Gewalt und die Hoffnung auf Frieden
Blutige Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mit neuen Toten, dann am Freitag ein Übergangsabkommen zwischen Janukowitsch und Opposition - ist der Bürgerkrieg in der Ukraine noch einmal abgewendet?
Maidan bleibt umkämpft
Trotz des vereinbarten Gewaltverzichts brachen immer wieder neue Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei aus. Beide Seiten beschuldigten sich, mit Scharfschützen gezielt auf Gegner zu zielen und die Situation weiter anzuheizen. Bis zum Wochenende starben nach Regierungsangaben 67 Demonstranten und zehn Polizisten, das Oppositionslager geht sogar von rund 100 Todesopfern aus.
Barrikaden brennen wieder
Bereits in der Nacht zum Donnerstag drangen erneut Regierungsgegner auf den Maidan vor. Damit war ein weiterer Versuch gescheitert, die Eskalation zu durchbrechen und die Lage wenigstens zeitweise zu entspannen. Angesichts der Härte der Auseinandersetzungen scheint fraglich, ob alle Demonstranten eine Verhandlungslösung zwischen Regierung und Opposition mittragen - die Fronten sind verhärtet.
Konfrontation auch in der Westukraine
Die Gewalt ist keineswegs auf die Hauptstadt Kiew und den Maidan beschränkt: In mindestens vier westukrainischen Städten haben radikale Regierungsgegner Verwaltungsgebäude erstürmt. Vor allem die Gegend nahe der Grenze zu Polen gilt als Hochburg der radikalen Opposition. Wie hier in Riwne kam es in den vergangenen Tagen mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei.
Bürgerkriegsähnliche Zustände
Brennende Straßen, bewaffnete Hundertschaften, Heckenschützen, Tote und Verletzte auf den Straßen: Die Bilder, die uns aus der Ukraine erreichen, erinnern an ein Kriegsgebiet. Die schon seit Wochen angespannte Situation spitzte sich bereits vor Tagen zu, als Sicherheitskräfte den Maidan gewaltsam räumen wollten.
Gewalt wird zum Mittel der Wahl
Wie sehr sich auch die Opposition im Laufe der vergangenen Tage radikalisiert hat, zeigt dieses Bild: Frauen basteln am Rande des Maidan an Molotow-Cocktails. Die zunehmende Gewalt auch von Seiten der Regierungsgegner liefert der Staatsmacht Argumente, selbst härter durchzugreifen: Janukowitsch hatte angekündigt, auch das Militär einsetzen zu wollen.
Opfer auf beiden Seiten
Die offene Gewalt hat die Opferzahlen in die Höhe getrieben: Mittlerweile wohl an die hundert Tote, unter Demonstranten, aber auch bei den Sicherheitskräften. Rund um den Maidan ist die medizinische Versorgung schwierig, viele Verletzte wurden in Zelten oder im Schutz von Kirchen und Klöstern von Freiwilligen notdürftig behandelt.
Zeigt die EU Flagge?
Will man nur neutraler Vermittler sein? Sind Sanktionen gegen die Ukraine sinnvoll, oder gar gegen Russland, das nach wie vor die schützende Hand über den Präsidenten Janukowitsch hält? Weder das Europaparlament noch die EU-Regierungschefs konnten sich lange Zeit auf eine konsequente und einheitliche Linie verständigen. Ein vielstimmiger Chor, der die Einflussmöglichkeiten der EU geschwächt hat.
Neue Vermittlungsbemühungen
Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen waren am Donnerstagmorgen zu einer neuen Vermittlungsmission in die Ukraine gereist. Zunächst trafen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und seine Kollegen Laurent Fabius und Radoslav Sikorski mit Vertretern der ukrainischen Opposition zusammen. Trotz der Gewalt wurden dann auch Gespräche mit Staatschef Janukowitsch geführt.
Uneinheitliche Opposition
Auch die Rolle der Opposition ist keineswegs einfach einzuschätzen: Welche Motive haben die verschiedenen Gruppierungen? Viele Beobachter zweifeln zudem daran, dass Vitali Klitschko, der als eine Führungsfigur der Opposition gilt, überhaupt noch großen Einfluss auf die unterschiedlichen Lager hat.
Zieht Putin die Fäden?
Trotz der gegenteiligen Beteuerungen - fraglich ist, ob die ukrainische Regierung ihre Entscheidungen tatsächlich autonom trifft. Die Opposition ist überzeugt davon, dass sich Janukowitsch eng mit dem russischen Präsidenten Putin abstimmt. Die Ukraine ist von Hilfszahlungen aus dem Ausland abhängig: Moskau hat angekündigt, der Regierung trotz der Eskalation zwei Milliarden US-Dollar zu überweisen.
Schatten über Olympia
Mindestens eine ukrainische Sportlerin wollte wegen der Unruhen das Olympische Dorf in Sotschi verlassen. Nach einem Krisengespräch in der ukrainischen Olympiamannschaft heißt es später, die Skirennläuferin Bogdana Mazozka bleibe und unterstütze ihre Mannschaft als Fan - wolle aber nicht starten. Die siegreiche Biathlon-Staffel widmete am Freitag nach einer Schweigeminute ihren Sieg "der Heimat".
Verhandlungserfolg in Kiew?
Am Freitag unterzeichneten Staatschef Viktor Janukowitsch und die drei wichtigsten Oppositionsführer ein Übergangsabkommen. Bis zum Jahresende sollen Präsidentschaftswahlen abgehalten werden. Ausgehandelt wurde auch die Einsetzung einer Übergangsregierung und eine Verfassungsreform. Auf dem Maidan hingegen gab es Pfiffe für die Abmachung - Janukowitsch muss sofort weg, lautete die Parole.