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Politik

Griechenland: Staatsjubiläum in der Pandemie

24. März 2021

Griechenland wollte den 200. Jahrestag des Beginns seines Freiheitskampfes gegen die osmanische Herrschaft groß feiern. Nun gibt es wegen Corona nur eine Militärparade im leeren Athen. Die Nation schaut am Bildschirm zu.

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Griechenland | Griechischer Unabhängigkeitskrieg 1821
200. Jahrestag der griechischen Revolution: Jubiläum im LockdownBild: ANE/picture alliance

In Griechenland hatte man sich dieses Jubiläum anders vorgestellt. Man träumte von Dorffesten und Schulparaden, von Feiern mit vielen hohen Gästen, besonders aus England, Frankreich, Deutschland und Russland - Länder, die im 19. Jahrhundert starke philhellenische Bewegungen hatten. Man wollte mit Freude, Stolz und einem selbstbewussten Blick in die Zukunft feiern, besonders zehn Jahre nach dem Beginn der Staatsschuldenkrise. 2021 sollte das Jahr der Erinnerung an 200 Jahre griechische Revolution sein - mit dem 25. März als Höhepunkt der Feierlichkeiten. Aber die Corona-Pandemie hat einen dicken Strich durch alle Rechnungen gemacht.

Es wird am Donnerstag (25.3.) lediglich eine Militärparade in Athen stattfinden, ohne Zuschauer, ohne Kinder, ohne Fahnen, ohne Begeisterung. Gepanzerte Fahrzeuge werden mitten in einer leeren Stadt auffahren - wie in einer Szene aus einem dystopischen Mad-Max-Film. Griechische, amerikanische und französische Kampfflugzeuge werden ihre akrobatischen Fähigkeiten für das Fernsehpublikum präsentieren - und nebenbei den türkischen Nachbarn zeigen, wie stark die ehemaligen Untertanen nach 200 Jahren geworden sind.

Die ursprüngliche Idee der griechischen Regierung unter Premier Kyriakos Mitsotakis war, für den 25. März die Staatsoberhäupter Großbritanniens, Frankreichs und Russlands als Ehrengäste einzuladen. Denn die drei Mächte halfen den Hellenen einst mit ihrem Sieg über die osmanisch-ägyptische Flotte bei Navarino im Oktober 1827 auf dem Weg zu ihrer ersehnten Freiheit. Die Seeschlacht von Navarino gilt als Anfang vom Ende des Osmanischen Reiches - und hat wesentlich dazu beigetragen, Griechenland als ersten unabhängigen Staat auf dem Balkan zu etablieren.

Prinz Charles und der russische Premier

Doch bei der Umsetzung der Idee, das Jubiläum mit den Staatsoberhäuptern der drei Länder zu feiern, gab es Schwierigkeiten, nicht unbedingt wegen COVID-19. Der russische Präsident Wladimir Putin lehnte die Einladung von Anfang an ab. Die ewige Königin Elisabeth II. wollte das Land ihres Gatten nie besuchen. Nur Emmanuel Macron sagte sofort zu - bis er in Frankreich vergangene Woche erneut einen harten Lockdown anordnete und seine Reise nach Athen kurzfristig absagte.

Griechenland Nationalfeiertag
Traditionelle Parade zum griechischen Nationalfeiertag: in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie abgesagtBild: DW/F. Schmitz

Was vom ursprünglichen Plan blieb, ist der Besuch von Prinz Charles mit Gattin sowie des russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin. Außerdem kommen die französische Verteidigungsministerin Florence Parly und natürlich der zyprische Präsident Nikos Anastasiadis.

Ein pikanter Zufall ist, dass Anastasiadis und Mitsotakis unmittelbar nach der Militärparade im leeren Athen an einem EU-Video-Gipfel teilnehmen sollen. Es wird hauptsächlich um die Pandemie gehen, aber auch um ein Thema, das im weitesten Sinne mit dem 200-jährigen Revolutionsjubiläum zusammenhängt: die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei.

Strenge Sicherheitsmaßnahmen

Trotz der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie und der leeren Straßen wurden mehr als 4000 Polizisten mit dem Schutz der hohen Gäste beauftragt. Seit dem frühen Morgen des 24. März ist ein sogenanntes Sicherheitsnetz über Athen gespannt. Sogar Scharfschützen wurden auf den Dächern rund um den zentralen Syntagma-Platz postiert, während Polizeidrohnen und Hubschrauber ständig über der Stadt kreisen. Alle wichtigen Kreuzungen werden sorgfältig kontrolliert, Handy-Deaktivatoren verwendet und spezielle Polizeihunde zum Aufspüren von Sprengstoff eingesetzt. Die Polizei ist entschlossen, rechtzeitig alle Personen zu vertreiben, die versuchen, sich dem Bereich der Parade zu nähern, in dem die Anwesenheit normaler Bürger nicht gestattet ist.

 Syntagma-Platz
Athen, Syntagma-Platz: Hier findet die Militärparade ohne Publikum stattBild: picture-alliance/ANE/H. Sotiriadis

Feiern hat aber nicht hauptsächlich mit Sicherheit zu tun, sondern mit Freude, Geschenken und Gesten. Die erste Gabe zum 200. Jubiläum kam schon am Montag (22.3.) in Athen an: Das französische Parlament schickte einen seltenen Wandteppich aus dem 18. Jahrhundert, der die "Schule von Athen" von Raffael darstellt, als Leihgabe an das griechische Parlament. Mehrere Länder werden anlässlich der Feierlichkeiten des griechischen Unabhängigkeitskrieges wichtige oder bekannte Gebäude am 25. März blau-weiß beleuchten, also mit den Farben der griechischen Nationalflagge.

Niagara in blau-weiß

Schon seit Tagen kursieren in den sozialen Medien Fotos vom blau-weiß angestrahlten Opernhaus in Sydney, da die Australier bereits vorab einen Beleuchtungstest gemacht hatten. Am 25. März werden die Parlamentsgebäude in Bukarest und Warschau blau-weiß beleuchtet, ebenso wie der Olympiaturm in München und der Rheinturm in Düsseldorf. Kanada will unter anderem die Niagarafälle blau-weiß beleuchten, Belgien das Manneken Pis im Zentrum von Brüssel als griechischen Freiheitskämpfer anziehen.

Die Außenwelt möchte das 200-jährige Jubiläum mit den Hellenen feiern - und sie zeigt es auch. Insbesondere die Länder mit einer Tradition des Philhellenismus oder mit einer großen griechischen Diaspora. Deutschland gehört zu beiden Kategorien. Obwohl der bekannteste Philhellene ein Brite war, der Dichter Lord George Byron, waren die meisten Nicht-Griechen, die während der griechischen Revolution für die Unabhängigkeit von Hellas kämpften und starben, Deutsche. Vielleicht inspiriert von Johann Wolfgang von Goethe, der seine glühende Fernbeziehung zu Griechenland in "Iphigenie auf Tauris" mit einer berühmten Zeile verewigte: "Und am Ufer steh' ich lange Tage, das Land der Griechen mit der Seele suchend".

 

Foto-Porträt einer Frau mit braunen Haaren, blauen Blazer und grauem T-Shirt
Kaki Bali DW-Korrespondentin in Griechenland