt Kataloniens aus dem spanischen Staatsverband illegal. Ebenso strafbar war die anschließende Erklärung der Unabhängigkeit Kataloniens.
Die Gelder, die der damalige Chef der Verwaltung Kataloniens für das Referendum verwandt hat, waren zweckentfremdet und veruntreut worden, so die Vorwürfe der spanischen Staatsanwaltschaft. Einige Kameraden von Carles Puigdemont stellten sich der spanischen Justiz und wurden wegen Aufruhrs verurteilt. Der Chef selbst und einige andere blieben weiter auf der Flucht. Spanische Richter erließen internationale Haftbefehle aus. In Deutschland und Italien wurde Puigdemont für kurze Zeit festgenommen.
Langes juristisches Tauziehen
Da sich die internationalen Haftbefehle auf Straftaten bezogen, die es in Deutschland, Italien oder Belgien nicht gibt, wurde der katalanische Unabhängigkeitsaktivist nicht nach Spanien abgeschoben. 2019 ließ sich der mittlerweile in Waterloo bei Brüssel lebende Puigdemont ins Europäische Parlament wählen.
Lange hatten Parlamentsverwaltung und Europäischer Gerichtshof darum gerungen, ob Carles Puigdemont sein Mandat antreten darf, ohne die nötigen Unterschriften in Madrid geleistet zu haben. Am Ende sagte der Europäische Gerichtshof ja, allerdings wurde dem Katalanen nach jahrelangem Verfahren schließlich die mit dem Mandat verbundene Immunität aberkannt.
Puigdemont ist Abgeordneter
Bei den Wahlen zum Regionalparlament Kataloniens im Februar kandidierte Puigdemont aus seinem selbst erklärten Exil in Belgien. Er gewann einen Sitz, aber seine Partei Junts konnte zum ersten Mal seit zwanzig Jahren keine Koalition von Separatistenparteien in Katalonien formen.
Die Regierung wird jetzt aus der sozialistischen Partei und einer gemäßigten linken Partei (ERC) gebildet, die nach Unabhängigkeit Kataloniens strebt. Die Sozialistische Partei Spaniens von Ministerpräsident Pedro Sanchez hatte im Mai ein umstrittenes Amnestiegesetz erlassen, das die Strafverfolgung wegen Rebellion und Aufruhr auch gegen Carles Puigdemont beendet.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs Spaniens gilt die Amnestie nicht für den Haftbefehl wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Dieser Haftbefehl könnte nach der Rückkehr von Puigdemont vollstreckt werden.
Separatisten geben in Barcelona nicht mehr den Ton an
Eine Verhaftung würde den Druck auf die spanische Zentralregierung erhöhen. Der Sozialist Pedro Sanchez kann sich nur mit Hilfe kleiner katalanischer Parteien an der Macht halten, weil er über keine eigene Mehrheit im Parlament verfügt. Carles Puigdemont hat vor seinem Auftritt in Barcelona versucht, die ganze Affäre zu einem Test für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Spanien zu stilisieren. Er bezweifelt, dass der spanische Zentralstaat und die Justiz seine vermeintlichen Rechte als Abgeordneter des Regionalparlaments respektieren werden.
Der voraussichtliche neue sozialistische Regionalpräsident Kataloniens, Salvador Illa, steht im Gegensatz zu seinem Koalitionspartner ECR oder der radikaleren Partei Junts für die Einheit Spaniens. Mit der Zentralregierung in Madrid hat er bereits weitere Zugeständnisse ausgehandelt. So soll Katalonien ein eigenes Steuersystem bekommen und mehr Geld für die Förderung der katalanischen Sprache.
Die Zustimmung für Junts und ihren informellen Anführer Carles Puigdemont bröckelt. Mit seiner Rückkehr sorgt der 61-Jährige aber noch einmal für Schlagzeilen. "Die Rückkehr von Puigdemont ist nicht die eines siegreichen Führers, sondern die eines politischen Anführers, dessen Unterstützung schwindet", sagte Joan Rodriguez Teruel, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Valencia, dem ARD-Studio Madrid.