Angaben zu Spritverbrauch geschönt
3. März 2016Die deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft den Autoherstellern auch bei den Angaben zum Spritverbrauch und CO2-Emissionen Betrug vor. Woher genau der Vorwurf rührt? Die DUH untersuchte Modelle, die in Deutschland im letzten Jahr am meisten verkauft wurden - und verglich die Angaben der Autokonzerne in den Prospekten mit den realen Verbrauchsdaten von Fahrzeughaltern.
Über 40 Prozent mehr Sprit und CO2 als in den Prospekten
Das Ergebnis: Der Spritverbrauch von 182 Neufahrzeugen lag im Jahr 2015 im Durchschnitt 42 Prozent über den Angaben, die die Hersteller in ihren Prospekten machten. Bei den zehn untersuchten Modellen verbrauchten die PKW auf der Straße zwischen 25 und 52 Prozent mehr Kraftstoff und emittierten entsprechend mehr CO2.
Der International Council on Clean Transportation (ICCT), der durch seine Recherchen die Manipulationen bei den Abgaswerten von Dieselmotoren ins Rollen gebracht hatte, kritisiert ebenfalls die realitätsfernen Angaben der Autohersteller. ICCT wertete in einer Studie über eine halbe Millionen Fahrzeugdaten aus und stellte fest, dass Spritverbrauch und CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen in der EU im Jahr 2014 rund 40 Prozent über den Angaben der Hersteller lagen.
Auffallend ist laut ICCT auch die Zunahme der Differenz in den letzten Jahren zwischen Prospektangaben und Realverbrauch: 2001 verbrauchten neue PKW auf der Straße im Durchschnitt nur etwa acht Prozent mehr als die Hersteller angaben.
Korrekte Angaben nach Klagen in den USA
Eine Differenz zwischen Herstellerangaben und Realität muss es allerdings nicht geben - das zeigen die USA: Nach einer Erhebung der DUH liegt dort der Verbrauch auf der Straße nur etwa drei Prozent über den Angaben in den Prospekten.
Ein Grund für die realitätsnahen Angaben sind hier Gesetze und Kontrollen. Denn 2012 reichte die US-Verbraucherschutzorganisation "Consumer Watchdog" eine Sammelklage gegen die Automarken Hyundai und Kia ein, weil die Fahrzeuge viel mehr verbrauchten als in den Prospekten angegeben wurde.
Consumer Watchdog erreichte eine finanzielle Entschädigung von mehren 100 Millionen Dollar für die 900.000 Autobesitzer, eine Korrektur der Verbrauchsangaben in den Prospekten und setzte durch, dass die amerikanischen Behörden nun mit unabhängigen Test die Prospektangaben kontrollieren.
Zudem musste der südkoreanische Autokonzern eine Strafe von 300 Millionen Dollar an die US-Umweltbehörde EPA zahlen. "Das Recht der amerikanischen Verbraucher, gemeinsam in Gruppenklagen ihre Interessen gegen die Hersteller vor Gericht durchzusetzen, ist der einzige Weg, um die Menschen vor dem Betrug der Autobauer zu schützen", sagt Harvey Rosenfiel von Consumer Watch.
Nach Angaben der DUH waren auch Spritangaben von BMW, Ford und Daimler in den USA auffällig und wurden auf Druck der US-Behörden korrigiert.
Kontrolle auch bald in der EU?
Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) sieht in Europa weiter keine Veranlassung, die Kunden und Behörden mit realitätsnahen Verbrauchsangaben zu informieren. Auch vom Bundesverkehrsministerium gibt es bisher keine Vorgaben, wie Autokäufer derzeit vor irreführenden Verbrauchsangaben geschützt werden könnten.
Sehr verärgert über die unrealistischen Angaben zu Spritverbrauch und CO2-Emissionen zeigt sich jedoch das Bundesumweltministerium. Die Kontrollen seien bisher "zu lax", die "Hersteller müssen realistische Angaben machen, das ist gesetzlich vorgeschrieben und daran haben sie sich zu halten", heißt es seitens des Ministeriums.
DUH-Chef Jürgen Resch fordert für Deutschland eine verbesserte Klagemöglichkeit nach amerikanischem Vorbild für Autohalter und Umwelt- und Verbraucherverbände, um so einen wirksamen Verbraucherschutz bei "falschen Spritverbrauch, CO2- und sonstigen Schadstoffemissionen vor Gericht durchsetzen zu können".
Darüber hinaus hält Resch eine unabhängige Aufsichts- und Kontrollbehörde wie die EPA in den USA für erforderlich, die die Herstellerangaben nachprüft und die Untersuchungsergebnisse auch veröffentlicht.
Das in Deutschland zuständige Kraftfahrtbundesamt habe nach seiner Einschätzung diesbezüglich versagt und sei gänzlich ungeeignet, weil es eine enge Beziehung zu der Autoindustrie pflege und auch neue PKW-Tests nicht veröffentlicht hat. "Wir brauchen endlich eine Behörde, die kontrolliert und wirkungsvolle Sanktionen umsetzt", so Resch.