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Neuwahlen in Griechenland

Jannis Papadimitriou17. Mai 2012

Der letzte Versuch einer Regierungsbildung in Griechenland ist gescheitert. Daher sollen am 17. Juni Neuwahlen stattfinden. Experten befürchten eine weitere Stärkung der Linksradikalen. Wie geht es weiter in Athen?

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Eine Frau mit ihrem Kind vor einem Wahlkampfposter in Athen (Foto: dapd)
Bild: AP

Laut Umfragen wollen 80 Prozent der Griechen den Euro behalten. Doch genauso viele Menschen meinen, der Sparkurs in seiner jetzigen Form sei nicht aufrecht zu erhalten, weil das Land im Rekordtempo daran zugrundegehe. Die jüngsten Zahlen aus Athen scheinen diese Befürchtung zu bestätigen: Im ersten Quartal schrumpfte die griechische Wirtschaft erneut um über sechs Prozent.

Doch gibt es überhaupt eine Alternative zu der schmerzhaften Reformpolitik? Die Wähler hätten diese Debatte beim letzten Urnengang ausgeblendet und müssten sie jetzt dringend nachholen, sagt der Politologe Manolis Kottakis in einem Fernsehinterview: "Letztes Mal ging es vor allem um die Frage, ob die Traditionsparteien für die heutige Wirtschaftsmisere abgestraft werden oder nicht. Eine Sachdebatte über die aktuellen Probleme des Landes hat nicht wirklich stattgefunden“, beklagt Kottakis. Die nächste Wahl finde unter anderen Vorzeichen statt: Die Parteien müssten endlich klare Positionen beziehen und pragmatische Lösungen aufzeigen.

Griechen retten ihre Euros

Verschärfter Ton in Auseinandersetzungen

Auch der Journalist Babis Papapanayotou erwartet, dass bei den nächsten Neuwahlen nicht mehr Protesthaltung und Auflehnung im Vordergrund stehen. Die Bürger seien aufgefordert, die europäische Zukunft des Landes zu sichern, erklärt der Athener Journalist im TV-Sender ALPHA:

"Bei der nächsten Wahl wird es eine deutliche Trennlinie zwischen denen geben, die sich für Europa und den Euro einsetzen, und denen, die lieber einen anderen Weg gehen." Er rechne daher mit einer Auseinandersetzung zwischen den klassischen Mitte-Rechts-Parteien und der Linken, "wobei die Linke diesmal nicht, wie üblich, von den Sozialisten angeführt wird, sondern von der linksradikalen Partei SYRIZA." Daher sei zu erwarten, dass sich der Ton der Auseinandersetzung verschärfe.

Griechische Politiker bei den Gesprächen zur Regierungsbildung (Foto: dapd)
Auch der letzte Versuch einer Regierungsbildung ist gescheitertBild: dapd

Beim letzten Urnengang brachte es die linksradikale Partei SYRIZA unter der Führung von Alexis Tsipras auf 16,78 Prozent und 52 Sitze im Parlament. Laut Umfragen könnte Tsipras aus einer Wahlwiederholung als stärkster Mann hervorgehen und das Amt des Ministerpräsidenten anstreben.

Linke versprechen Idealzustand

Im Wahlkampf verspricht Tsipras das Beste aus zwei Welten: Er will, dass Griechenland in der Eurozone bleibt und dennoch den Sparkurs aufkündigt und die Rückzahlung seiner Schulden aussetzt. Mit derartigen Wahlversprechen war Tsipras überaus erfolgreich bei Wutwählern, sowie bei Opfern der Wirtschaftskrise. Diese Menschen fühlten sich bei der Linken gut aufgehoben, sagt der Ökonom Michalis Argyrou.

"Das Wirtschaftsprogramm der Linkspartei sieht Neueinstellungen im öffentlichen Dienst, Verstaatlichungen und alles Mögliche vor, aber keine Reformen", erklärt der Wirtschaftswissenschaftler. Er bedauert, "dass ausgerechnet diese Politiker, die sich als jung und dynamisch empfinden, keine Alternativen vorweisen können." Stattdessen wollten sie weitermachen wie bisher: "Und versprechen ihren Anhänger einen Idealzustand, den es gar nicht geben kann", sagt Argyrou.

Linkspolitiker sehen sich derzeit im Aufwind, werden aber auch verstärkt mit der Frage konfrontiert, woher sie das Geld für ihre Wohltaten nehmen wollen. Die Antworten könnten unterschiedlicher nicht sein: Der eine will "Bankeinlagen für das Wirtschaftswachstum nutzen", der andere schlägt eine "Zwangsanleihe auf alle Bürger, die mehr als 20.000 Euro im Jahr verdienen" vor. Auch ein Spitzensteuersatz von 75 Prozent ist im Gespräch.

Alexis Tsipras steht in einem Raum vor einigen Anhängern seiner Partei (Foto: dapd)
Alexis Tsipras: Seine Linksradikalen könnten von Neuwahlen profitierenBild: dapd

Samaras hat Wirtschaftsliberale abgeschreckt

Vor allem der konservative Parteiführer Antonis Samaras versucht die Linkspolitiker als Hochstapler zu entlarven und sich selbst als Garant für die europäische Zukunft des Landes zu positionieren. Das sei gar nicht so einfach, warnt der Politik-Journalist Alexis Papachelas im griechischen Fernsehen: "Die Frage ist, ob Herr Samaras das Mitte-Rechts-Lager unter einem Dach vereinen kann, ob er sein europäisches Profil schärfen kann und ob er neuen Gesichtern eine Chance gibt." Samaras müsse den Wählern eine klare Botschaft bieten. Nur so könne er die schrumpfende Mittelklasse für sich gewinnen, die Griechenlands Zukunft im Euro sieht.

Samaras ist bei den griechischen Konservativen nicht unumstritten. Zumal er bei den letzten Wahlen das schlechteste Ergebnis in der Geschichte seiner Partei erzielte. Vor allem die wirtschaftsliberalen Wähler hat er abgeschreckt. Nun gilt es für ihn, gemäßigt konservative und wirtschaftsliberale Wähler zurückzugewinnen.