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Geraint Thomas: "Genießen, so lange es geht"

24. August 2018

Früher war Geraint Thomas Bahnrad-Spezialist. Durch seinen Tour-de-France-Sieg ist er auch auf der Straße in die Weltspitze vorgerückt. Im DW-Interview spricht er über die Zeit danach und seinen Start bei der D-Tour.

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Radsport Deutschland Tour - 1. Etappe Geraint Thomas
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

DW: Hat sich Ihr Leben nach dem Tour-de-France-Sieg verändert?

Geraint Thomas: Ja, denn ich merke, dass ich gerade sehr viel zu tun habe, allein schon wegen der vielen Presseauftritte. Aber es sind auch tolle Termine dabei. Ich durfte zum Beispiel beim Spiel FC Arsenal gegen Manchester City auf das Spielfeld und habe ein Trikot überreicht bekommen, mit meinem Namen drauf. Dann wurde in meinem Heimatland Wales auch noch ein Velodrom nach mir umbenannt. Solche Dinge sind einfach unglaublich! Gerade erst fährst du in Paris über die Ziellinie, reißt die Arme hoch und denkst nur an das gewonnene Rennen. All das, was danach auf dich zu kommen wird, hast du in dem Moment nicht im Kopf.

Verhalten sich die Menschen Ihnen gegenüber nun anders?

Sicherlich erkennen mich nach dem Tour Sieg nun mehr Leute. Bei meinen Freunden und meiner Familie ist aber alles wie vorher, da gibt es keinen Unterschied. Ich genieße es einfach mit ihnen zu feiern.

Wie haben die Fans in Ihrer Heimat reagiert, als Sie nach Ihrem Tour-Sieg nach Hause gekommen bist?

Als ich in Cardiff ankam, waren da angeblich 10.000 Leute, das war der Wahnsinn! Ich habe wenig geschlafen und oft auf dem Rad, saß ich ehrlich gesagt nicht.

Frankreich Tour de France - Geraint Thomas
Als erster Waliser Toursieger: Geraint ThomasBild: picture-alliance/AP Photo/M. Bertorello

Warum haben Sie es in diesem Jahr geschafft, die Frankreichrundfahrt zu gewinnen?

Das war ein Prozess, der sich im Laufe meiner Profijahre nach und nach entwickelt hat. Man trainiert ja die unterschiedlichsten Dinge. Am Anfang war mein Training auf Vier-Minuten-Rennen ausgelegt, dann auf Ein-Tages-Rennen und zum Schluss lag der Fokus auf der Tour. Es ist ein gutes Gefühl, es am Ende nach ganz oben geschafft zu haben.

Jetzt sind Sie ganz oben angekommen. Wie schwer ist es, jetzt weiter zu machen und sich wieder zu motivieren?

Fragen sie mich das 2019 noch mal. Ich gehe davon aus, dass ich da wieder motiviert sein werde, aber dieses Jahr will ich einfach nur noch genießen.  

Die Deutschland Tour ist Ihr erstes Rennen nach dem Triumph in Frankreich. Das Rennen hat es jetzt zehn Jahre nicht gegeben, was sagen Sie zur Atmosphäre in Deutschland?

Es war echt schade, dass die Deutschland Tour jetzt so lange nicht stattgefunden hat. Aber es ist super, dass sie jetzt zurück ist. Ich bin schon ein paar Rennen in Deutschland gefahren, die Bayern Rundfahrt habe ich auch schon zweimal gewinnen können. Daran denke ich gerne zurück. Diesmal habe ich aber keine so großen Erwartungen. Ich freue mich einfach darauf, wieder mit meinem Team Rennen fahren zu können.

Wenn man auf Ihre Karriere zurück blickt, dann sieht man, dass Sie sich als Fahrer sehr verändert haben: Vom Bahnrad-Experten zum Tour-De-France-Sieger. Haben Sie sich in dieser Zeit auch als Mensch sehr verändert?

Ich denke nicht, dass ich mich groß verändert habe. Aber ich glaube schon, dass mich die Zeit als Bahnradfahrer sehr geprägt hat. Vor allem mental haben mich die damaligen Bahnrad-Rennen weiter gebracht - davon konnte ich jetzt auch bei der Tour de France profitieren.

Bahnrad-WM Mallorca - Briten gewinnen Mannschaftsverfolgung
Vom Bahnrad-Champion zum Tour-Sieger: Geraint Thomas (2. v.r.)Bild: picture-alliance/dpa/J. Eisele

Das Leben eines Radprofis ist stark vom Reisen geprägt. Was bedeutet das für Sie und Ihre Familie?

Es ist schon hart so oft von zu Hause weg zu sein. Aber wenn du ein großes Ziel erreichst und gewinnst, dann war es das wert. Außerdem geht eine Karriere vielleicht zehn oder 15 Jahre, dann ist sie vorbei. Also genießt du die Zeit, so lange du kannst.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?

Ich würde es toll finden, auf die Tour zurück zu kehren. Auch beim Giro d’Italia würde ich gerne mitfahren (2017 startete Geraint Thomas aussichtsreich in den Giro, musste das Rennen aber nach einem Sturz aufgeben, Anm. d. Red.).  Aber ich warte jetzt erst mal die nächsten Rennen ab und lasse das Ganze auf mich zu kommen. Im November werde ich mich dann entscheiden, wie genau es weiter geht.

Werden Sie weiter für das Team Sky fahren?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Sobald es eine Entscheidung gibt, werden wir sie bekannt geben.

Werden Sie im September bei den World Championships in Innsbruck an den Start gehen?

Nein, in diesem Jahr nicht. Das kann ich mir aktuell nicht vorstellen.

Gibt es Sportarten neben dem Radsport, die sie in Zukunft reizen könnten?

Ich verfolge sehr gerne andere Sportarten und ich will unbedingt mal einen Ironman bestreiten, wenn ich mit dem Radfahren aufgehört habe. Stand jetzt will ich wirklich nur einen einzigen Ironman absolvieren, aber ich kenne mich: Wenn ich erstmal angefangen habe dafür zu trainieren, dann komme ich bestimmt nicht mehr davon los.

Geraint Thomas, 32 Jahre, aus dem britischen Team Sky hat sich in diesem Sommer mit seinem Sieg bei der Tour de France in die Geschichtsbücher des Radsports gefahren. Damit trat Thomas, Spitzname "G" aus dem Schatten seines Kapitäns, dem viermaligen Toursieger Chis Froome, heraus. Der Waliser feierte zu Beginn seiner Karriere große Erfolge auf der Bahn, ist zweifacher Olympiasieger und dreifacher Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung. Dieses Wochenende geht er bei der Deutschland Tour an den Start, die nach zehn Jahren erstmals wieder stattfindet. 

Das Interview führte Joscha Weber.