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Generalstaatsanwaltschaft Russlands verbietet Ausfuhr der Bremer Sammlung

18. März 2003

– Kulturminister Schwydkoj besteht weiterhin auf der Rückgabe der "Baldin-Sammlung"

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Moskau, 18.3.2003, INTERFAX

INTERFAX, russ., 18.3.2003

Der erste stellvertretende Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation, Jurij Birjukow, hat Kulturminister Michail Schwydkoj aufgefordert, einen gesetzwidrigen Umgang mit der Bremer Sammlung, die Eigentum der Russischen Föderation ist, nicht zuzulassen.

Wie "Interfax" am Dienstag (18.3.) bei der Abteilung für Information und Beziehungen zur Öffentlichkeit der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation mitgeteilt wurde, sei das Schreiben an das Kulturministerium aufgrund eines Gutachtens gerichtet worden, das von der Generalstaatsanwaltschaft auf Antrag des Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für Kultur, Sport und Tourismus, Nikolaj Gubenko, bezüglich der Gesetzlichkeit des Beschlusses des Kulturministeriums über die entschädigungslose Rückgabe der aus 364 Museumsgegenständen bestehenden Sammlung verfasst worden ist.

Diese aus der Bremer Kunsthalle stammenden Museumsgegenstände sind Kunstschätze, die im Jahr 1945 aus dem besetzten Teil Deutschlands durch Militärangehörige der Sowjetarmee auf eigene Faust, ohne Genehmigung irgendwelcher zuständiger Organe der Sowjetmacht ausgeführt wurden.

"Die Generalstaatsanwaltschaft hat festgestellt, dass Russland das Eigentumsrecht auf diese Kunstschätze gemäß Artikel 225 (Verjährung) des Bürgerlichen Gesetzbuches der Russischen Föderation erworben hat", so die Informationsabteilung. Gemäß Artikel 36 des Gesetzes der Russischen Föderation "Über die Aus- und Einfuhr von Kunstschätzen" können Kunstschätze lediglich vom gesetzlichen Eigentümer der Gegenstände oder einer von ihm bevollmächtigten Person ausgeführt werden. "Bei der Ausfuhr der Kunstschätze durch die Bremer Kunsthalle oder den Bremer Kunstverein muss deren Eigentumsrecht auf die zur Ausfuhr vorgesehenen Gegenstände durch Urkunden belegt werden", so die Generalstaatsanwaltschaft. "Solche Dokumente wurden dem Kulturministerium jedoch nicht vorgelegt. Die vorliegenden Angaben über die Stempel der Bremer Kunsthalle auf den Kunstgegenständen sowie eine Kopie des Inventarbuches der Bremer Kunsthalle zeugen lediglich davon, dass diese Kunstgegenstände dort aufbewahrt oder ausgestellt wurden."

Die Generalstaatsanwaltschaft hat das Kulturministerium aufgefordert, das Schreiben zu erörtern und Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesetzesverletzungen zu beseitigen. (...) (lr)

INTERFAX, russ., 18.3.2003

Das Kulturministerium der Russischen Föderation hat ein Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft mit der Bitte gerichtet, zu erläutern, worin die Gesetzesverletzungen bei den Plänen bestehen, die "Baldin-Sammlung" an Deutschland zurückzugeben. Das teilte der Kulturminister der Russischen Föderation, Michail Schwydkoj, am Dienstag (18.3.) bei einer Pressekonferenz in Sankt Petersburg auf eine Frage von "Interfax" mit. (...)

"Wir haben nichts getan, was uns die gültige Gesetzgebung oder das Organ verboten hätte, das die Einhaltung der Gesetzgebung überwacht, nämlich die Generalstaatsanwaltschaft", sagte Michail Schwydkoj. (...) "Die Generalstaatsanwaltschaft Russlands hat die Einfuhr der ‚Baldin-Sammlung‘ nach Russland für gesetzwidrig erklärt und bestätigt, dass der Sammler Wiktor Baldin nicht deren Eigentümer war", so Michail Schwydkoj. Wie Michail Schwydkoj jedoch sagte, sei Wiktor Baldin vorübergehend Eigentümer dieser Sammlung gewesen. "Wir befinden uns in einer sehr komplizierten juristischen Situation, in der es sich um eine Sammlung handelt, die vorübergehend in einem geheimen Lager aufbewahrt wurde", so Michail Schwydkoj.

Er bekräftigte den Standpunkt des Kulturministeriums, dass die Sammlung an Deutschland zurückgegeben werden muss. "Man muss ein Land überhaupt nicht lieben, um gesetzwidrig Ausgeführtes zu verstecken. Wir setzen das Ansehen einer Großmacht aufs Spiel", sagte Michail Schwydkoj. (...) (lr)

INTERFAX, russ., 18.3.2003

Der Vorsitzende der Staatsduma der Russischen Föderation, Gennadij Selesnjow, der Tschechien einen offiziellen Besuch abstattet, hat erklärt, er sei zufrieden, dass der Beschluss über die entschädigungslose Rückgabe der sogenannten "Baldin-Sammlung" an Deutschland gestoppt wurde. "Die Entscheidung, die Übergabe dieser Sammlung an Deutschland zu stoppen, ist ein völlig richtiger Beschluss. Es müssen alle Rechtsnormen eingehalten werden, damit niemand glaubt, dass jemand etwas unter Umgehung des Gesetzes aus dem Land wegbringen will", sagte Gennadij Selesnjow vor Journalisten am Dienstag (18.3.). (...) "Ich bin der Ansicht, dass Gubenko sich rechtzeitig eingemischt hat. Es stellte sich heraus, dass auch der Präsident viele Kleinigkeiten nicht kannte", so der Duma-Vorsitzende. "Das in Russland geltende Restitutionsgesetz erlaubt den Austausch von Kunstgegenständen zwischen verschiedenen Staaten. Es gibt jedoch Bedingungen für einen angemessenen Austausch", so Gennadij Selesnjow. (...) (lr)