1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gesetzentwurf über Religionsfreiheit in Serbien umstritten

18. August 2004
https://p.dw.com/p/5SSE

Gesetzentwurf über Religionsfreiheit in Serbien umstritten

Bonn, 14.8.2004, DW-RADIO / Serbisch, Ejub Stitkovac

In Belgrad hat gestern ein Treffen der Vertreter von zehn Kirchen und Religionsgemeinschaften stattgefunden. Sie befassten sich dabei mit dem Gesetzesentwurf über Religionsfreiheit, der Ende Juli vorgelegt wurde. Die Religionsgemeinschaften, die in der Minderheit sind, haben bislang zahlreiche ernsthafte Kritikpunkte dargelegt, weil in einigen Bestimmungen gegen die Menschenrechte verstoßen würde. Ein Beitrag aus Belgrad von Ejub Stitkovac.

Nachdem die Einführung des Religionsunterrichts in den staatlichen Schulen die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Serbien zusammengeführt hat, besteht nun die Gefahr, dass der Gesetzentwurf über die Religionsfreiheit diese Beziehungen gefährdet. Dabei kritisieren nur wenige Religionsgemeinschaften den Gesetzesteil, der die Serbisch-Orthodoxe Kirche favorisiert, weil sie die Mehrheitsreligion darstellt und dieser Rolle zufolge federführend ist. Allerdings unter der Voraussetzung, dass dies nicht die Freiheit der Angehörigen anderer Konfessionen einschränkt.

Einige Ereignisse weisen indes darauf hin, dass die Serbisch-Orthodoxe Kirche – bei jeder Gelegenheit – den Ehrgeiz hegt, sich in Staatsgeschäfte einzumischen. Ein Beispiel dafür ist, dass die Hymne der Staatengemeinschaft [Serbien und Montenegro] dank eines Schreibens Seiner Heiligkeit des serbischen Patriarchen, Herrn Pavle, nicht gebilligt wurde (Siehe dazu Monitor-Dokumentation vom 12.8.2004). Die Kirche hat damit erstmals verhindert, dass ein Beschluss, der vollkommen in die Zuständigkeit des Staates fällt, verabschiedet wird. Dazu hat sie auch ihrem eigenen Statut zufolge nicht das Recht. Daher ist daraus zu schließen, dass sich hinter dem Gesetz ein tieferes Problem verbirgt.

In den letzten Jahren sind die Beziehungen zwischen Kirche und Staat einem merkwürdigen Auf und Ab ausgesetzt. Es ist schwer zu beurteilen, ob sich mehr die Politiker, wenn sie es benötigen, der Kirche anbiedern oder umgekehrt. So ist das vorgeschlagene Gesetz über die Religionsgemeinschaften vor allem eine Folge dieser Tatsache. Das Oberhaupt der Kirche Christi in Serbien, auch bekannt als "Jünger Christi", Goran Zarubica, erklärte DW-RADIO, eines der größten Versäumnisse sei, dass die Autoren des Gesetzes nicht berücksichtigt hätten, wie die Religionsfreiheit in demokratischen Staaten geregelt sei. "Ich fühle mich in diesem Staat nicht als normaler Bürger, der seine Steuern zahlt, seine vom Staat geforderten Pflichten erfüllt und in den Krieg zieht, wenn das notwenig ist. Ich fühle mich als Bürger dritter oder vierten Klasse. Ich weiß auch nicht", so Zarubica.

Das Oberhaupt der Christlichen Adventistischen Kirche, Miodrag Zivanovic, behauptet gegenüber DW-RADIO, mit dem Gesetzesentwurf sei niemand zufrieden: "Nach allen Gesprächen, die ich mit den protestantischen Kirchen sowie der Katholischen und Orthodoxen Kirche geführt habe, kann ich sagen, nach Einschätzung aller gibt es im Entwurf einige Mängel, Widersprüche, Unklarheiten und schlechte Lösungen".

Die Serbisch-Orthodoxe Kirche hat sich bislang nicht offiziell zu diesem Gesetzentwurf geäußert. Sie wird es wahrscheinlich auch solange nicht tun, bis er vom Parlament gebilligt wird. Denn wenn sie es jetzt lobt, und es nicht die Unterstützung der Mehrheit im Parlament erhält, würde die Kirche in der Öffentlichkeit an Autorität verlieren. (md)