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Griechenlands neuer Wirtschafts-Zar

18. Juni 2011

Wegen der Schuldenkrise hat der griechische Ministerpräsident Papandreou sein Kabinett umgebildet. Die wichtigste Entscheidung: Auf dem Feuerstuhl des Finanzministers sitzt Polit-Profi Evangelos Venizelos.

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Evangelos Venizelos, seit kurzem Finanzminister Griechenlands (AP Photo/ Petros Giannakouris)
Vor schwierigen Aufgaben - Finanzminister Evangelos VenizelosBild: AP

Es gibt kaum ein Ministeramt, das Evangelos Venizelos noch nicht inne hatte: Seit Anfang der 1990er Jahre war er Kommunikationsminister, Staatsminister beim Ministerpräsidenten, Verkehrsminister, Justizminister, Entwicklungsminister, Kulturminister und bis vor wenigen Tagen Verteidigungsminister. Seit Freitag ist er neuer griechischer Finanzminister und hat den "schlimmsten Job der Welt", wie das Wall Street Journal schreibt.

Venizelos selbst fand bei seinem Abgang aus dem Verteidigungsministerium folgende Worte: "Ich verlasse heute die Verteidigung, um in den wirklichen Krieg zu ziehen." Evangelos Venizelos ist wohl keiner, der sich wegduckt. Und er ist sicher ein Politiker mit Machtinstinkt. 2007 musste er gegen seinen Rivalen Giorgos Papandreou im Kampf um den Vorsitz ihrer Partei, der panhellenischen Sozialistischen Bewegung Pasok, klein beigeben. Jetzt kommt er wieder - als Finanzminister in der entscheidenden Phase der griechischen Wirtschaftskrise.

Papandreou unter Druck

Der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou im Parlament Foto:Petros Giannakouris/AP/dapd)
Unter Druck - Griechenlands Premier PapandreouBild: dapd

Mit seiner Kabinettsumbildung will sich der griechische Premierminister Giorgos Papandreou die Mehrheit im Parlament sichern. Ende Juni soll das Parlament zudem über das nächste Sparpaket abstimmen, das so genannte "Mittelfristige", wie die Griechen es in unheilvoller Erwartung auf die weiteren Sparpakete nennen. Derweil protestieren auf der Straße Tausende Bürger, die sich gegen die Lohnabschläge, Steuererhöhungen und Preissteigerungen wehren. Die Pasok müsse den Dialog suchen mit der Gesellschaft und mit den Protestierenden auf den Plätzen der Städte, erklärte der neue Finanzminister Venizelos.

Und dann sind da noch die Verhandlungen mit den potenziellen Geld- und Garantien-Geber der EU und des IWF. Venizelos, der Jurist, der auch in Paris studiert hat und fließend französisch spricht, soll es nun richten. Die außenpolitische Premiere ist das Treffen mit der Eurogruppe. Innenpolitisch demonstrierte der "Zar", wie die Zeitungen ihn beschreiben, bereits am ersten Tag im neuen Amt Tatkraft, aber auch Einigkeit mit allen Kollegen und auch mit dem früheren Rivalen Papandreou. Er habe mit seinen Stellvertretern im Finanzministerium schon vor dem Amtseid angefangen zu arbeiten, so Venizelos. Und der Giorgos - also Ministerpräsident Papandreou - sei immer bei ihnen.

Gespaltene Partei

Der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou mit dem neuen Finanzminister Evangelos Venizelos (Foto: dpa)
Das neue KabinettBild: picture-alliance/dpa

Venizelos soll die "ganze Pasok", wie er selbst einmal formuliert hat, vereinen. Denn die Partei ist gespalten in die alten, erfahrenen Mitglieder und die Mitglieder aus der Clique rund um Ministerpräsident Papandreou. In der vergangenen Woche hatten mehrere Pasok-Abgeordnete ihr Mandat niedergelegt.

Auch wenn das die Mehrheit im Parlament für die Abstimmung über das neue Sparpaket nicht beeinflusst hätte, zeigte es doch deutlich die Zerrissenheit innerhalb der Partei. Mit so einer gespaltenen Mannschaft ein so umstrittenes Reformpaket durchzusetzen, gegen das Tausende Bürger auf die Straße gehen, war Papandreou zu riskant. Nach der Regierungsumbildung ist seine Clique sichtbar ausgedünnt, der traditionelle Pasok-Flügel wieder stärker.

Inhaltlich wird Venizelos wohl nicht viel anders machen können als sein Vorgänger Giorgos Papakonstantinou, der schließlich als Buhmann der Reformen dastand. Denn die Geldgeber verlangen Reformen von Griechenland, um die fünfte Tranche des ersten Rettungspakets zu übermitteln, und natürlich auch um ein neues Rettungspaket zu schnüren, das Athen noch brauchen wird. Außerdem braucht das Land ganz objektiv eine Umstrukturierung: Der Beamtenapparat ist aufgebläht und teuer, Schmiergeldzahlungen und die Verweigerung, Steuern zu zahlen, machen dem Haushalt zu schaffen. Ändert sich das nicht, steht Griechenland in kürzester Zeit wieder am Abgrund. Doch dafür müssten die Bürger, nicht nur die "Empörten", sondern alle, auch wieder - oder überhaupt einmal - Vertrauen in den Staat haben.

Proteste in Griechenland (Foto:EPA/NIKOS ARVANITIDIS)
Die "Empörten" gehen auf die StraßeBild: picture-alliance/dpa

Venizelos muss Vertrauen schaffen

Ob Evangelos Venizelos als Vertreter einer althergebrachten politischen Garde und die restliche Regierungsmannschaft das schaffen, bezweifelt naturgemäß die Opposition: Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia spricht von einer "Karambolagen-Umbildung". Auch viele Zeitungskommentatoren bleiben kritisch.

Viele sprechen von "Ringelreihen" in der Regierung, vom "Manolió", der einfach nur seine Kleider umgedreht hat, aber immer noch derselbe ist, oder davon, dass das alles eigentlich keine Umbildung, sondern ein "innerparteilicher Kompromiss" ist. Und ganz böse sprechen von der Benny-Hill-Show, in Anspielung auf die kräftige Statur und die leutselige Art des neuen Finanzministers, die an den britischen Komiker Hill erinnert. Die Hoffnung des Premierminister Papandreou ist aber wohl, dass diese leutselige Art die Menschen auf der Straße besänftigen könnte.

Autorin: Daphne Grathwohl

Redaktion: Dirk Eckert