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Politik

Gipfel im Schatten von Trumps Russland-Kurs

24. November 2016

Die Gespräche zwischen der EU und der Ukraine sind vielschichtig: Friedensplan, Assozierungsabkommen, Russlandsanktionen. Über allem schwebt aber die Ungewissheit der künftigen amerikanischen Russland-Politik.

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Vor dem Gipfel: von links Martin Schultz, Petro Poroschenko, Donald Tusk und Jean-Claude Juncker
Vor dem Gipfel: von links Martin Schulz, Petro Poroschenko, Donald Tusk und Jean-Claude Juncker Bild: REUTERS/F. Lenoir

Dementsprechend heben hochrangige Politiker auch die Bedeutung des Treffens hervor. Der Dialog mit der Ukraine sei "sehr wichtig", sagte der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in Brüssel. "Wir wissen nach wie vor alle, wie sensibel die Lage in der Ostukraine ist. Wir werden sicher hier auch über die Sanktionen gegen Russland diskutieren."

An dem Treffen nehmen neben dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und Schulz auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker teil. Bei dem Gipfel soll auch über den Stand der Umsetzung des Minsker Friedensabkommens für die Ukraine gesprochen werden. Die EU hat wegen der Annexion der Halbinsel Krim und der Unterstützung prorussischer Separatisten in der Ostukraine umfangreiche Sanktionen gegen Moskau verhängt. Der Gipfel will die Unterstützung der Unabhängigkeit und territorialen Unversehrtheit der Ukraine bekräftigen.

Unsicher ist die Haltung der USA unter dem künftigen Präsidenten Trump hinsichtlich der Politik gegenüber Russland. Er hatte im Wahlkampf in Aussicht gestellt, das Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin zu normalisieren. Es wurde erwartet, dass Poroschenko bei dem Gipfel die Europäer um Unterstützung bitten wird, Washington von der Beibehaltung seiner eigenen Sanktionen zu überzeugen.

Wie wird der designierte US-Präsident Donald Trump seine Russland-Politik gestalten
Wie wird der designierte US-Präsident Donald Trump seine Russland-Politik gestalten?Bild: Getty Images/J.J. Mitchell

Auch die Rolle Frankreichs könnte im kommenden Jahr bei der Russland-Politik neu definiert werden. Der Favorit der bürgerlichen Rechten für den Posten des französischen Staatspräsidenten, François Fillon, wirbt für das Ende der europäischen Sanktionen gegen Russland. In einem Beitrag für die Zeitung "Le Monde" schrieb der frühere Premierminister: "Hören wir also auf, schizophren zu sein: Es ist nicht realistisch, die europäischen Sanktionen gegen Moskau aufrechtzuerhalten". Fillon gilt als russlandfreundlich. Kreml-Chef Putin hatte den 62-Jährigen bereits gelobt. "Wir haben sehr gute persönliche Beziehungen", sagte Putin. Fillon geht als Favorit in die zweite Vorwahl der Konservativen um die Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten. Die Präsidentenwahlen sind im April und Mai kommenden Jahres geplant.

Frankreichs konservativer Präsidentschaftskandidat François Fillon könnte für Veränderungen in der EU-Ukraine-Politik sorge
Präsidentschaftskandidat François Fillon könnte für Veränderungen in der EU-Ukraine-Politik sorgenBild: REUTERS/R. Pratta

Für die EU gelte nach Aussagen von Tusk, dass die Sanktionen gegen Russland erst dann aufgehoben werden sollten, wenn die Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukrainekonflikt komplett erfüllt seien. Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezweifelte in Moskau, dass es bis kommende Woche eine Einigung auf einen neuen Plan zur Lösung des Ostukraine-Konfliktes geben werde. Wenn seine Kollegen aus Deutschland, Frankreich und der Ukraine sich wie vorgeschlagen kommende Woche treffen wollten, sei aber auch er bereit zu kommen.

Visa-Liberalisierung

Ein weiterer wichtiger Teil der Gespräche ist die geplante Visa-Liberalisierung für die Ukraine. Die EU-Staaten hatten dafür vergangene Woche grundsätzlich grünes Licht gegeben. Sie machten den Fall des Visa-Zwangs für Millionen Ukrainer aber von der Einführung einer "Notbremse" für alle Länder mit Visa-Freiheit abhängig, mit der die Reisefreiheit bei Missbrauch schnell wieder aufgehoben werden kann. Juncker blickt hinsichtlich dieser Frage optimistisch in die Zukunft. Er bleibe überzeugt, dass die Visa-Liberalisierung für die Ukraine bei Besuchen bis zu 90 Tagen noch "vor Jahresende" möglich sei, sagte er.

Schulz sah die Probleme bei der Einigung auf den sogenannten Aussetzungsmechanismus bei den Mitgliedstaaten. Das Europäische Parlament sei für dessen Einführung bereit, sagte er. Der SPD-Politiker wies zurück, dass allein Frankreich wegen der Präsidentschaftswahlen im Frühjahr kommenden Jahres eine Einigung blockiere. "So weit ich weiß haben auch Belgien, Italien, Deutschland und anderen Länder Vorbehalte. Das hängt nicht von den französischen Wahlen ab."

Eine Thema ist auch die Unterstützung der Ukraine beim Anti-Korruptionskampf. So könnten dafür in Zukunft weitere 15 Millionen Euro an EU-Fördermitteln zur Verfügung gestellt werden. Zudem sind weitere 104 Millionen Euro für Verwaltungsreformen vorgesehen.

Beim 18. Gipfel beider Seiten standen zudem die weitere finanzielle Unterstützung Kiews und die Sicherung der EU-Gasversorgung über die Ukraine im Winter auf der Tagesordnung. Die Auszahlung weiterer EU-Finanzhilfen in Höhe von 600 Millionen Euro wurden der Ukraine in Aussicht gestellt. Darüber hinaus soll auch über die Zukunft des Assoziierungsabkommens mit Kiew gesprochen werden. Dieses ist bereits von 27 EU-Staaten ratifiziert worden. Es fehlen nur noch die Niederlande, wo sich die Bürger im April in einem Referendum gegen das Abkommen ausgesprochen hatten.

Freihandelsabkommen und EU-Integration

Das Assoziierungsabkommen soll die Ukraine stärker an die EU binden. Die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen sollen gestärkt und die ehemalige Sowjetrepublik allmählich in den internen EU-Markt integriert werden. Das bereits in Kraft getretene Abkommen enthält auch eine Reformagenda für die Ukraine, die ihre Gesetzgebung an die EU-Normen angleichen soll. Zu dem Vertrag gehört ein Freihandelsabkommen. Die Vereinbarung sieht einen fast 100-prozentigen Verzicht beider Seiten auf Zölle vor. Die Ukraine passt dabei ihre Vorschriften an die der EU an, um den Handel zu vereinfachen. Auch die Niederlassung von Unternehmen wird erleichtert und der freie Kapitalverkehr garantiert. Das Abkommen gilt als Auslöser der Ukraine-Krise im November 2013. Nach den pro-europäischen Protesten auf dem Maidan im Zentrum der Hauptstadt Kiew fiel am Ende die Regierung des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Russland hatte gegen die Annäherung der Ukraine an die EU protestiert. Moskau befürchtet Nachteile für die heimische Wirtschaft, weil zollfreie Importe aus dem Westen über die Ukraine auch nach Russland gelangen könnten.

cgn/qu (afp, dpa)