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Politik

Verwirrung um Falschmeldung aus dem Iran

7. Juli 2022

Iranische Medien hatten über die Verhaftung eines britischen Diplomaten berichtet. Die Meldung stellte sich allerdings sehr schnell als falsch heraus.

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Es war eine Ente, für die der britische Botschafter im Iran, Simon Shercliff, nur süffisante Worte fand. "Die Berichte, dass unser stellvertretender Botschafter derzeit inhaftiert ist, sind sehr interessant", schrieb er am Donnerstag auf Twitter. "Er verließ den Iran im Dezember letzten Jahres, als seine Amtszeit endete."


Mit dem Tweet reagiert Shercliff auf Gerüchte von der Verhaftung des Vizebotschafters. Auch das Außenministerium in London dementierte die Verhaftung. "Berichte über die Festnahme eines britischen Diplomaten im Iran sind völlig falsch", sagte ein Ministeriumssprecher.

Viele Menschen im Iran sind desillusioniert

Die widerlegten Nachrichten beruhten auf Berichten unter anderem der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna sowie des iranischen Auslandssenders Press TV, denen zufolge der britische Diplomat vom Geheimdienst der iranischen Revolutionsgarden aufgespürt worden sei. Er sei mit seiner Familie als Tourist in der iranischen Wüste unterwegs gewesen und habe dort unerlaubt Bodenproben genommen. Laut IRNA wurden in der Region Übungen der Revolutionsgarden abgehalten. Ihm sei Spionage vorgeworfen worden.

Vorwurf der Spionage

Der Diplomat soll den Angaben zufolge nach einer Entschuldigung ausgewiesen werden. Zudem, so die iranischen Medien, würden auch einem polnischen Universitätsprofessor und dem Ehemann einer österreichischen Diplomatin Spionagevorwürfe gemacht. Auch dem polnischen Wissenschaftler Maciej Walczak von der Kopernikus-Universität in Krakau werde laut Press TV vorgeworfen, Wasser-, Salz- und Schlammproben genommen zu haben.

Allerdings dementierte auch das Wiener Außenministerium, dass es einen Zwischenfall oder eine Festnahme gegeben habe. "Alle Mitarbeiter und Angehörigen vor Ort sind wohlauf", sagte eine Sprecherin.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg weist auf ihrer Webseite auf die zeitliche Nähe des IRNA-Berichts zu den stockenden Bemühungen um eine Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015 ins Stocken geraten. Bei den Gesprächen der vergangenen Woche in Katar wurden laut der Europäischen Union und den USA kaum Fortschritte erzielt. Beide warfen dem Iran vor, überzogene Forderungen gestellt zu haben.

Inhaftierte Doppelstaater als politische Geiseln?

Der Iran hat in der Vergangenheit immer wieder ausländische Staatsangehörige und Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit aufgrund unklarer Anschuldigungen zur nationalen Sicherheit inhaftiert.

Im März dieses Jahres war die britisch-iranische Journalistin Nazanin Zaghari Ratcliffe nach sechs Jahren Haft im Iran freigelassen worden. Zuvor hatte das Vereinigte Königreich zugestimmt, eine Summe von umgerechnet rund 469 Millionen Euro aus einem geplatzten Panzergeschäft aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979 an Teheran zurückzuzahlen.

Letzte Woche teilte Belgien mit, dass einer seiner Staatsangehörigen, ein Mitarbeiter des Norwegischen Flüchtlingsrats namens Olivier Vandecasteele, vom Iran festgehalten werde. Nach Angaben der BBC befindet er sich seit fünf Monaten in Isolationshaft und wird ebenfalls der Spionage beschuldigt. In Belgien sitzt derzeit ein iranischer Diplomat im Gefängnis, der letztes Jahr von einem Gericht zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er einen Bombenanschlag in Frankreich auf Exiliraner geplant hat. Womöglich strebt der Iran einen Austausch an. Das versucht er offenbar auch in anderen Fällen, etwa dem des iranisch-schwedischen Arztes Ahmadresa Dschalali.

 

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika