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Fliegen soll sicherer werden

Greta Hamann24. Juli 2015

Nie wieder soll sich so ein Unglück wiederholen können. Darin sind sich alle einig. Deswegen diskutieren zwei Expertengruppen über neue Sicherheitsmaßnahmen. Die Piloten halten einige Vorschläge für ungeeignet.

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Cockpit des Airbus A320 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Airbus Industrie

Der Tag, an dem der Airbus der Lufthansa-Tochter Germanwings in den französischen Alpen zerschellte und 150 Menschen starben, ist genau vier Monate her. Die Nachricht versetzte ganz Europa in Schock. Bald äußerten die Ermittler die Vermutung, dass der Copilot den Absturz absichtlich herbeigeführt habe, während der Pilot zur Toilette ging.

Verhindern soll soch ein Unglück in Zukunft die sogenannte "Zwei-Personen-Regelung". Sie wurde nur acht Tage nach dem Absturz im gesamten europäischen Luftraum eingeführt. Seitdem müssen sich immer zwei Crew-Mitglieder im Cockpit befinden.

Vier Monate nach dem Unglück sind die Meinungen zu dieser Anordnung gespalten. Die Berufsverbände und Gewerkschaften der Piloten fordern gar, sie wieder abzuschaffen. "Wir sind der Ansicht, dass diese Maßnahme die Sicherheit nicht erhöht und hier mögliche Nachteile überwiegen", sagt der Sprecher der Vereinigung Cockpit, Markus Wahl, der DW.

Helikopter mit Rettungskräften an der Absturzstelle (Foto: REUTERS/Emmanuel Foudrot)
Mitten in den französischen Alpen zerschellte das Germanwings-FlugzeugBild: Reuters

Sein Verband ist Teil der beiden von der EU und der Bundesregierung einberufenen Arbeitsgruppen. Sie beraten, ob neue Sicherheitsmaßnahmen in der Luftfahrt nötig sind. Auch im Zwischenbericht der deutschen Expertengruppe wird angemerkt, dass das "Risiko eines Zugriffs von außen (durch terroristische/kriminelle Handlungen)" nach wie vor das Wahrscheinlichste sei. Trotzdem empfiehlt die Arbeitsgruppe, an der Regel festzuhalten. Nach einem Jahr soll sie jedoch überprüft und eventuell wieder abgeschafft werden, heißt es.

Psychologische Untersuchungen

In den Kopf eines Piloten kann man nicht hereinschauen. Aber man will es zumindest noch mehr versuchen. Psychologische Voruntersuchungen sollen bei allen Piloten Standard werden. "Derzeit gibt es Berufspiloten, die für ihre Ausbildung niemals eine psychologische Bewertung absolvieren", schreibt die europäische Expertengruppe in ihrem Zwischenbericht. Bei der Lufthansa ist solch eine Untersuchung schon seit Langem Teil des Auswahlverfahrens.

Ebenso hat die Lufthansa bereits seit vielen Jahren eine psychologische Anlaufstelle für ihre Crewmitglieder. An diese kann man sich wenden, wenn man bei sich oder bei einem Kollegen psychische Probleme feststellt. Das soll in Zukunft auch europäischer Standard werden, fordert die deutsche Arbeitsgruppe, die vom Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) geleitet wird. "Die bestehenden Anlaufstellen werden bereits gut angenommen. Deswegen sollen sie auch erweitert werden", sagt Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des BDL.

Lufthansa-Flugzeug (Foto: Maja Hitij/dpa)
Anfang Juni wurden die Opfer des Absturzes nach Deutschland überführtBild: picture-alliance/dpa/M. Hitij

Regelmäßige Blut- und Drogentests

Eine weitere Empfehlung beider Arbeitsgruppen sieht regelmäßige und unangemeldete Blut- und Drogentests bei den Piloten vor. Markus Wahl zweifelt an dieser Maßnahme: "Solche Test könnten sogar kontraproduktiv sein und nicht dem Ziel der Flugsicherheit dienen." So gebe es Untersuchungen, die zeigten, dass unangemeldete Drogentests nicht effektiv, dafür aber sehr teuer seien, so Markus Wahl.

Das Ziel aller Maßnahmen müsse Vertrauen sein, sodass Piloten ihre Probleme nicht verstecken, sondern Hilfsangebote schon bei der Entstehung von Schwierigkeiten annehmen: "Ein Betroffener wird sich nur öffnen, wenn er erst mal keine Angst haben muss, dass seine Lage direkte Konsequenzen auf seinen Arbeitsvertrag hat."

Zusammenführung medizinischer Untersuchungsdaten

Aus dem gleichen Grund lehnt Wahl, der selbst Pilot ist, auch Pläne zur Zusammenführung der Daten von ärztlichen Untersuchungen ab: "Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist aus unserer Sicht unabdingbar für die Flugsicherheit. Denn nur, wenn ich mich als Pilot darauf verlassen kann, dass mein Arzt meine Daten vertraulich behandelt, werde ich mich ihm anvertrauen."

Beide Arbeitsgruppen halten trotz des Einwands der Vereinigung Cockpit an ihrer Empfehlung fest. "Ein ganz wesentlicher Bestandteil der Qualität einer medizinischen Tauglichkeitsfeststellung ist, dass sowohl die untersuchenden Mediziner, Psychologen und Psychiater als auch die kontrollierende Aufsichtsbehörde jederzeit vollen Einblick in die vollständige Untersuchungshistorie erhalten können", sagt BDL-Geschäftsführer Matthias von Randow. Dabei soll ein spezielles Anonymisierungsverfahren angewendet werden, das sowohl den Datenschutz als auch die ärztliche Schweigepflicht wahren soll.

Noch wurden diese Maßnahmen nicht verabschiedet, sie sollen jedoch Grundlage für weitere Beratungen und schließlich auch Gesetze sein. Markus Wahl von der Vereinigung Cockpit betont, man solle nie müde werden, das Sicherheitssystem in der Luftfahrt noch sicherer zu machen. Allerdings funktioniere es schon jetzt sehr gut.